--US-Notenbank lässt Leitzins bei 5,25 bis 5,50 Prozent

--Fed nimmt neutrale Haltung zu Zinsänderungen ein

--Powell lässt Zeitpunkt für Zinssenkungen offen

(NEU: Pressekonferenz von Powell, Analyst, Hintergrund)

Von Nick Timiraos

WASHINGTON (Dow Jones)--Die US-Notenbank hat ihren Zinsausblick formell geändert und sich damit Spielraum für Zinssenkungen in den kommenden Monaten verschafft. In ihrem Statement erklärte die Fed, "dass sich die Risiken für die Erreichung der Beschäftigungs- und Inflationsziele in ein besseres Gleichgewicht bewegen". Dies ist eine neutralere Beschreibung als frühere Hinweise auf die Aussicht auf eine "zusätzliche Straffung der Geldpolitik", die die Notenbanker seit der letzten Anhebung der Zinssätze vor sechs Monaten beibehalten hatten.

Wie erwartet beließ die Zentralbank ihren Leitzins in einer Spanne von 5,25 bis 5,50 Prozent. Der Beschluss fiel einstimmig. Gleichzeitig wies die Fed darauf hin, dass die Änderung ihres Ausblicks nicht bedeuten soll, dass eine Zinssenkung unmittelbar bevorsteht. "Der Rat geht nicht davon aus, dass eine Zinssenkung angemessen ist, bis er mehr Vertrauen gewonnen hat, dass sich die Inflation nachhaltig in Richtung 2 Prozent bewegt", hieß es in der Erklärung.

"Die Inflation hat nachgelassen - das ist eine sehr gute Nachricht", sagte Fed-Chef Jerome Powell in seiner Pressekonferenz. "Wir sehen die Wirkung der geldpolitischen Straffung auf die Inflation." Fast jedes Ratsmitglied glaube, dass Zinssenkungen in diesem Jahr angemessen seien, doch zu frühe Senkungen könnten die Inflation wieder anfachen. Die Fed sei deshalb in einem "Modus des Risikomanagements, um zu verhindern, dass wir uns zu früh oder zu spät bewegen", sagte Powell.


Powell nennt keinen Zeitplan für Zinssenkung 

Der Arbeitsmarkt bleibe angespannt, die Nachfrage nach Arbeitskräften übersteige das Angebot, auch wenn Angebot und Nachfrage jetzt in einer besseren Balance seien. Powell sagte, dass es wahrscheinlich angebracht sei, "irgendwann in diesem Jahr" mit Zinssenkungen zu beginnen, auch wenn er keinen genaueren Zeitplan dafür nannte. Die Fed müsse weitere Beweise sehen, um Vertrauen zu haben, dass die Inflation nachhaltig auf ihr Ziel von 2 Prozent zurückgeht. Die Inflation sei immer noch zu hoch, und ein kontinuierlicher Fortschritt sei nicht gewährleistet, sagte Powell.

Zu Spekulationen, dass die Fed schon im März eine erste Zinssenkung vornehmen könnte, sagte Powell: "Es ist nicht wahrscheinlich, dass der Rat bis März zuversichtlich genug ist, um die Zinsen zu senken." Die US-Notenbank müsse mehr gute Daten sehen, eine Strecke von sechs Monaten günstiger Daten sei nicht ausreichend.

Im Dezember gingen die meisten Notenbanker davon aus, dass sie die Zinssätze in diesem Jahr dreimal senken könnten, wenn die Inflation weiterhin allmählich zurückgeht und das Wirtschaftswachstum zwar stetig, aber unspektakulär verläuft. Mit der aktuellen Entscheidung hat die Fed ihren Leitzins bei vier Sitzungen in Serie konstant gehalten. Sie begann im März 2022 mit der Anhebung der Zinssätze von nahezu Null und hob sie rasch an, zuletzt im Juli 2023, auf den höchsten Stand seit 2001.

Das Wirtschaftswachstum in den USA war in den jüngsten Monaten stärker als von den Notenbankern erwartet, was einige von ihnen dazu veranlassen könnte, bei der Inflationsbekämpfung vorsichtig zu sein. Preisdruck und Lohnwachstum haben sich jedoch weiter abgekühlt, was darauf hindeutet, dass die Inflation etwas schneller zurückgehen könnte, als die Währungshüter erwartet haben.

Einige Notenbanker sagten, sie sähen wenig Dringlichkeit, die Zinssätze zu senken, obwohl sie einen weiteren Rückgang der Inflation erwarten. Da die Wirtschaft gut läuft, "können wir uns Zeit nehmen, um sicherzustellen, dass wir es richtig machen", sagte Fed-Gouverneur Christopher Waller Anfang Januar. Solange die Wirtschaftstätigkeit solide ist, ist der Zeitpunkt der Zinssenkung weniger wichtig, da die Fed alle sechs Wochen tagt.

Der Abbau der Bilanz sei bisher gut verlaufen, sagte Powell. Beim Treffen im März werde es eine eingehende Diskussion zu diesem Thema geben. Die Fed strafft ihre Geldpolitik stillschweigend, indem sie ihre 7,7 Billionen Dollar schweren Bestände an Staatsanleihen und anderen Vermögenswerten um rund 80 Milliarden Dollar pro Monat verringert. Es gibt Überlegungen, diese sogenannte quantitative Straffung zu verringern, um den Aufwärtsdruck auf die langfristigen Zinsen zu vermindern.


Notenbanker halten sich alle Optionen offen 

"Die Fed verabschiedet sich nun endgültig von ihrer Neigung zu weiteren Zinserhöhungen", kommentierte LBBW-Analyst Elmar Völker. Die Risiken einer unzureichenden geldpolitischen Straffung und einem zu langen Festhalten am hohen Zinsniveau seien nunmehr ausgeglichen. "Die US-Notenbanker halten sich den Weg in beide Zinsrichtungen gleichermaßen offen", meinte Völker. "Es deutet aber angesichts der fallenden Inflation alles darauf hin, dass der nächste Schritt eine Senkung sein wird."

Die Spekulation vieler Finanzmarktteilnehmer, dass die Zinswende schon im März kommt, habe die Fed allerdings nicht genährt. "Eine solch baldige Zinssenkung ist aus heutiger Sicht wenig wahrscheinlich, sofern sich das US-Makroumfeld in den kommenden Wochen nicht abrupt ändert", sagte Völker. "Fed-Chef Powell könnte die Aussichten allerdings im Rahmen seines halbjährlichen Rechenschaftsberichts in rund vier Wochen nochmals neu justieren, falls erforderlich. Wir gehen derzeit davon aus, dass die US-Notenbank ihre Geldpolitik im Juni erstmals lockern wird."

Mitarbeit: Andreas Plecko

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January 31, 2024 15:46 ET (20:46 GMT)