HANNOVER (dpa-AFX) - Es ist zu viel Milch auf dem Markt - der Deutsche Bauernverband lehnt staatliche Eingriffe wie eine vorgeschriebene Produktionsmenge aber ab. "Wir brauchen keinen Staat oder Verband, der uns sagt, wie viel wir zu produzieren haben, das ist Aufgabe der Wirtschaft", sagte am Mittwoch der Vorsitzende des Fachausschusses Milch beim Deutschen Bauernverband, Udo Folgart, beim Deutschen Bauerntag in Hannover.

Diskussionen um allgemeinverbindliche Mengenreduzierungen seien "politische Geisterdebatten", sagte Folgart. Gleichwohl erneuerte er die Forderung nach kurzfristigen Unterstützungsmaßnahmen. Die von der Bundesregierung angekündigten 100 Millionen Euro seien dabei bei weitem nicht genug. Notwendig seien unter anderem Liquiditätshilfe- und Bürgschaftsprogramme.

Landwirten in Deutschland macht der niedrige Milchpreis zu schaffen. Ursache der Milchkrise sind zu große Mengen auf den Märkten. Die Preise für die Bauern sind teils unter 20 Cent je Liter gefallen. Um die Kosten decken zu können, gelten mindestens 35 Cent als nötig.

Der Bundesverband Deutscher Milchviehhalter (BDM) hatte Anfang Juni nach der Zusage von Millionenhilfen eine bessere Steuerung der Milchmenge gefordert. Der Verband brachte den Vorschlag ins Spiel, Landwirte, die sich zur Reduzierung ihrer monatlichen Lieferung verpflichten, zum Ausgleich Hilfsgelder aus dem Topf der Bundesregierung zu zahlen. Auch grüne Agrarminister äußerten sich ähnlich.

Es gebe weltoffene Märkte, da sei es mit einer staatlich verordneten Reduzierung nicht getan, sagte ein Sprecher des Bauernverbands. Folgart vom Fachausschuss Milch rief nun den Lebensmitteleinzelhandel auf, seine Verantwortung für die Landwirte ernst zu nehmen. Die im Frühjahr ausgehandelten Preise seien deutlich zu niedrig, sie müssten so schnell wie möglich nachverhandelt werden.

"Allein von den Lippenbekenntnissen der Konzerne können wir unsere Kühe nicht füttern und unsere Familien nicht ernähren", sagte Folgart. Auch die Molkereien müssten sich besser aufstellen, die Marken besser entwickeln. Die Möglichkeiten für eine stärkere Zusammenarbeit bei den Molkereigenossenschaften sollten stärker genutzt werden, forderte er.

Der Präsident des Bundeskartellamtes, Andreas Mundt, bezweifelte ebenfalls, dass Milchquoten für einen sichereren Milchmarkt sorgen. Bei der letzten Milchkrise im Jahr 2009 habe der Milchpreis bei 25 Cent pro Kilo Milch gelegen. "Damals hatten wir eine Quote, besser war es nicht", sagte er. Nach dem Ende der EU-Milchquote als Mengenschranke können die Bauern beliebig viel produzieren.

Mundt warnte vor der Schaffung von Molkereikartellen als Gegengewicht zur Konzentration im Lebensmitteleinzelhandel. "Die Bildung eines Kartells ist nie eine gute Idee gewesen", sagte er. Das bedeute nicht, dass es keine Kooperationsmöglichkeiten zwischen Genossenschaften geben könne, etwa über Gemeinschaftsunternehmen verschiedener Molkereien. Solche Vorhaben werde das Bundeskartellamt prüfen.

Preisabsprachen seien nach EU-Recht nicht möglich, sagte Mundt. Für Mengenabsprachen hätten die EU und der Bund inzwischen die Voraussetzungen geschaffen, zunächst für sechs Monate, aber eine Verlängerung sei möglich. Die Molkereien müssten die Wertschöpfung erhöhen durch etwa durch Markenprodukte. "Das sind manchmal Nischen, aber man muss alles ausloten, was möglich ist", sagte Mundt./eks/DP/jha