Berlin (Reuters) - Die britische Staatsverschuldung ist kurz vor den Parlamentswahlen auf den höchsten Stand seit mehr als 60 Jahren gestiegen.

Sie erreichte im Mai 2,742 Billionen Pfund (3,25 Billionen Euro), wie das Statistikamt ONS am Freitag in London mitteilte. Das entspricht 99,8 Prozent des Bruttoinlandsprodukts - der höchste Wert sei 1961. Ein Jahr zuvor lag er noch bei 96,1 Prozent.

Die negative Entwicklung vergrößert die finanziellen Herausforderungen, denen sich die künftige Regierung stellen muss. In Großbritannien stehen in zwei Wochen Parlamentswahlen an. Die oppositionelle Labour-Partei von Keir Starmer liegt in den Umfragen weit vor den Konservativen von Premierminister Rishi Sunak. Beide Parteien versprechen, weder die Einkommensteuer noch die Mehrwertsteuer oder andere wichtige Abgaben zu erhöhen.

Die Staatsverschuldung ist in Großbritannien während der Corona-Pandemie in die Höhe geschnellt. Auch das langsame Wirtschaftswachstum und der Anstieg der Zinssätze, die die Bank of England im Kampf gegen die Inflation auf ein 16-Jahres-Hoch getrieben hat, belasten. In den meisten anderen westlichen Ländern ist die Verschuldung stark gestiegen. Der britische Schuldenstand liegt unter dem der Vereinigten Staaten, Frankreichs und Italiens. Deutschland weist allerdings weit niedrigere Zahlen aus: Hier machten die Verbindlichkeiten im vergangenen Jahr nur 63,6 Prozent des Bruttoinlandsproduktes aus, 2024 soll dieser Wert nach Prognose des Kieler Instituts für Weltwirtschaft auf 63,3 Prozent fallen.

Die Kreditaufnahme in Großbritannien belief sich in den ersten beiden Monaten des neuen Haushaltsjahres auf insgesamt 33,5 Milliarden Pfund. Das sind 0,4 Milliarden mehr als im gleichen Zeitraum 2023, aber 1,5 Milliarden Pfund weniger als die Haushaltsprognosen der Regierung im März vorausgesagt hatten. Den Analysten von Capital Economics zufolge ist das auf weniger öffentliche Investitionen zurückzuführen.

(Bericht von David Milliken, geschrieben von Rene Wagner, redigiert Ralf Banser - Bei Rückfragen wenden Sie sich bitte an unsere Redaktion unter berlin.newsroom@thomsonreuters.com)