Vevey (awp) - Nestlés Aktionäre werden an der kommenden Generalversammlung vom 18. April über ein von der aktivistischen britischen Aktionärsorganisation Shareaction eingereichtes Traktandum abstimmen. Die Organisation will Nestlé dazu bringen, in den Unternehmensstatuten ein Bekenntnis zu einem gesünderen Portfolio zu machen. Nestlé arbeite jedoch bereits mit Hochdruck an einem gesünderen Portfolio, hält das Unternehmen fest.

Wie mehrere britische Medien in der Nacht auf Donnerstag berichteten, verlangt Shareaction unter anderem, dass Nestlé seinen Umsatzanteil an gesünderen Produkten erhöht. Die NGO will mit ihrem Antrag erreichen, dass Nestlé Leistungsindikatoren (KPIs) veröffentlicht, die absolute und anteilige Verkaufszahlen für Lebensmittel und Getränke nach ihrem Gesundheitswert aufführen.

"Da es Nestlé immer wieder versäumt hat darzulegen, wie das Unternehmen seine Verkäufe auf gesündere Lebensmittel umstellen will, bleibt besorgten Anlegern keine andere Wahl, als an der Generalversammlung des Unternehmens im April einen Antrag einzureichen", wird die Geschäftsführerin von Shareaction in diversen Medien zitiert. Die Organisation habe Investoren mit einem gesamten verwalteten Vermögen von 1,68 Billionen US-Dollar vereint, die den Antrag unterstützten. Zu den Befürwortern gehören etwa Legal and General Investment Management, Candriam und La Francaise Asset Management. Wie hoch der Anteil ist, den die Befürworter an Nestlé halten, geht aus den Berichten aber nicht hervor.

Shareaction wirft Nestlé vor, mehr als die Hälfte des Umsatzes mit Produkten zu machen, die ein Health Star Rating von weniger als 3,5 Punkten erreichten. Das Health Star Rating ist ein von den Regierungen Australiens und Neuseelands entwickeltes System zur Beurteilung von Lebensmitteln nach verschiedenen Kriterien wie Nährstoff-, Zucker- oder Salzgehalt. Die Bewertung geht von einem halben Punkt (schlecht) bis zu fünf Punkten (gut). Laut Shareaction weisen total drei Viertel des Nestlé-Portfolios einen hohen Gehalt an Salz, Zucker und Fetten auf.

Das Unternehmen selbst verneint diese Aussage indes vehement: "Im ersten Jahr unserer Berichterstattung über den Nährwert unseres Portfolios sind nahrhaftere und spezialisierte Nahrungsmittel von 57 auf 59 Prozent des Gesamtumsatzes - ohne Tierfutter - gestiegen", sagte ein Unternehmenssprecher auf Anfrage der Nachrichtenagentur AWP.

Nestlé arbeite schon seit Jahren daran, das Portfolio anzupassen und die Rezepturen seiner Produkte neu zu formulieren. Ausserdem sei das Unternehmen "der erste Lebensmittelhersteller, der vollständige Transparenz über den Nährwert seines gesamten Portfolios hergestellt hat", so der Sprecher. Tatsächlich stieg der Umsatzanteil der Kategorien Kaffee, Tierfutter und der Gesundheitssparte Nestlé Health Science laut Geschäftsbericht innerhalb der letzten zehn Jahre von weniger als einem Drittel auf die Hälfte des Gesamtumsatzes.

Nestlé wirft Shareaction vor, bei der Betrachtung des Gesamtumsatzes der Gruppe manche Kategorien wie Kaffee, Vitamine und Mineralstoffe oder Nahrungsergänzungsmittel ausgeschlossen zu haben. Darum komme man auf die falsche Behauptung, dass drei Viertel des Portfolios ungesund seien.

"Wir haben uns das ehrgeizige Ziel gesetzt, den Umsatz unserer nahrhafteren Produkte bis 2030 um 20 bis 25 Milliarden Franken zu steigern. Das ist am obersten Ende unserer Zielsetzung für das Unternehmenswachstum", so der Sprecher. Die NGO verlangt aber nicht nur ein absolutes, sondern vor allem auch ein umsatzanteiliges Ziel. Sprich: Ein bestimmter Anteil des Gesamtumsatzes soll aus gesunden Produkten bestehen.

Doch dies würde laut dem Sprecher bedeuten, dass man "wichtige Teile des Portfolios schwächen" müsste und so "Chancen für Konkurrenten schaffen" würde. "Anteilsmässige oder proportionale Ziele sind völlig falsch: Shareaction schreibt dem Unternehmen vor, welche Kategorien wachsen dürfen und welche nicht. So etwas gehört nicht in die Statuten. Die Handlungsfreiheit des Unternehmens wird damit eingeschränkt", so der Sprecher. Das Unternehmen lehne den Antrag der NGO deshalb ab.

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