FRANKFURT (Dow Jones)--Mit deutlichen Abgaben zeigen sich die europäischen Aktienmärkte am Dienstag. Eine Serie unangenehmer Konjunkturbotschaften bei gleichzeitig steigenden Zinsen verdirbt die Laune. Der DAX fällt um 1,2 Prozent auf 15.716 Punkte und droht damit, die fast zweiwöchige Handelsspanne nach unten zu verlassen. Der Euro-Stoxx-50 gibt um 1,3 Prozent nach auf 4.273 Punkte.

Für Verkaufsdruck sorgte ein sprunghafter Lohnanstieg in Großbritannien. Er beschleunigte sich im Juni auf einen Rekordwert von 7,8 Prozent. Michael Hewson, Marktstratege bei CMC Markets, spricht daher von Druck auf die Bank of England, die Zinsen weiter zu erhöhen. Dies setzt auch deutsche Anleihen unter Druck und treibt die Renditen. Dazu stehen die zehnjährigen US-Renditen mit 4,2260 Prozent kurz vor einem Ausbruch nach oben.

Auch die Urlaubssaison ist auf ihrem Höhepunkt: Die Börse in Mailand bleibt wegen "Ferragosto" geschlossen, während "Mariä Himmelfahrt" in manchen deutschen Regionen gefeiert wird. Händler zählen die Wochen in der August-Mitte zu den umsatzärmsten des gesamten Jahres. In ausgedünnten Orderbüchern verbirgt sich allerdings die Gefahr für Einzelaktien, dass Nachrichten zu unangemessenen Kursausschlägen führen.


   Zinssenkung in China löst weltweite Konjunktursorgen aus 

Auch die Zinssenkung in China wird als Reaktion auf eine deutliche Konjunkturabschwächung gesehen. Einige Analysten zeigten sich überrascht davon, da man von dem Land nur punktuelle Stützungsmaßnahmen für einzelne Branchen erwartet hatte. Neben der Immobilienkrise kamen nun noch weitere schwache Daten: Die Industrieproduktion legte nur um 3,7 Prozent gegenüber dem Vorjahr zu, was deutlich weniger als der Vormonat von 4,4 Prozent war. Und auch der Einzelhandelsumsatz enttäuschte.

Stephen Innes, Marktstratege bei SPI-Asset-Management, fürchtet, die Senkung werde ohne zusätzliche Staatsausgaben kaum einen dauerhaften Nutzen haben. Sie könnte als Zeichen gesehen werden, dass die politischen Entscheidungsträger beginnen, den Panikknopf zu drücken.

Schwächster Sektor in Europa sind daher die Rohstoffwerte mit minus 1,7 Prozent. Hier sinkt die Hoffnung auf Nachfrage aus China weiter.


   ZEW-Index zeigt noch düstere Lage für deutsche Wirtschaft 

Schlechte Konjunkturnachrichten kommen auch vom ZEW-Index für August. Hier brach die Einschätzung der aktuellen Lage bei den Unternehmen auf minus 71,3 ein und verschärfte damit die negative Bewertung. Die Konjunkturerwartung reduzierte ihr Minus leicht auf minus 12,3 nach minus 14,7 im Vormonat.

"Ungeachtet der unerwartet starken Verbesserung des ZEW-Saldos der Konjunkturerwartungen ist die konjunkturelle Perspektive weiterhin schwach", kommentieren die Analysten der Helaba. Auf dem absteigenden Ast wird Deutschland auch von Moritz Kraemer gesehen. Der Chefvolkswirt der Landesbank Baden-Württemberg (LBBW) rechnet damit, dass das Land mittelfristig seine Top-Bonität AAA bei Gläubigern verlieren wird.

Im Minus zeigen sich die meisten Aktien im DAX. Besonders die zinsempfindlichen Immobilien- und Technologiewerte fallen, so Vonovia um 3 Prozent und Infineon um 2,2 Prozent. Die negativen Konjunkturaussichten setzen Titel wie BASF und Bayer bis zu 2 Prozent unter Druck.


   Marks & Spencer nach Zwischenbericht gesucht 

Für die Titel von Marks & Spencers geht es dagegen 6,3 Prozent nach oben. Positiv werten die Analysten von Shore den Zwischenbericht. Dieser unterstreiche die Fortschritte bei den Marktanteilen und präsentiere besser als erwartete Umsätze im Bereich Bekleidung und robuste Margen.

Die Aktie von Adidas gibt nur 0,2 Prozent ab und stemmt sich damit gegen den Trend. Im Handel wird auf die positiven Aussagen des japanischen Wettbewerbers Asics verwiesen. Dessen Aktien zogen deutlich an, nachdem der Sportschuhhersteller den Ausblick für Umsatz und Gewinn hochgenommen hat.

Nach einem schwachen zweiten Quartal hat Encavis (-2,1%) den Ausblick bestätigt. Diesen zu erreichen setzt für die Analysten von Jefferies "normale Wetterbedingungen" voraus. Mit Blick zurück habe der Wind- und Solarparkbetreiber das erwartet schwache Quartal geliefert.

Thyssenkrupp Nucera profitieren von Kaufempfehlungen und legen um knapp 1 Prozent zu.


=== 
Aktienindex              zuletzt        +/- %       absolut      +/- % YTD 
Euro-Stoxx-50           4.273,32        -1,3%        -56,91         +12,6% 
Stoxx-50                3.930,60        -1,3%        -50,35          +7,6% 
DAX                    15.715,55        -1,2%       -188,70         +12,9% 
MDAX                   27.765,05        -0,9%       -252,18         +10,5% 
TecDAX                  3.118,90        -0,9%        -29,50          +6,8% 
SDAX                   13.136,29        -0,8%       -100,93         +10,2% 
FTSE                    7.388,23        -1,6%       -118,92          +0,7% 
CAC                     7.242,78        -1,4%       -106,06         +11,9% 
 
Rentenmarkt              zuletzt                    absolut        +/- YTD 
Dt. Zehnjahresrendite       2,72                      +0,08          +0,15 
US-Zehnjahresrendite        4,23                      +0,04          +0,35 
 
DEVISEN                  zuletzt        +/- %  Di, 8:02 Uhr  Mo, 17:03 Uhr   % YTD 
EUR/USD                   1,0937        +0,3%        1,0915         1,0908   +2,2% 
EUR/JPY                   159,18        +0,3%        158,81         158,57  +13,4% 
EUR/CHF                   0,9579        +0,0%        0,9577         0,9588   -3,2% 
EUR/GBP                   0,8602        +0,1%        0,8584         0,8613   -2,8% 
USD/JPY                   145,54        -0,0%        145,46         145,37  +11,0% 
GBP/USD                   1,2714        +0,2%        1,2708         1,2667   +5,1% 
USD/CNH (Offshore)        7,3153        +0,5%        7,2980         7,2820   +5,6% 
Bitcoin 
BTC/USD                29.378,82        +0,0%     29.332,20      29.481,76  +77,0% 
 
ROHÖL                    zuletzt  VT-Settlem.         +/- %        +/- USD   % YTD 
WTI/Nymex                  81,87        82,51         -0,8%          -0,64   +3,8% 
Brent/ICE                  85,75        86,21         -0,5%          -0,46   +3,7% 
GAS                               VT-Settlem.                      +/- EUR 
Dutch TTF                  36,32        34,43         +5,5%          +1,89  -56,5% 
 
METALLE                  zuletzt       Vortag         +/- %        +/- USD   % YTD 
Gold (Spot)             1.903,36     1.908,30         -0,3%          -4,94   +4,4% 
Silber (Spot)              22,41        22,58         -0,7%          -0,17   -6,5% 
Platin (Spot)             895,90       906,50         -1,2%         -10,60  -16,1% 
Kupfer-Future               3,66         3,73         -1,7%          -0,07   -4,1% 
 
YTD bezogen auf Schlussstand des Vortags 
=== 

Kontakt zum Autor: maerkte.de@dowjones.com

DJG/mod/ros

(END) Dow Jones Newswires

August 15, 2023 06:49 ET (10:49 GMT)