FRANKFURT/MONTE CARLO (dpa-AFX) - Die Rückversicherer können nach dem bisher schwersten Naturkatastrophenjahr für die Assekuranz laut Experten nur kurz an der Prämienschraube drehen. Er rechne damit, dass der Schwung bei den jüngsten Preiserhöhungen der Rückversicherer bereits 2019 nachlässt, sagte Analyst Johannes Bender von der Rating-Agentur Standard & Poor's (S&P) am Dienstag in Frankfurt. Die derzeitige Erholung gleiche damit einer Atempause auf einem Marathonlauf, auf dem sich Unternehmen wie Weltmarktführer Munich Re und die Hannover Rück seit langem befänden.

Ab Samstag (8. September) treffen sich Rückversicherer wie jedes Jahr in Monte Carlo mit Erstversicherern wie Allianz und Axa, um die Vertragskonditionen für das kommende Jahr auszuloten.

Für 2018 rechnet S&P in der Schaden- und Unfall-Rückversicherung zwar weiterhin mit einem Preisanstieg von bis zu fünf Prozent. Damit dürfte aber 2019 schon weitestgehend wieder Schluss sein. In beiden Jahren werde die Branche voraussichtlich nur wenig mehr als ihre Kapitalkosten verdienen, sagte Bender.

Im vergangenen Jahr hatten Naturkatastrophenschäden die Versicherungsbranche laut Berechnungen der Munich Re rund 135 Milliarden US-Dollar (116 Mrd Euro) gekostet. Generell gelten hohe Schäden als gute Argumente für Rückversicherer, im Geschäft mit Erstversicherern an der Preisschraube zu drehen.

Doch der Wettbewerb sei weiterhin herausfordernd, sagte Bender - auch weil die hohen Katastrophenschäden von 2017 branchenfremde Investoren keineswegs verschreckt hätten. So stecken Großanleger wie Pensionsfonds weiterhin hohe Summen in Katastrophenanleihen und andere Finanzprodukte, über die sie klassischen Rückversicherern Konkurrenz machen.

Die Rückversicherer sitzen seit Jahren auf dicken Kapitalpolstern, mit denen sie um die Abdeckung großer Risiken ringen. Wegen des harten Wettbewerbs war das Prämienniveau über Jahre hinweg immer weiter gesunken. Erst die Vertragserneuerungen 2018 brachten eine gewisse Wende. Diese sei allerdings gerade bei den großen deutschen Rückversicherern weniger stark ausgefallen als gedacht, sagte Bender.

Dies könnte ihm zufolge daran liegen, dass Weltmarktführer Munich Re und andere Größen wie Swiss Re und Hannover Rück vermehrt auf maßgeschneiderte Lösungen für Großkunden setzten. Bei diesen schwanken die Prämien nicht so stark wie im umkämpften Katastrophengeschäft. Damit setzten sich die größten der Branche von der Masse ab, sagte der Experte. Denn nur sie könnten solche Lösungen im großen Stil anbieten.

Bender sieht die Branche dennoch "gut geschützt vor zukünftigen Großschäden". Dies gelte, obwohl ihr Überschusskapital 2017 nach S&P-Berechnungen geschrumpft sei - und nun unter dem Top-Wert "AAA" liege. Ihren Ausblick für die Branche hält die Ratingagentur angesichts der jüngsten Preiserhöhungen dennoch stabil. Daran will S&P erst etwas ändern, wenn die Rückversicherer über mehrere Jahre hinweg absehbar ihre Kapitalkosten nicht mehr verdienen könnten.

Unterdessen rechnet Bender damit, dass der Preiskampf in der Branche zu weiteren Übernahmen führt. Zuletzt hatte der US-Versicherer AIG in für mehr als 5 Milliarden US-Dollar den Rückversicherer Validus übernommen. Der französische Axa-Konzern will für mehr als 15 Milliarden Dollar den US-Versicherer XL Group schlucken, der vor allem für seine Rückversicherungssparte bekannt ist./stw/nas/fba