FRANKFURT (dpa-AFX) - Der klare Wahlsieg für Großbritanniens Premier Boris Johnson und seine konservative Partei ist nach Ansicht deutscher Ökonomen erstmal eine gute Nachricht für die Kapitalmärkte. "Das Randrisiko eines "harten Brexits" ist vom Tisch", sagte der Chefökonom von Union Investment, Jörg Zeuner. Dementsprechend gewann der britische Leitindex FTSE 100 am Freitagmorgen. "Immerhin wird die hohe Unsicherheit erheblich vermindert", sagte auch Marija Kolak, Präsidentin des Bundesverbandes der Deutschen Volksbanken und Raiffeisenbanken (BVR).

Die Ökonomen sehen allerdings weiter unsichere Zeiten auf die Märkte zukommen. Denn auch nach dem Brexit stehen der EU und Großbritannien komplexe Verhandlungen unter anderem zu einem Freihandelsabkommen bevor. Stefan Große, Ökonom bei der NordLB, geht davon aus, dass die Verhandlungen Jahre dauern werden. Diese Meinung teilt auch Thomas Gitzel, Chefökonom der VP Bank: "Man mag es sich kaum vorstellen, doch die Verhandlungen über die zukünftigen Beziehungen werden vermutlich noch komplexer als die bisherigen zum EU-Austritt."

Und auch wenn die durch die Wahl gewonnene Klarheit sich erstmal positiv auswirkt, ist der Brexit aus wirtschaftlicher Sicht den Ökonomen zufolge ein Irrweg. "Die Briten werden einen hohen wirtschaftlichen und politischen Preis für ihre scheinbare Unabhängigkeit bezahlen", sagte Stefan Große von der NordLB. BVR-Präsidentin Kolak sagte: "Die demokratisch getroffene Entscheidung der Briten ist zu respektieren, auch wenn dies der Wirtschaft in Großbritannien schadet."

Laut einer aktuellen Umfrage des Deutschen Industrie- und Handelskammertages (DIHK) erwartet mehr als die Hälfte der deutschen Unternehmen in Großbritannien für 2020 eine schlechtere wirtschaftliche Entwicklung im Land./bgf/jsl/jha/DP/jha