BERLIN (dpa-AFX) - Der parlamentarische Geschäftsführer der Unionsfraktion, Thorsten Frei (CDU), sieht in dem von der Bundesregierung geplanten Aussetzen der Schuldenbremse ein "gewagtes rechtliches Manöver". "Ich stelle es mir schwierig vor, dass man zu Beginn des Jahres nicht von einer Notlage spricht, wir allerdings die Grundlage dessen, was jetzt zur Grundlage einer Notlage werden soll, im Grunde genommen vor einem Jahr schon hatten", sagte Frei am Freitag im Deutschlandfunk. Er wüsste nicht, "was sich an neuen Erkenntnissen ergeben hätte und welche Begründung man da jetzt letztlich nachschieben wollte".

Auf die Frage, ob die Union noch einmal klagen würde, sagte Frei, das wolle er ausdrücklich offen lassen. Es gehe darum, "vernünftig dieses Jahr abzuschließen". "Es bringt ja nichts, über vergossene Milch zu sprechen, sondern es ist sehr viel entscheidender, jetzt zügig, aber verlässlich zu einem Nachtragsetat zu kommen." Das könne in der nächsten Woche passieren. Auf dieser Grundlage könne der Haushalt 2024 angegangen werden. "Und da wird es dann tatsächlich darum gehen, dass priorisiert wird und dass vor allen Dingen gespart wird." Würde das für den Haushalt 2024 nicht getan, würde die Entscheidung des Verfassungsgerichts umgangen, sagte der CDU-Politiker.

Einen Vorstoß seines Parteikollegen, des Berliner Regierenden Bürgermeisters Kai Wegner (CDU), die Schuldenbremse zu reformieren, wies Frei zurück. Diese ermögliche in ihrer jetzigen Form bereits Flexibilität, auf schlechte Zeiten zu reagieren und sei deshalb "eine intelligente und gute, generationengerechte Schuldenbremse".

Wegen des Karlsruher Haushaltsurteils will die Ampel-Koalition für dieses Jahr die Ausnahmeregelung der Schuldenbremse nutzen. Finanzminister Christian Lindner (FDP) kündigte am Donnerstag an, er werde dem Kabinett in der kommenden Woche in Absprache mit Kanzler Olaf Scholz (SPD) und Vizekanzler Robert Habeck (Grüne) einen Nachtragshaushalt vorlegen. Eine Ministeriumssprecherin fügte hinzu, die Bundesregierung werde dem Bundestag vorschlagen, eine außergewöhnliche Notlage zu erklären. Auf diesem Weg sollen Kredite nachträglich rechtlich abgesichert werden, die in diesem Jahr bereits genutzt wurden.

Nach der im Grundgesetz verankerte Schuldenbremse wird dem Bund eine Nettokreditaufnahme in Höhe von maximal 0,35 Prozent des Bruttoinlandsprodukts gestattet. Er kann aber eine Ausnahmeregelung in Anspruch nehmen bei Naturkatastrophen oder außergewöhnlichen Notsituationen. Solche waren mit der Corona-Pandemie und den Folgen des russischen Angriffskrieg gegen die Ukraine gegeben./kli/DP/tih