MÜNCHEN/BERLIN (dpa-AFX) - Die Sorgen um die deutsche Konjunktur werden größer: Die Bundesregierung will ihre Wachstumsprognose für dieses Jahr deutlich nach unten schrauben und in den Chefetagen der deutschen Wirtschaft wächst die Unruhe. Die Regierung rechnet im neuen Jahreswirtschaftsbericht für 2019 nur noch mit einem Plus des Bruttoinlandsprodukts von 1,0 Prozent, wie es am Freitag in Koalitionskreisen hieß. Zuvor hatten das "Handelsblatt" und "Der Spiegel" darüber berichtet. In ihrer Herbstprognose war die Regierung noch von einem Plus von 1,8 Prozent ausgegangen.

Als Gründe für die deutliche Rücknahme werden laut den Berichten unter anderem eine Abkühlung der Weltwirtschaft sowie die Hängepartie um den EU-Austritt Großbritanniens genannt. Für 2020 rechnet die Regierung dann wieder mit einem stärkeren Wachstum von 1,6 Prozent. Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier (CDU) stellt den Jahreswirtschaftsbericht am Mittwoch (30.1.) vor.

Im Gesamtjahr 2018 hatte Europas größte Volkswirtschaft nach einer ersten Schätzung des Statischen Bundesamtes um 1,5 Prozent zugelegt, nach jeweils 2,2 Prozent in den beiden Vorjahren. Gestützt wurde die Konjunktur abermals von der Kauflust der Verbraucher. Die von den USA angeheizten Handelskonflikte belasten dagegen das wichtige Exportgeschäft.

In den Chefetagen der deutschen Wirtschaft sank die Stimmung zum Jahresbeginn auf den tiefsten Stand seit drei Jahren. Das Ifo-Geschäftsklima fiel im Januar im Vergleich zum Vormonat um 1,9 Punkte auf 99,1 Zähler, wie das Ifo-Institut in München mitteilte. Nach dem fünften Rückgang in Folge liegt das Stimmungsbarometer damit auf dem niedrigsten Stand seit Februar 2016.

"Die deutsche Wirtschaft befindet sich in einem Abschwung", kommentierte Ifo-Präsident Clemens Fuest. Während die Unternehmen ihre aktuelle Lage nur etwas schwächer einschätzen, bewerten sie die Aussichten für die kommenden sechs Monate deutlich pessimistischer.

Von einem "frostigen Start ins neue Jahr", sprach Commerzbank-Chefvolkswirt Jörg Krämer. "Wir können froh sein, dass Sonderfaktoren wie die Erholung der Autoproduktion von den Abgastest-Problemen trotzdem für ein positives Wachstum im ersten Quartal sorgen dürften". Mittelfristig komme es vor allem auf China an. Krämer rechnet damit, dass das Wachstum der zweitgrößten Volkswirtschaft der Welt dank des Konjunkturprogramms der Regierung wieder an Tempo gewinnt.

Thomas Gitzel, Chefvolkswirt der Liechtensteiner VP Bank, führte die schlechte Stimmung vor allem auf die schleppende Auslandsnachfrage zurück. In China laufe es nicht rund, was die exportstarke deutsche Wirtschaft besonders deutlich zu spüren bekomme. Es sei gut, dass wenigstens die Binnenwirtschaft für positive Impulse sorge, "ansonsten wäre das Bild ein trostloses".

So laufen etwa die Geschäfte in der Baubranche nach wie vor auf Hochtouren. Der Auftragseingang im Bauhauptgewerbe stieg im November 2018 im Vergleich zum Vorjahresmonat einschließlich Preiserhöhungen um 13,8 Prozent auf 6,4 Milliarden Euro. Das war nach Angaben des Statistischen Bundesamtes der höchste Ordereingang in einem November seit 25 Jahren. "Der Bauaufschwung in Deutschland bleibt nach wie vor intakt", sagte der Hauptgeschäftsführer des Hauptverbandes der Deutschen Bauindustrie, Dieter Babiel./mar/hoe/bgf/DP/mis