FRANKFURT (DEUTSCHE-BOERSE AG) - Die Aufwärtsbewegung vieler Kryptowährungen vom März findet ein jähes Ende. Nicht nur Zinssorgen belasten. Der Bitcoin fällt zeitweilig unter 40.000 US-Dollar. Viele nehmen Gewinne mit.

14. April 2022. Frankfurt (Börse Frankfurt). Die Risikofaktoren für die etablierten Kapitalmärkte machen auch vor den Kryptowährungen nicht Halt. Zins- und Inflationssorgen lasten auch hier auf der Stimmung. Bitcoin fiel im Wochenverlauf unter die Marke von 40.000 US-Dollar. Zuletzt notiert die größte Kryptowährung bei 41.144 US-Dollar. Ethereum kostet 3.099 US-Dollar und handelt damit weiter über der Marke von 3.000 US-Dollar. Auf Monatssicht gelang der zweitgrößten Währung ein Plus von gut 20 Prozent, dem Bitcoin ein Zugewinn von knapp 4 Prozent. Die Lage am Kryptomarkt bleibt angespannt:

Zinsen, Krieg, Inflation als Belastungen

"Zinssorgen - auch durch mögliche künftige Maßnahmen der Europäischen Zentralbank, steigende Inflation, Wahlen in Frankreich, der anhaltende Ukraine-Krieg und immer wieder Besorgnis über die Regulierung der Kryptowährungen in Europa sind nicht neu. Aber sie sind Unsicherheitsfaktoren und lasten auf dem Markt", sagt Nils von Schoenaich-Carolath, Managing Director Digital Assets beim Bankhaus Scheich. "Wir sehen dadurch eine höhere Volatilität."

Maurice Touma von Lang & Schwarz beschreibt einen extrem volatilen Handel, vor allem bei kleineren Währungen. In der laufenden Woche hätten sich viele Anleger*innen von ihren Kryptos getrennt und die Erholung vom März zu Gewinnmitnahmen genutzt.

Adrian Fritz von 21Shares berichtet von regem Kaufinteresse seiner Kund*innen im März. Derzeit verlieren allerdings viele Kryptos an Wert, das spiegele sich in den Produkten wider. Grundsätzlich beobachtet er, dass die Auswahl der Kryptowährungen nach genaueren Kriterien erfolge: "Die Anleger selektieren besser nach Story, Nutzen, Funktion und Größe einer Kryptowährung." Diese kritischere Herangehensweise habe er vor einem Jahr, als viele Kryptos Rekordstände erreicht hatten, noch nicht in dem Maße festgestellt.

Die aktuelle Berichterstattung zum Ethereum-Update beeinflusse den Kurs natürlich auch, berichtet Fritz. "Dabei gibt es gar kein Datum, bis wann das Update abgeschlossen sein soll." Derzeit werde viel getestet. Mit der Umstellung auf den so genannten Proof of Stake, bei dem nur noch ein zufällig ausgewählter Rechner die jeweiligen Transaktionen bestätigen statt aller, werde aber auf jeden Fall erheblich Energie eingespart. Durch so genanntes Sharding, die Aufspaltung der Chain in kleinere Chains, werde die Ethereum-Blockchain schneller. Doch das dürfte bis 2023 dauern.

Fehlerfreies Ethereum-Update wäre Meilenstein - müsste eingepreist sein

"Wenn das Update fehlerfrei läuft, wäre das ein Meilenstein", hebt von Schoenaich-Carolath die Bedeutung hervor. Das Produkt werde energieschonender, schneller, effizienter und somit attraktiver, wenn alle Neuerungen umgesetzt seien. "Ob es einen Kursanstieg nach Vollendung des Updates gibt oder schon vorher, ist aber schwer einzuschätzen." Das Beispiel des Bitcoin Halvings, bei dem die Belohnungen für das Schürfen von Bitcoins halbiert werden, zeige das gut: "Ein Event, von dem jeder wusste, dass es kommt, muss naturgemäß heute bereits eingepreist sein, da es sich um eine öffentlich zugängliche Information handelt." Dennoch sei der Bitcoin nach den Halvings jeweils gestiegen. "Das widerspricht der klassischen Marktlehre."

Die Website Coin Price Forecast prognostiziert den Ethereum-Kurs zur Jahresmitte bei 3.392 US-Dollar, bis Jahresende bei 3.569 und bis Ende des Jahres 2023 bei 3.794 US-Dollar.

"Scheindiskussion" um Umgehen der Sanktionen mit Kryptos.

Nach wie vor wird - bedingt durch den Ukraine-Krieg - auch an den Kryptomärkten ein mögliches Umgehen von Sanktionen diskutiert, nachdem Russland befreundeten Staaten die Zahlung von Öl- und Gaslieferungen in Bitcoin gestatten wolle. Das sieht von Schoenaich-Carolath kritisch: Zunächst fehle den Unternehmen dafür die Infrastruktur, weil Kryptos vor allem von Privatanleger*innen gehandelt würden. "Doch selbst wenn diese Infrastruktur irgendwann besteht, müssen Stable Coins in Fiat-Währungen zurückgetauscht werden, und spätestens dann greifen die Sanktionen."

Außerdem seien die meisten Blockchains transparent; jede Transaktion könne also nachverfolgt werden. "Dass man so anonym Geld transferieren kann, ist ein Irrglaube", stellt der Experte fest. Die Blockchain sei pseudonym, aber nicht anonym. "Deshalb ist die Diskussion über ein Umgehen der Sanktionen mit Hilfe von Kryptowährungen eine Scheindiskussion", fasst von Schoenaich-Carolath zusammen.

Im Handel derzeit Baskets und Bitcoin besonders gefragt

Den Handel der Privatanleger würden bei 21Shares aktuell vor allem Zuflüsse in Ethereum und Krypto-Baskets prägen. Mit Baskets nutzten die Anleger*innen die Möglichkeiten, breiter zu diversifizieren.

Bei Lang & Schwarz dominiert die Nachfrage nach Solana (CH1114873776). "Wir sehen Käufe unabhängig von der Marktlange", berichtetTouma. Hier hätten auch einige Wikifolio-Kund*innen investiert.

von: Antje Erhard 14. April 2022, © Deutsche Börse AG

(Für den Inhalt der Kolumne ist allein Deutsche Börse AG verantwortlich. Die Beiträge sind keine Aufforderung zum Kauf und Verkauf von Wertpapieren oder anderen Vermögenswerten.)