Brüssel/Berlin (Reuters) - Die EU-Kommission hat ein Maßnahmenpaket vorgestellt, um Lieferketten abzusichern und unabhängiger von Ländern wie China zu werden.

Unter anderem sollen Investitionen von Firmen aus Ländern außerhalb der EU kritischer unter die Lupe genommen und im Notfall auch blockiert werden. Die Brüsseler Behörde will zudem eine stärkere Koordinierung von Exportkontrollen anstoßen, wie sie am Mittwoch mitteilte. Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck sprach von einer guten Grundlage für mehr Wirtschaftssicherheit. Vertreter der Wirtschaft mahnten an, Unternehmen einzuspannen, um nicht zu weit zu gehen.

Mit der Novelle der sogenannten EU-Screening-Verordnung soll das Instrument der Investitionsprüfung in allen 27 Mitgliedsstaaten verbindlich eingeführt werden. Die Zusammenarbeit soll sich auf heikle Fälle beschränken, wenn Deals ein Sicherheitsrisiko darstellen. Auch sollen Investitionen innerhalb der EU stärker unter die Lupe genommen werden, wenn der Investor von einer Firma aus einem Drittland kontrolliert wird. Die Pläne richten sich vor allem gegen China, auch wenn die Volksrepublik nicht namentlich genannt wird.

Grünen-Politiker Habeck sagte, konkret gehe es jetzt darum, die Ansiedlung und Produktion von Batterien, erneuerbaren Energien, Halbleitern sowie grünem Stahl und Wasserstoff zu fördern. Diese Bereiche gelten als besonders wichtig für den Umbau der Wirtschaft Richtung Klimaneutralität, zum Teil gibt es hier hohe Abhängigkeiten Europas von Asien und den USA. Die EU will daher die Abwanderung bestimmter Schlüsseltechnologien verhindern.

UMSETZUNG KÖNNTE HOLPRIG WERDEN

Ausländische Investitionen in der EU seien ausdrücklich erwünscht, betonte die EU-Kommission. Allerdings stellten manche Transaktionen ein Risiko dar. Die Kommission habe sich über 1200 ausländische Direktinvestitionen angesehen. Die EU-Staaten sollen künftig Daten über solche Transaktionen erheben und auswerten. Außerdem sollen sie sich enger in der Forschung und Entwicklung abstimmen.

Die Umsetzung der Maßnahmen dürfte sich aber als holprig erweisen, weil Export- und Investitionskontrollen Aufgabe der 27 EU-Mitgliedsstaaten sind. "Die Implementierung wird schwierig", sagte ein EU-Diplomat. "Aber es gibt eine neue geopolitische Realität." Die Kommission hat immer wieder den russischen Angriff auf die Ukraine verurteilt und vor Cyber-Attacken sowie Angriffen auf die Infrastruktur der EU gewarnt.

Der deutsche Digitalverband Bitkom teilte mit, nur gemeinsam könnten die EU-Staaten ihre digitale und wirtschaftliche Souveränität stärken, einseitige Abhängigkeiten abbauen und im globalen Wettbewerb bestehen. 75 Prozent der Unternehmen sähen Deutschland bei Halbleitern und 74 Prozent bei Künstlicher Intelligenz abhängig. 60 Prozent sagten dies über Quantencomputer. "Die EU muss ihre digitale Souveränität massiv steigern und mehr eigene Fähigkeiten bei Schlüsseltechnologien aufbauen", so Bitkom-Präsident Ralf Wintergerst. Exportbeschränkungen seien aber auch ein Risiko für Unternehmen. Deswegen müsse die Wirtschaft von Anfang an miteinbezogen werden in die Pläne.

(Bericht von Philip Blenkinsop und Christian Krämer, redigiert von Ralf Banser. Bei Rückfragen wenden Sie sich an unsere Redaktion unter berlin.newsroom@thomsonreuters.com (für Politik und Konjunktur) oder frankfurt.newsroom@thomsonreuters.com (für Unternehmen und Märkte).)