Von Hans Bentzien

FRANKFURT (Dow Jones)--Digitales Zentralbankgeld ist aus Sicht der Bank für Internationalen Zahlungsausgleich (BIZ) die Zukunft der monetären Systeme. In einem vorab veröffentlichten Aufsatz ihres Jahresberichts wirbt die BIZ für ein multiples System digitaler Zentralbankgelder (multiple Central Bank Digital Currency - mCBDC), an dem viele Zentralbanken teilnehmen könnten. Den Zentralbanken empfiehlt die BIZ, auf digitales Zentralbankgeld zu setzen, das auf Konten basiert, zu denen Endkunden auf Basis einer digitalen ID Zugriff erhalten.

Zentralbankgeld für Privatpersonen und Unternehmen gibt es auch jetzt schon: Es ist das Bargeld, dessen Nutzung sich aus verschiedenen Gründen in den vergangenen Jahren stetig verringert hat. Die BIZ geht in ihrer Studie von der Annahme aus, dass Bargeld neben digitalem Zentralbankgeld erhalten bleiben wird. Auch Giralgeld in Form von Krediten oder Guthaben bei Banken soll es weiterhin geben.

Gleichwohl führt die BIZ verschiedene Gründe dafür an, warum sich Zentralbanken derzeit zurecht mit den Möglichkeiten digitalen Zentralbankgeldes auseinandersetzen:

Immer mehr Zahlungen werden digital abgewickelt (über Handy, PC, Karte), private Anbieter wollen eigene Währungen (Stable Coins) herausbringen, große Tech-Firmen wie Google steigen in Zahlungsdienste und Finanzdienstleistungen ein, und die Öffentlichkeit ist auch wegen des Booms von Bitcoin für das Thema sensibilisiert. Zudem hat sich das Volumen grenzüberschreitender Zahlungen in den vergangenen Jahren vervielfacht, diese seien aber oft noch teuer und langsam.

Folgende technische Eckpunkte nennt die BIZ in ihrem Bericht

1. Infrastruktur

Die Zentralbank stellt die grundlegende Infrastruktur des Geldsystems bereit, die privaten Zahlungsdienstleister entwickeln Produkte und bedienen die Kunden.

2. Zugang

Kunden sollen über eine digitale ID Zugang zu einem Konto erhalten. Die Person hinter dieser ID ist weder dem Zahlungsdienstleister bekannt noch der Zentralbank oder anderen staatlichen Stellen. Ausnahme: Ermittlungsbehörden.

3. Datenlagerung

Aus Gründen des Datenschutzes soll eine Konzentration von Kundendaten bei einzelnen Akteuren vermieden werden.

4. Geldwäsche

Das System speichert, wer wann an wen wie viel Geld gezahlt hat. Damit sollen Geldwäsche und die Finanzierung krimineller Aktivitäten unterbunden werden. Deshalb ist die BIZ auch gegen Zentralbankgeld in Form sogenannter Token, die vollkommene Anonymität gewährleisten würden.

5. Grenzüberschreitende Zahlungen

Um eine Verdrängung der einen Währung durch eine andere zu verhindern sowie Steuerhinterziehung und Wechselkursschwankungen zu unterbinden, sollten Zentralbanken bei digitalem Zentralbankgeld kooperieren. Die BIZ favorisiert ein multiples System digitaler Zentralbankgelder, an dem viele Zentralbanken teilnehmen können. Die Zentralbanken selbst befürworten laut einer BIZ-Umfrage jedoch getrennte Systeme mit einem Intermediär.

6. Geschäftsbanken

Sie bleiben erhalten, vergeben weiterhin Kredite und bieten andere Dienstleistungen an. Um einen massenhaften Umtausch von Geschäftsbankgeld in Zentralbankgeld zu verhindern, gibt es laut BIZ zwei Wege: Einführung einer Obergrenze für Guthaben in digitalem Zentralbankgeld oder Zinsnachteil für digitales Zentralbankgeld. Beide Varianten hätten ihre Nachteile.

Die Europäische Zentralbank (EZB) berät nach Aussage ihrer Präsidentin Christine Lagarde am 14. Juli darüber, ob sie in die vertiefte Prüfung eines digitalen Euro einsteigen soll.

Kontakt zum Autor: hans.bentzien@dowjones.com

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June 23, 2021 07:00 ET (11:00 GMT)