Börsen-Zeitung: Masse und Klasse / Kommentar zur Geldwäscheprävention
von Jan Schrader
   Frankfurt (ots) - Folgt man der Darstellung des Bankenverbands, so
liegen die Nerven der Verantwortlichen  für Geldwäscheprävention in 
den Kreditinstituten blank. Nicht nur eine verschärfte Bußgeldpraxis,
sondern auch ein Urteil zum Umgang mit einer Altkanzlerwitwe - 
Medienberichten zufolge Maike Kohl-Richter - hat demnach den Druck 
erhöht. Denn nachdem die Witwe laut gerichtlicher Feststellung erst 
ein Schließfach aufgesucht hatte und anschließend sage und schreibe 
500.000 Euro in bar auf Konten einzahlte, die für eine Überweisung an
andere Banken bestimmt waren, hätte die Geldwäschebeauftragte des 
Kreditinstituts  die Transaktion direkt melden müssen, wie das 
Oberlandesgericht Frankfurt am Main vor einem Jahr bestätigte. Die 
Botschaft schien klar: Nicht private Geldhäuser müssen über den 
Hintergrund  einer Transaktion befinden, sondern die Behörden und 
Staatsanwaltschaften. Also: Melden, bitte!

   Melden, melden, melden - genauso gehen Banken mittlerweile vor. 
Andere Berufszweige wie  Immobilienmakler, Notare, Güterhändler und 
Glückspielfirmen geben kaum Verdachtsfälle weiter, fast 
ausschließlich die Kreditwirtschaft steht hinter der Flut an 
Meldungen, denen sich die zuständige  Zentralstelle des Zolls, die 
Financial Intelligence Unit (FIU), ausgesetzt sieht. Natürlich sind  
Transaktionen mit potenziell kriminellem Hintergrund dabei, etwa wenn
große Summen aus dem fernen Ausland auf ein Konto fließen und direkt 
abgehoben werden oder ein vermeintlicher Verkauf eines  Fahrzeugs 
oder einer Immobilie den Zweck eines Geldflusses verschleiern soll. 
Aber vieles, was aus der Kreditwirtschaft vermeldet wird, ist laut 
Kreisen des FIU unbrauchbar, zumindest  auf den ersten Blick. Der 
Bankenverband formuliert seine Forderung daher deutlich: weniger 
Masse, mehr Klasse.

   Doch die Branche ist mit ihrer Forderung in einer schwierigen 
Lage, denn die öffentliche Stimmung ist nach  diversen 
Geldwäscheskandalen von Großbanken, vermengt mit dem üblichen 
Potpourri der Branchenschelte, gegen die Geldhäuser gerichtet. Der 
Druck, mehr zu melden, wird bleiben. Eine bessere Vernetzung zwischen
Behörden und Finanzbranche dürfte aber dazu beitragen, den Umgang mit
all den Meldungen und Daten zu verbessern. Das FIU, das erst 2017 vom
Bundeskriminalamt an den Zoll übertragen worden war, hat  eine 
Bewährungsfrist verdient, während die Branche einen Anspruch auf 
einen Erfahrungsaustausch hat. Die ersten Schritte dorthin sind 
bereits unternommen. Masse und Klasse müssen kein Gegensatz sein.

   (Börsen-Zeitung, 10.10.2019)

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