BERLIN (Dow Jones)--Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier (CDU) will sicherheitsrelevante Unternehmen deutlich stärker vor ausländischem Einfluss schützen. Die Meldeschwelle für entsprechende Direktinvestitionen soll dazu von bislang 25 Prozent auf nun 10 Prozent herabgesetzt werden. Das geht aus einem Referentenentwurf für die 17. Novelle der Außenwirtschaftsverordnung (AWV) hervor, wie Dow Jones Newswires aus Kreisen des Ministeriums erfuhr.

"Wir sind uns einig mit unseren Partnern in Europa, dass wir in bestimmten Bereichen und Sektoren wissen müssen, wer die Investoren sind und welche Motive und Strategien sie verfolgen", heißt es dazu aus dem Berliner Ministerium. Damit setzt die Bundesregierung die EU-Screening-Verordnung um, die seit Oktober wirksam ist und den Binnenmarkt besser vor Eingriffen aus China oder anderen Drittstaaten schützen soll.

Die strengere Investitionsprüfung ist laut dem Entwurf künftig vorgeschrieben für die Branchen Künstliche Intelligenz, Robotik, automatisiertes Fahren und Fliegen, Halbleiter, Optoelektronik, Cybersicherheit, Luftfahrt, Quantentech- und Nukleartechnologie sowie die additive Fertigung, zu welcher der 3D-Druck gehört. Erstmals fallen auch alle Hersteller von Rüstungsgütern unter die Verordnung.

Im Zuge der Corona-Pandemie hatte die Bundesregierung im Mai 2020 auch schon Impfstoffhersteller, Arzneimittel- und Maskenhersteller unter besonderen Schutz gestellt. Die neuen Maßnahmen sollen nun im Sommer 2022 nochmals überprüft werden.

Drei Bereiche, die Brüssel in den Blick genommen hatte, will die Regierung jedoch nicht umsetzen. Dazu gehört die Nanotechnologie - die aus Sicht der Beamten eine Querschnittstechnologie darstellt und von den anderen Bereichen schon erfasst ist - sowie die Energiespeicherung, für die es ebenfalls bereits die Kategorie der kritischen Infrastruktur und damit besonderen Schutz gibt.

Allerdings findet sich auch die EU-Empfehlung an die Mitgliedsstaaten, die strengeren Vorschriften auf den Bereich der Datenverarbeitung und -speicherung anzuwenden, in der Umsetzung nicht wieder. Geregelt ist dieser Bereich noch nicht, laut Entwurf ist das auch nicht erwünscht. "Da nahezu jedes Unternehmen eine substantielle Zahl personenbezogener Daten verarbeitet, hätte eine spezifische Fallgruppe zum Einfallstor für eine nahezu unbegrenzte Meldepflicht werden können", heißt es darin.

Die Verbände haben nun rund einen Monat Zeit, Stellungnahmen einzureichen. Danach muss die AWV-Novelle noch vom Bundeskabinett und anschließend dem Bundestag bestätigt werden. Die Grundlagen für die jetzige Verordnung hatte der Bundestag bereits im Juni gelegt, als das strengere Außenwirtschaftsgesetz verabschiedet wurde. Es sieht künftig auch dann Prüfungen vor, wenn durch einen ausländischen Erwerb die öffentliche Sicherheit in Deutschland oder Europa "voraussichtlich beeinträchtigt" werden könnte. Zuvor war nur eine "tatsächliche Gefährdung" maßgeblich.

Unklar ist allerdings, ob mit der Novelle tatsächlich auch weniger Genehmigungen für Firmen-Übernahmen oder Beteiligungen erteilt werden. Seit 2016 wurden nach Angaben des Wirtschaftsministeriums weniger als 1 Prozent der geprüften Fälle auch tatsächlich verhindert. Dazu gehörten nach Informationen der Wirtschaftskanzlei Freshfields Bruckhaus Deringer LLP etwa die Ahlener Leifeld Metal Spinning AG oder das Herzogenrather Elektrotechnikunternehmen Aixtron SE: In beiden Fällen wollten chinesische Investoren einsteigen, doch noch bevor die Untersagung durch den Bund drohte, wurden die Verhandlungen abgebrochen. Mit Anordnungen und Auflagen hat der Staat auch mildere Mittel für die Steuerung solcher Transaktionen.

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DJG/pso/smh

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January 22, 2021 10:39 ET (15:39 GMT)