BERLIN (dpa-AFX) - Das Maut-Debakel wird für Verkehrsminister Andreas Scheuer (CSU) bald noch unbequemer: Der Untersuchungsausschuss im Bundestag zur geplatzten Pkw-Maut soll am Donnerstag vom Bundestag eingesetzt werden, die erste Sitzung ist am 12. Dezember geplant. Das erfuhr die Deutsche Presse-Agentur am Mittwoch aus Parlamentskreisen.

Die zuständigen Berichterstatter der Fraktionen räumten demnach noch offene Fragen aus und einigten sich auf einen Antrag zur Einsetzung des Ausschusses. Für einen Untersuchungsausschuss nötig ist ein Viertel aller Parlamentarier - FDP, Linke und Grüne erreichen dies. Auch die AfD will zustimmen.

Verkehrsminister Andreas Scheuer (CSU) steht unter Druck, weil er die Verträge zur Erhebung und Kontrolle der Maut mit den Betreibern Kapsch und CTS Eventim schon 2018 geschlossen hatte, bevor endgültige Rechtssicherheit bestand. Der Europäische Gerichtshof (EuGH) erklärte die Pkw-Maut Mitte Juni für rechtswidrig. Direkt danach kündigte Scheuers Ministerium die Verträge. Daraus könnten Forderungen der Firmen in Millionenhöhe resultieren.

Die Opposition wirft Scheuer unter anderem vor, er habe Verträge voreilig abgeschlossen und Regelungen für den Schadenersatz vereinbart, die die Steuerzahler nun teuer zu stehen kommen könnten.

Scheuer hatte Vorwürfe zurückgewiesen. Das Verkehrsministerium erklärte am Mittwoch, der Untersuchungsausschuss sei das gute Recht des Parlaments. Der Minister und das Verkehrsministerium erhofften sich eine Versachlichung der Debatte. "Der Minister wird im Ausschuss Rede und Antwort stehen." Dem Verkehrsausschuss seien mehr als 50 Ordner Unterlagen und Dokumente mit Tausenden Seiten zur Verfügung gestellt worden. "Das gab es im Vorfeld eines Untersuchungsausschusses noch nie."

Der Untersuchungsausschuss soll das Verhalten der Regierung und besonders des Verkehrsministeriums und von Behörden bei der Vorbereitung sowie der Vergabe und der Kündigung der Betreiberverträge "umfassend aufklären", wie es in dem Antrag heißt.

Überprüft werden soll etwa, welche finanziellen und rechtlichen Verpflichtungen und Risiken im Zusammenhang mit der Maut durch wen seitens der Bundesregierung eingegangen wurden. Der Untersuchungszeitraum soll mit Unterzeichnung des vorigen schwarz-roten Koalitionsvertrags beginnen. Das war im Dezember 2013.

Ein Untersuchungsausschuss soll mögliche Missstände in Regierung und Verwaltung prüfen. Er kann Zeugen vernehmen und sonstige Ermittlungen durch Behörden vornehmen lassen.

Als Zeugen vernommen werden sollen nach früheren Aussagen von Oppositionspolitiker neben Scheuer auch der frühere Verkehrsminister Alexander Dobrindt (CSU), der frühere Verkehrsstaatssekretär Gerhard Schulz, Vertreter der eigentlich vorgesehenen Maut-Betreiberfirmen sowie Beamte aus dem Verkehrsministerium.

Der Grünen-Politiker Stephan Kühn sagte am Mittwoch: "Scheuers Selbstermächtigung, mit Geldern der Steuerzahlerinnen und Steuerzahler zu zocken und für den Bund nachteilige Verträge abzuschließen, ist skandalös." Scheuer habe mit immer neuen Erinnerungslücken und Falschbehauptungen die Aufklärung der Maut-Affäre behindert: "Scheuer muss nun unter Eid aussagen. Wir werden ihm helfen, seine Erinnerungslücken endlich zu schließen."

Der Linke-Verkehrspolitiker Jörg Cezanne sagte, er sei froh darüber, dass letzte Unstimmigkeiten hinsichtlich des Einsetzungsbeschlusses ausgeräumt werden konnten. "Die Aufklärung der Mautmauscheleien von Verkehrsminister Scheuer kann somit noch in diesem Jahr beginnen." Der FDP-Politiker Christian Jung sagte, es müsse im Ausschuss alles auf den Tisch. Die Frage sei, ob Scheuer fahrlässig gehandelt habe./ted/DP/jha