NEW YORK (dpa-AFX) - Eine mögliche Übernahme der seit der Finanzkrise teilverstaatlichten Commerzbank durch die Deutsche Bank ist nach Einschätzung des Analysehauses RBC wahrscheinlicher geworden. RBC-Expertin Anke Reingen sieht in einer am Mittwoch vorliegenden Studie die Wahrscheinlichkeit einer Offerte der Deutschen Bank für den kleineren Konkurrenten jetzt bei 50 Prozent. Da der Branchenprimus selbst mit einer Reihe von Problemen kämpft, rechnet sie nicht damit, dass die Deutsche Bank einen sehr hohen Aufschlag zahlen kann und will.

Sie veranschlagte den Preis bei einer möglichen Offerte mit 13 Euro je Aktie. Das wäre ein Aufschlag von etwas mehr als 40 Prozent im Vergleich zum aktuellen Niveau. Die gesamte Commerzbank würde bei einer Offerte in dieser Höhe mit rund 16 Milliarden Euro bewertet werden. Zum Vergleich: Die Deutsche Bank kommt aktuell auf etwas mehr als 20 Milliarden Euro. Da beide Institute nach wie vor angeschlagen sind und sich unter anderem wegen der dauerhaft niedrigen Zinsen und dem zersplitterten Bankenmarkt in Deutschland schwer tun, wurden zuletzt die Rufe nach einer Fusion wieder lauter.

Viele Experten hatten zuletzt aber auch immer wieder gemahnt, dass zwei Kranke noch keinen Gesunden ergeben. Die Aktien beider Häuser gehörten in den vergangenen Jahren zu den größten Verlierern der Branche. So sank der Wert der Deutschen Bank an der Börse alleine in diesem Jahr fast 38 Prozent und der der Commerzbank zirka 28 Prozent. Auf Sicht der vergangenen zehn Jahren, also seit der Pleite der US-Investmenbank Lehman Brothers und der darauf folgenden Finanzkrise - summieren sich die Verluste auf 86 beziehungsweise 94 Prozent. Jetzt könnte ein Zusammengehen der letzte Ausweg sein, um der Dauerkrise zu entkommen.

RBC-Expertin Reingen sieht vor allem auf der Kostenseite viele Vorteile eines möglichen Zusammenschlusses. Den von ihr prognostizierten Einsparungen von 2,1 Milliarden Euro stünden Einnahmeverluste von 700 Millionen Euro gegenüber. Die sich daraus errechnenden jährlichen Nettosynergien von 1,4 Milliarden Euro würden den gemeinsamen Wert der Bank um zirka 15 Prozent steigern. Das rechtfertige eigentlich eine Offerte über 14 Euro je Aktie. Da aber die Gefahr besteht, dass sich die Commerzbank-Gewinne nicht so entwickeln wie erhofft und die Einsparungen nicht so schnell realisiert werden können, hält sie 13 Euro für realistischer.

Sollte die Commerzbank weiter eigenständig bleiben, hält die RBC-Analystin weiter ein Kursziel von 9,50 Euro für realistisch. Kombiniert mit der von ihr prognostitzierten 50-prozentigen Wahrscheinlichkeit einer Offerte über 13 Euro setzte sie ihr Kursziel mit 11 Euro fest. Da dies weit über dem aktuellen Kursniveau von rund 9 Euro ist, stufte sie die Aktie, die kommenden Montag aus dem Dax in den MDax absteigt, von "Sector Perform" auf "Outperform hoch. Mit der Einstufung "Outperform" rechnen die Analysten von RBC Capital Markets auf Sicht von zwölf Monaten damit, dass sich die Aktien deutlich besser als der Branchendurchschnitt entwickeln./zb/stk/nas

Analysierendes Institut RBC Capital

Datum der Analyse: 19.09.2018