Frankfurt (Reuters) - Die Aussicht auf einen langen Kampf der US-Notenbank gegen die Inflation und der XXL-Zinsschritt der Bank of England machen Anleger an Europas Börsen nervös.

Die Hoffnung auf langsamere Zinserhöhungen ab Dezember, die die Märkte im Vorfeld des Fed-Entscheids in die Höhe getrieben hatte, blieb unerfüllt. Der Dax fiel am Donnerstag um 1,2 Prozent auf 13.099 Punkte und der EuroStoxx50 tauchte um ein Prozent auf 3587 Zähler ab. Auch der US-Index der Standardwerte gab 0,8 Prozent auf 31.878 Punkte nach. Zwar öffneten die US-Währungshüter nach einer weiteren Zinsanhebung um einen Dreiviertel-Prozentpunkt die Tür für eine Verlangsamung des Tempos. Fed-Chef Jerome Powell bezeichnete es aber als "sehr verfrüht", über eine Pause nachzudenken. Auch der BoE-Gouverneur Andrew Bailey äußerte sich ähnlich, nachdem die britische Zentralbank den größten Zinsschritt seit 33 Jahren gewagt hatte.

"Dies ist eine koordinierte Kampagne der meisten wichtigen Zentralbanken", sagte Robert Alster, Chef-Anleger des Vermögensverwalters Close Brothers. "Sie sind sich alle einig, dass das der richtige Weg ist, die Inflation zu bekämpfen."

POWELL STÄRKT KING DOLLAR DEN RÜCKEN - PFUND UNTER DRUCK

Der Preis der "Anti-Krisen-Währung" war erneut im Aufwind. Der Dollar-Index, der den Kurs zu wichtigen Währungen widerspiegelt, gewann 1,2 Prozent auf 112,72 Punkte. Das Pfund weiterte dagegen seine Verluste aus. Es notierte 1,6 Prozent schwächer bei 1,196 Dollar im Verleich zum früheren Rückgang von 1,3 Prozent auf 1,1244 Dollar.

Am Anleihemarkt stießen Investoren mit Blick auf weiter steigende Zinsen die Papiere laufender Emissionen ab. Im Gegenzug stieg die Rendite der zehnjährigen US-Treasuries um acht Basispunkte auf 4,15 Prozent. Auch in Europa kletterten die Renditen: die zehnjährigen Bundespapiere wurden mit 2,23 Prozent verzinst nach 2,13 Prozent am Vortag. Die Papiere von Apple, Microsoft und der Google-Mutter Alphabet waren entsprechend im Minus von bis zu 3,1 Prozent. Eine steigende Inflation und höhere Zinsen entwerten Experten zufolge zukünftige Gewinne dieser wachstumsstarken Firmen.

Die Angst vor einem Nachfrageeinbruch drückte auch den Preis der Öl-Sorte Brent um 1,5 Prozent auf 94,73 Dollar je Barrel (159 Liter), und der US-Sorte WTI um 2,1 Prozent auf 88,13 Dollar je Barrel.

BMW AUF TALFAHRT - ONLINE-APOTHEKEN MÜSSEN FEDERN LASSEN

Rezessionssorgen haben solide Geschäftszahlen der Opel-Mutter Stellantis überschattet und die Aktien ins Minus gedrückt. Die Papiere geben in Mailand 3,7 Prozent nach. Auch Rivale BMW gerät unter die Räder. Die Papiere fallen zeitweise um mehr als sechs Prozent und steuern auf ihren größten Tagesverlust seit einem halben Jahr zu. Investoren warfen auch Aktien von Online-Apotheken aus den Depots. Aktien von Shop Apotheke und Zur Rose stürzten um 12,8 beziehungsweise 17,1 Prozent ab. Händler verweisen darauf, dass ein bundesweit einziges Pilotverfahren zu E-Rezepten in Nordrhein-Westfalen abgebrochen worden sei.

Anleger griffen hingegen bei Zalando zu. Die Titel setzten sich mit einem Plus von mehr als acht Prozent an die Dax-Spitze. Ein erneuter Kundenzustrom und die Einführung eines Mindest-Bestellwerts bescherten dem Online-Händler einen Gewinnsprung im dritten Quartal.

In den USA stürzten die Aktien der Streamingfirma Roku und des Mobilfunk-Chip-Spezialisten Qualcomm wegen enttäuschender Aussichten für das Ende des Jahres um bis zu 13,5 Prozent ab.

(Bericht von Anika Ross. Bei Rückfragen wenden Sie sich an unsere Redaktion unter berlin.newsroom@thomsonreuters.com (für Politik und Konjunktur) oder frankfurt.newsroom@thomsonreuters.com (für Unternehmen und Märkte).)