FRANKFURT (dpa-AFX) - Die Anleger haben am Donnerstag erleichtert auf die geldpolitischen Signale der Europäischen Zentralbank (EZB) reagiert. Von Analysten als "Minimum an Reaktion" bezeichnete Beschlüsse waren das, was sie hören wollten. Nach schwachem Start schaffte es der Dax am Nachmittag zeitweise klar ins Plus, bevor im Späthandel der Schwung nachließ. Aus dem Handel ging er 0,08 Prozent höher bei 15 623,15 Punkten. Der MDax mit den mittelgroßen deutschen Börsenwerten stieg noch etwas deutlicher um knapp ein halbes Prozent auf 36 120,53 Punkte.

Ein Ende des Zinstiefs im Euroraum ist nicht in Sicht, die EZB geht aber angesichts der gut laufenden Konjunktur bei ihren milliardenschweren Anleihenkäufen langsam vom Gas. Im vierten Quartal soll der Erwerb im Rahmen des Corona-Notkaufprogramms PEPP etwas reduziert werden. Laut der LBBW hat es den Anlegern gefallen, dass die EZB-Chefin Christine Lagarde weiter auf günstigen Finanzierungskonditionen beharrt. Dies zeige, dass die Märkte im Zweifel nicht alleine gelassen werden.

Ökonom Jens-Oliver Niklasch von der LBBW urteilte, der EZB-Rat habe das Minimum des Möglichen beschlossen. "Gar nichts zu ändern, wäre angesichts des Inflationsanstiegs zu wenig gewesen. Dafür bleibt die volle Flexibilität und der Rahmen des Pepp sowie der bisherige Zeitplan erhalten", so der Experte.

Einige Werte aus zyklischen Branchen profitierten im Verlauf von den Signalen der EZB. Dies galt zum Beispiel für die Siemens-Aktien sowie jene des Chipkonzerns Infineon, die sich beide nach schwächerem Start mit Anstiegen von 1,7 und 1,3 Prozent unter die Dax-Favoriten mischten. Auch die Volkswagen-Aktien legten um rund 1,3 Prozent zu.

Die Aktien von Merck KGaA waren von Beginn an unter den Favoriten und blieben dies auch mit einem Anstieg um letztlich 1,9 Prozent. Der Pharma- und Spezialchemiekonzern überzeugte die Anleger mit ehrgeizigen mittelfristigen Wachstumszielen. Der Aktienkurs näherte sich nach zwei schwachen Tagen wieder dem am Montag aufgestellten Rekord. Dank höherer Investitionen soll der Umsatz bis 2025 auf etwa 25 Milliarden Euro steigen.

Die Papiere von RWE gehörten ebenfalls schon früh zu den gefragten Werten, sie rückten am Ende um knapp ein Prozent vor. Anleger hoffen bei dem Energiekonzern auf frischen Wind durch den aktivistischen Investor Enkraft Capital. Er fordert eine Abspaltung des Braunkohle-Geschäfts.

Die Aktien von Henkel und Beiersdorf entwickelten sich in Reaktion auf Analystenstimmen von Goldman Sachs gegenläufig. Während die Anteilsscheine des Dax-Konzerns Henkel nach einer aufgegebenen Kaufempfehlung 1,4 Prozent verloren, rückten die im MDax enthaltenen Beiersdorf-Titel um 1,2 Prozent vor. Hier rät die US-Bank den Anlegern nun umgekehrt zum Kauf.

Unter den Nebenwerten sorgten die Papiere von Eckert & Ziegler weiter für Furore, indem sie ihre Rekordjagd fortsetzten und als einer der Spitzenwerte im SDax weitere 4,5 Prozent gewannen. Der Kurs des Strahlentechnik-Unternehmens hat sich in diesem Jahr so gut wie verdreifacht.

Auf europäischer Bühne konnte der EuroStoxx letztlich keine Gewinne verteidigen, der Eurozonen-Leitindex ging prozentual unverändert mit 4177,11 Punkten aus dem Handel. Während es für den Pariser Cac 40 um 0,2 Prozent nach oben ging, fiel der britische FTSE 100 mit einem Abschlag von einem Prozent negativ auf. In New York stand der Dow Jones Industrial zum europäischen Handelsschluss in etwa auf seinem Vortagsniveau.

Der Kurs des Euro hat sich nach den Aussagen der EZB per Saldo kaum bewegt. Für die Gemeinschaftswährung wurden zuletzt 1,1825 US-Dollar gezahlt. Die Europäische Zentralbank (EZB) hatte den Referenzkurs zwischenzeitlich auf 1,1838 (Mittwoch: 1,1827) Dollar festgesetzt. Der Dollar kostete damit 0,8447 (0,8455) Euro.

Am Anleihemarkt verharrte die kurz vor dem EZB-Entscheid mitgeteilte Umlaufrendite bei minus 0,39 Prozent. Der Rentenindex Rex fiel um 0,01 Prozent auf 145,28 Punkte. Der Bund-Future stieg zuletzt um 0,31 Prozent auf 172,26 Zähler./tih/jha/

--- Von Timo Hausdorf, dpa-AFX ---