Berlin (Reuters) - Die Verbraucher gehen trotz rasant steigender Preise mit wachsender Kauflust ins Weihnachtsgeschäft.

Die Nürnberger GfK-Marktforscher prognostizieren in ihrem Konsumklimabarometer für November - den Start in die für Einzelhändler so wichtige Weihnachtssaison - einen Anstieg um 0,5 auf 0,9 Punkte. Einen besseren Wert gab es zuletzt im April 2020. Ökonomen hatten mit einem Rückgang gerechnet. Wie erhöhte Inflation und zunehmende Kauflust zusammenpassen, erläutert GfK-Experte Rolf Bürkl so: "Die Bundesbürger erwarten offenbar noch weitere Preissteigerungen. Deshalb halten sie es für ratsam, Anschaffungen vorzuziehen, um noch höhere Preise zu vermeiden."

Sollte sich der Preisauftrieb verstetigen, würde dies das Konsumklima belasten. Eine grundlegende Erholung dürfte sich dann verzögern, erläuterte Bürkl. Laut Umfrage des Münchner Ifo-Instituts strebt mehr als jeder zweite Einzelhändler Preiserhöhungen an. "Der Druck auf die Preise bleibt bestehen", sagte Ifo-Experte Klaus Wohlrabe zu Reuters.

Die Preise deutscher Hersteller klettern vor allem wegen teurer Energie von Rekord zu Rekord - zuletzt stiegen sie im September um 14,2 Prozent und damit so stark wie seit fast 47 Jahren nicht mehr. Auch die deutschen Importe haben sich wegen deutlich höherer Preise für Öl, Gas und einige Lebensmittel wie Kaffee mit 17,7 Prozent so stark verteuert wie seit über 40 Jahren nicht. Die Produzenten- und Einfuhrpreise gelten als Vorläufer für die Inflation. Diese liegt mit 4,1 Prozent bereits so hoch wie zuletzt 1993 und könnte sich laut Ökonomen Richtung fünf Prozent bewegen.

VERBRAUCHER SKEPTISCHER

"Inflation dürfte auch 2022 ein großes Thema bleiben", sagte LBBW-Analyst Jens-Oliver Niklasch. Denn der Preisauftrieb durch die teurere Energie dürfte vorerst noch anhalten. Spannend sei, wie stark sich der Effekt auf die Waren des privaten Konsums auswirke. Die Debatte um Verteilungsgerechtigkeit und die Abfederung sozialer Härten für Geringverdiener dürfte die künftige Bundesregierung noch länger beschäftigten, sagte Niklasch. Er verwies auf jüngste Vorschläge über Heizkostenzuschläge oder eine höhere Pendlerpauschale, weil Heizen und Tanken zuletzt deutlich teurer geworden ist.

Die scheidende Bundesregierung erwartet, dass die Verbraucher ihre Ausgaben im kommenden Jahr um 2,2 Prozent steigern, nach plus 2,9 Prozent 2021. Der private Konsum sei und bleibe eine der entscheidenden Stützen der konjunkturellen Erholung, sagte Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier. Allerdings könne es sein, dass Verbraucher wegen der Lieferprobleme auf bestimmte Produkte - etwa bei Baumaterialien oder beim Autokauf - länger warten müssten.

Wegen der anziehenden Inflation haben die Einkommenserwartungen einen spürbaren Dämpfer erlitten. "Höhere Preise mindern die Kaufkraft der Einkommen", erklärte GfK-Experte Bürkl. "Zudem befürchten Beschäftigte Einkommenseinbußen durch Kurzarbeit, weil Unternehmen aufgrund unterbrochener Lieferketten ihre Produktion drosseln müssen."

Auch die Konjunkturerwartung trübte sich ein, das Barometer hierzu liegt laut GfK aber noch auf einem sehr hohen Niveau. Die Konjunkturerholung von der Corona-Krise verschiebt sich stärker ins nächste Jahr. Die Bundesregierung senkte ihre Wachstumsprognose für 2021 deutlich auf 2,6 Prozent, erhöhte dafür aber die Schätzung für 2022 auf 4,1 Prozent.

Anders als in Deutschland hat sich die Stimmung der Verbraucher in Frankreich eingetrübt. Das Barometer für das Konsumklima sank nach Angaben des nationalen Statistikamts von September auf Oktober um zwei auf 99 Punkte. Haushalte spürten zunehmend das anziehende Preisniveau, hieß es.