FRANKFURT (dpa-AFX) - Die heimische Chemieindustrie hat nach kräftigen Zuwächsen im ersten Halbjahr die Prognosen für das laufende Jahr erneut erhöht. "Die aktuelle Lage ist positiv", sagte der Präsident des Verbandes der Chemischen Industrie (VCI), Kurt Bock, am Donnerstag in Frankfurt. Auch für die zweite Jahreshälfte seien anhaltend gute Geschäfte im In- und Ausland zu erwarten. Bis ins kommende Jahr hinein sei mit einem stabilen Wirtschaftswachstum zu rechnen. "Das gilt nicht nur für Europa, sondern auch für unseren wichtigsten Handelspartner, die USA." Vor diesem Hintergrund legte er die Latte für den Umsatz im laufenden Jahr zum dritten Mal höher.

Auch für die Produktion zeigt sich der Verband erneut zuversichtlicher. Die Chemieproduktion dürfte sich 2017 um 1,5 Prozent erhöhen. Mitte Mai hatte der VCI die Prognose bereits erhöht und ein Wachstum von 1,0 Prozent unterstellt. Chemikalien dürften sich nun um 3,5 Prozent verteuern und der Umsatz so um 5,0 Prozent wachsen. Bisher war Deutschlands drittgrößter Industriezweig von einem Preisanstieg um 2,5 Prozent und einem Umsatzplus von 3,5 Prozent ausgegangen.

Das wirtschaftliche Umfeld in Europa stütze den Aufwärtstrend. Billiges Öl, ein schwacher Euro und niedrige Zinsen sorgten hier bei der Industrieproduktion für Schwung. Dies führe auch zu einer höheren Nachfrage nach Chemikalien. Mögliche negative ökonomische Folgen des bevorstehenden Austritts Großbritanniens aus der Europäischen Union und die neue Linie der US-amerikanischen Wirtschafts- und Handelspolitik zeigten sich bisher nicht in den Kennzahlen. Allerdings sei das Mengenwachstum wegen eines weiteren Rückgangs bei petrochemischen Grundstoffen insgesamt "wenig dynamisch".

In den ersten sechs Monaten des Jahres erhöhte sich die Produktion im Vergleich zum Vorjahreswert um 1,5 Prozent. Die Kapazitätsauslastung der Anlagen erreichte mit 87 Prozent einen deutlich höheren Wert als ein Jahr zuvor mit 83,9 Prozent. Durch die größere Produktionsmenge und den anhaltenden Aufwärtstrend der Erzeugerpreise, die sich im Jahresvergleich um 3,5 Prozent verteuerten, legte der Branchenumsatz um fünf Prozent auf 96,9 Milliarden Euro zu.

Die Zuversicht zeigt sich auch bei den Sachinvestitionen. Diese dürften in diesem Jahr mit rund 7,5 Milliarden Euro einen Rekordwert erreichen und um 6,7 Prozent zulegen. Auch auf die Beschäftigung wirke dies positiv. Die Zahl der Mitarbeiter erhöhte sich im Jahresvergleich um 0,5 Prozent auf 449 300 Personen. Auch für das Gesamtjahr erwartet der Verband einen Stellenaufbau in der Größenordnung von 0,5 bis 1 Prozent.

Der drohende Fachkräftemangel beeinflusst die Personalplanung schon länger. Schließlich gehen viele Mitarbeiter in der Branche in den kommenden Jahren in den Ruhestand. Die Chemie ist als Lieferant für die Auto-, Bau- und Konsumgüterindustrie auch ein wichtiger Signalgeber für die Konjunktur./jha/stk

Unternehmen im Artikel: Bayer, Henkel, BASF, Lanxess, Evonik Industries