Zürich (awp) - Alles bleibt, wie es ist. So kann man die Lagebeurteilung der Schweizerischen Nationalbank (SNB) am Donnerstag zusammenfassen. Entsprechend fallen auch die Kommentare der Experten wenig überrascht aus. Der wichtigste Punkt, bei dem sie sich einig sind: Vor der EZB wird die SNB ihre Zinspolitik nicht verändern.

Am Morgen haben die Schweizer Währungshüter mitgeteilt, an ihrer aktuellen Geldpolitik festzuhalten und unverändert expansiv zu bleiben. Sie belassen den Zins auf Sichteinlagen bei der Nationalbank bei -0,75 Prozent und das Zielband für den Dreimonats-Libor bei -1,25 bis -0,25 Prozent.

In der anschliessenden Medienkonferenz machten die Direktoriumsmitglieder um Präsident Thomas Jordan dann deutlich, dass in ihren Augen die politischen Risiken zuletzt etwas gestiegen sind. In diesem Umfeld habe der Franken seine Rolle als sicherer Hafen wiedergefunden und nach der Abwertung im Frühjahr bis auf 1,20 Euro wieder an Stärke gewonnen.

Chefvolkswirt Karsten Junius von Safra Sarasin wiederum hält den Franken derzeit als fair bewertet. Und auch wenn die SNB ihn weiterhin als hoch bewertet bezeichne, so scheine die Bereitschaft der Notenbank, auf dem aktuellen Niveau einzugreifen, eher begrenzt.

Keine Zinswende vor der EZB

Neben dem Franken stellt die Zinsdifferenz einen wichtigen Eckpfeiler der SNB-Geldpolitik dar. Hier hatten Marktteilnehmer nach der jüngsten Sitzung der EZB vor allem auf mögliche Formulierungs-Veränderungen bei der SNB gewartet. Denn während die EZB angekündigt hat, Ende 2018 ihr Anleihenkaufprogramm zu beenden, hatte sie im gleichen Atemzug eine erste Zinserhöhung im Euroraum nochmals weiter in die Zukunft gerückt.

Wie Analyst Christian Lips von der NordLB in einem ersten Kommentar schreibt, reiche diese leichte Kurskorrektur der EZB noch nicht aus, um einen Politikwechsel bei der SNB bereits zu diesem Zeitpunkt zu rechtfertigen.

Konkreter noch ist Ökonomin Jessica Hinds von Capital Economics. Sie rechnet damit, dass die SNB ihre Zinsen bis 2020 auf dem aktuellen Niveau belässt. Vielmehr werde die SNB darauf warten, wie die allmähliche Straffung durch die EZB verläuft und wie der Franken darauf dann reagiert, so die Expertin weiter.

Entsprechend rechnet Hinds, ebenso wie Junius von Sarasin oder Lips von der NordLB nicht damit, dass die SNB in naher Zukunft etwas an ihrem aktuellen Kurs ändern wird. Vielmehr werde sie, wie Lips schreibt, auch vorerst auf die bewährten Instrumente Negativzinsen und Intervention am Devisenmarkt setzen.

CS weniger überzeugt von eigener Zinsschrittprognose

Ökonom Maxime Botteron von der Credit Suisse zeigt sich nach den aktuellen Aussagen der SNB nicht mehr sicher, ob seine bisherige Zinsprognose noch passt. Er ist bislang von einem ersten Zinsschritt der SNB im ersten Quartal 2019 ausgegangen. Diese Überzeugung sei gesunken, schreibt der Experte in einem ersten Kommentar.

Auch ansonsten wertet er die Lagebeurteilung als eher durchwachsen. So habe sich die SNB sehr optimistisch über die aktuelle Wirtschaftsentwicklung in der Schweiz geäussert, gleichzeitig aber mit Blick auf die längerfristigen Wirtschaftsaussichten im Euroraum ihre Inflationserwartungen reduziert.

Gewerkschaften sehen Franken kritisch

Eine sehr kritische Haltung vertritt dagegen weiterhin der Schweizerische Gewerkschaftsbund (SGB). In einer Reaktion auf die Beschlüsse der Währungshüter bezeichnet der SGB den Franken als stark überbewertet und hält einen Euro-Franken-Kurs von 1,25 bis 1,30 für fair. Zum Vergleich: Für SNB-Präsident Jordan ist der Franken lediglich "hoch bewertet".

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