NÜRNBERG (dpa-AFX) - Die Jobvermittlung in Bayern und Deutschland steht nach Einschätzung des neuen Chefs der bayerischen Arbeitsagenturen, Ralf Holtzwart, vor einem grundlegenden Wandel. In der Vergangenheit sei mit den bisherigen Konzepten und Strategien zwar viel erreicht worden. "Jetzt stehen wir aber an einem Punkt, wo wir sagen: Um noch besser zu werden, müssen wir etwas anderes machen", sagte der neue Chef der Regionaldirektion Bayern der Bundesagentur für Arbeit (BA), der Deutschen Presse-Agentur in Nürnberg. "Weil einfach mehr zu machen, das funktioniert nicht."

Um Menschen in Arbeit zu bringen, müsse beispielsweise die Zusammenarbeit der Arbeitsagenturen mit Städten und Gemeinden sowie anderen Behörden weiter vertieft werden. Holtzwart will zudem stärker als bisher Smartphone-Apps und andere internetbasierte Angebote bei der Beratung von Jobsuchern nutzen. "Wir müssen den Menschen ein System bereitstellen, sich zu informieren und ihre Probleme so weit wie möglich selbst zu lösen", sagte Holtzwart. Nicht jeder der Rat suche, müsse dazu unbedingt seine örtliche Arbeitsagentur aufsuchen.

Holtzwart, der das Amt am 1. Januar von Markus Schmitz übernimmt, der in die BA zurückkehrt, hatte die Direktion bis Ende 2014 geleitet. Holtzwart nahm damals eine Beraterfunktion in Brüssel bei der EU-Kommission auf und organisierte den Erfahrungsaustausch zwischen 30 nationalen Arbeitsagenturen. Aus den gesammelten Praxisbeispielen will er einige in Bayern umsetzen, wie Holtzwart ankündigte.

Dabei will er Langzeitarbeitslosigkeit möglichst im Ansatz verhindern. "Wir müssen uns viel stärker um die Menschen kümmern, die noch nicht lange arbeitslos sind", unterstrich Holtzwart. Dazu sollten Jobvermittler auch mittels intelligenter elektronischer Systeme frühzeitig darauf hingewiesen werden, wenn jemand, der unlängst seinen Job verloren hat, nach vier bis sechs Wochen noch immer arbeitslos ist. Nur so könne der Vermittler verhindern, dass aus Arbeitslosen Langzeitarbeitslose werden.

Bei der Betreuung und Vermittlung von Langzeitarbeitslosen setzt Holtzwart künftig auf eine noch engere Zusammenarbeit mit den Städten und Gemeinden. Modellprojekte in Nürnberg und Fürth hätten gezeigt, dass es wichtig sei, Langzeitarbeitslose mit ihren Familien zu betreuen. "Das ist ein Ansatz, den ich gerne auf alle bayerischen Ballungszentren übertragen würde", sagte Holtzwart. Um solche personalintensiven Projekt finanzieren zu können, sei allerdings die Beteiligung von Kommunen und Staatsregierung erforderlich.

Die deutsche Arbeitsverwaltung ist im EU-Vergleich nach Holtzwarts Einschätzung auf gutem Weg: "In einigen Bereichen sind wir spitze, in etlichen Bereichen sind wir vorne dabei, aber es gibt keinen Bereich, in dem wir von einem anderen Land nicht noch etwas lernen könnten." Es gehe nun darum, die besten Beispiele in der EU zu nutzen. Was nach seiner Erfahrung in fast allen nationalen Arbeitsagenturen notwendig ist, sei ein Perspektivwechsel: Jobvermittler müssten lernen, ihre Aufgabe nicht mehr länger durch die Behördenbrille zu sehen, sondern aus Sicht der betroffenen Menschen./DP/he