Von Andrea Thomas

BERLIN (Dow Jones)--Deutschland wird sich beim Gipfel der Staats- und Regierungschefs der G20 an diesem Wochenende für einen offenen und freien Handel sowie die Stärkung der Weltgesundheitsorganisation (WHO) einsetzen, erklärte am Freitag ein deutscher Regierungsmitarbeiter. Insgesamt werde die Corona-Pandemie das überragende Thema sein, sagte der Regierungsvertreter, der nicht namentlich genannt werden wollte. Bei den Gesprächen gehe es auch um die Folgen der Pandemie auf die Wirtschaft, auf Arbeitsplätze und das Klima.

Während der Vorbereitungen hätten sich die USA trotz des anstehenden Regierungswechsels konstruktiv an den Vorbereitungen der Gespräche beteiligt, hieß es. Auch der Beitrag von China sei konstruktiv gewesen.

Zentrales Ziel der virtuellen Konferenz werde sein, dass sich alle Mitglieder der Gruppe der 20 führenden Industrie- und Schwellenstaaten (G20) für eine gerechte Verteilung der Impfstoffe gegen das Coronavirus einsetzen. Allerdings sei nicht damit zu rechnen, dass die G20-Mitglieder mehr Geld auf den Tisch legten, um die Covax-Impfallianz finanziell besser auszustatten, so der Regierungsvertreter.

Bis Mitte November sind rund 2 Millionen US-Dollar für die Impfallianz zusammengekommen. Sie benötigt nach eigenen Angaben mindestens noch weitere 5 Milliarden Dollar im Jahr 2021, um ärmeren Ländern den Zugang zu einem Impfstoff zu ermöglichen. Deutschland hat hier bereits 100 Millionen Euro beigesteuert.


   Weltwirtschaft, Klima und Schuldenerleichterung 

Die G20, deren Vorsitz in diesem Jahr Saudi-Arabien innehat, wird am Samstagnachmittag zunächst über Wege zur Überwindung der Pandemie sowie zur Wiederherstellung von Wirtschaftswachstum und Arbeitsplätzen reden. Am Sonntag soll es dann um das schwierige Thema Klimawandel, um das inklusive und nachhaltige Wirtschaftswachstum sowie um Genderthemen und Schuldenerleichterungen für Afrika gehen.

Besonders schwierig dürften die Verhandlungen zum Klima werden, so der Regierungsvertreter. Hier haben die USA seit dem Antritt von Präsident Donald Trump eine andere Position als die übrigen G19-Staaten eingenommen. Die USA sind beispielsweise aus den Pariser Klimaabkommen ausgetreten, in dem sich die Staaten auf die Begrenzung der Erderwärmung auf deutlich unter 2 Grad verpflichten.

Bundeskanzlerin Angela Merkel und Bundefinanzminister Olaf Scholz werden die Öffentlichkeit am Sonntag gegen 17 Uhr über die Ergebnisse des Gipfels informieren.


   Industrie pocht auf Reform der WTO 

Der Bundesverband der Deutschen Industrie (BDI) hat lediglich überschaubare Erwartungen an den G20-Gipfel. Für die G20 wäre es wichtig, das Heft des Handelns wieder in die Hand zu nehmen und zum Gestalter des Multilateralismus im 21. Jahrhundert zu werden, so der BDI.

"Seit Amtsantritt von US-Präsident Donald Trump war die G20 mehr mit Schadensbegrenzung, Blockadehaltung und nationalen Egoismen beschäftigt als damit, globale Probleme zu lösen", erklärte BDI-Präsident Dieter Kempf. "Die Chancen für den notwendigen multilateralen Aufbruch und eine Führung der G20 müssen mit Joe Biden als US-Präsident wieder steigen."

Multilateralismus sei wichtig, da sich globale Probleme, wie der Kampf gegen die Corona-Pandemie und der Klimawandel, nicht mit nationalen Alleingängen zu lösen sei.

"Die G20 muss die Reform der Welthandelsorganisation (WTO) vorantreiben. Die WTO ist am besten dafür geeignet, fairen Wettbewerb zwischen offenen Marktwirtschaften in Europa, Nordamerika und Asien sowie staatskapitalistischen Systemen wie China zu schaffen", forderte Kempf.

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November 20, 2020 09:55 ET (14:55 GMT)