Fantasie ist gefragt, Kommentar zur Commerzbank von Bernd Neubacher
Frankfurt (ots) - Welch ein Kontrast: Da melden Europas Großbanken zur
Quartalssaison reihenweise Gewinnsprünge, nur die Commerzbank dreht mit einem
über 700 Mill. Euro schweren Ergebnis-Swing tief in den roten Bereich. Die gelbe
Bank hinkt der Konkurrenz hinterher, was die Ergebniskraft, aber auch die
Neuausrichtung ihres Apparats angeht. Vorstandschef Manfred Knof muss Tempo
machen. Die Basis dafür, dass es mit der finanziellen Performance nur besser
werden kann, hat Finanzvorständin Bettina Orlopp gelegt, indem sie die Kosten
des bis Ende 2022 laufenden Umbaus größtenteils bereits verbucht hat - den
Sanierer-Sekundärtugenden ist damit Genüge getan.

Soll die Wende glücken, sind allerdings auch Tatkraft und Fantasie gefragt.
Sicher: In den kommenden Quartalen wird der Fortfall von Restrukturierungskosten
die Ergebnisrechnung schönen. Als temporäres Phänomen aber dürfte sich auch
die
Reduktion der Risikokosten erweisen, die dem operativen Ergebnis einen kräftigen
Schub verliehen hat.

Wenn Knof dem Konzern Mut attestiert, "auch unbequeme Entscheidungen zu
treffen", kann er allerdings schwer zur Tagesordnung übergehen, nachdem die Bank
die Auslagerung der Wertpapierabwicklung nach vier Jahren abgeblasen hat. Der
Stopp hat der Bank Belastungen von wohl mindestens dem Siebenfachen dessen
beschert, was an operativem Gewinn im Quartal übrig geblieben ist - kaum
vorstellbar, dass IT-Vorstand Jörg Hessenmüller zu halten ist.

Vor allem aber sollte Knof den Zickzackkurs der Bank in der Wertpapierabwicklung
beenden. Nach Übernahme der Dresdner Bank hatte das Haus schon einmal
Aktivitäten zurückgeholt, nur um später deren Auslagerung anzukündigen.
Nun
bekundet die Bank, die Abwicklung im Haus zu behalten und "ihre eigene
Systemlandschaft weiter modernisieren" zu wollen - dabei galt diese schon vor
Jahren als in die Jahre gekommen.

Will das ertragsschwache Haus tatsächlich hohe Summen in kundenferne Bereiche
stecken in der Hoffnung, das rege Wertpapiergeschäft werde schon anhalten und
die Systeme brummen lassen? Der Boom wird, die Wette sei gewagt, die Bank kaum
so lange tragen, wie die Geldpolitik das zinstragende Ge­schäft weiter zerreiben
wird.

Wenn Orlopp mit Blick auf negative Einlagezinsen im Massengeschäft nun
"erhebliches Potenzial" ausmacht, wird klar, dass nicht nur Sekundärtugenden,
Tatkraft und Köpfchen gefragt sind: "Die Bank an Ihrer Seite" braucht jeden Euro
ihrer Kunden.

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