FRANKFURT (DEUTSCHE-BOERSE AG) - 21. Juli 2016. Die Erholung an den Rohstoffmärkten beschert russischen Aktien zum Teil hohe Zuwächse.

Für die russische Wirtschaft scheint die Talsohle zum Greifen nahe. Mit den jüngsten Prognosen kassiert der Internationale Währungsfonds seine bisherigen Erwartungen und sieht das Land nach einem konjunkturellem Einbruch von 3,7 Prozent im vergangenen Jahr in diesem Jahr nur noch 1,2 Prozent im Minus. 2017 soll ein Plus von 0,8 Prozent möglich sein. Mittelfristig erwartet der IWF für die Russen ein Wachstum von rund 1,5 Prozent.

"So richtig rund läuft die Konjunktur in Russland allerdings noch nicht", warnt Michael Arras vor zu viel Optimismus. Zudem sei sowohl der russische Rubel als auch die politische Situation instabil. Andererseits rechnet der Händler der Oddo Seydler Bank nach den gescheiterten OPEC-Verhandlungen über eine Drosselung der Ölfördermenge mit einer Ausweitung der russischen Ölproduktion. Dadurch könne die russische Regierung zusätzliche Einnahmen generieren.

Rohstoffe treiben den Markt

"Die Erholung Russlands hat insgesamt viel mit der Entwicklung an den Rohstoffmärkten zu tun", bemerkt Arras, da Öl, Getreide, Gas, Eisenerze und Holz für Putin die Hauptertragsbringer seien. Etwa legte ein Barrel des Nordseeöls Brent seit dem Tief der vergangenen zwölf Monate von etwas unter 28 US-Dollar auf über 47 US-Dollar zu. Das entspricht einem Anstieg von immerhin knapp 70 Prozent. In Verbindung mit einem schwachen Wechselkurs profitierten Unternehmen wie Rosneft (WKN A0J3N5), Lukoil (WKN A1420E) und Gazprom (WKN 903276), dessen Aktien auf Eurobasis seit Mitte Januar rund 67, 68 und 42 Prozent nach oben kletterten.

Die niedrigere Performance von Gazprom führt Jan Vrbsky, Spezialist der Baader Bank, auf die hohe staatliche Beteiligung zurück. "Das Unternehmen wird von der Politik häufig instrumentalisiert", begründet der Händler der Baader Bank. Für Finanzinvestoren sei deshalb die Ausrichtung auf Wertsteigerung weniger erkennbar. Dennoch komme das Staatsunternehmen ebenso wie der skandalfreie Lukoil-Konzern mit seinem stabilen Management auf eine überzeugende Dividende in Höhe von 5,5 Prozent. "Auf dem gegenwärtigen Zinsniveau ist das für viele Anleger interessant."

Im globalen Vergleich ganz vorn

Nach der Durststrecke in den aufstrebenden Staaten orientieren sich Aktionäre generell wieder stärker Richtung Schwellenländer. Seit Jahresbeginn machte der in US-Dollar notierte RTS mit seinen über 50 nach Marktkapitalisierung größten russischen Konzernen rund 25 Prozent gut. "Damit belegt Russland weltweit den fünften Rang nach Brasilien, Peru, Namibia und Kolumbien, weiß Vrbsky. "Im Vergleich dazu hinken die entwickelten Märkte - allen voran Italien, Irland, Spanien und Portugal - deutlich hinterher." Selbst der Dow Jones Industrial erreiche in diesem Jahr trotz neuer Rekorde lediglich ein Plus von 5,59 Prozent.

Finanzbranche zieht mit

Auch in der russischen Bankenbranche scheinen Anleger Potenzial zu erkennen. Trotz westlichem Embargo verdoppelte sich der Kurs der Sberbank-Aktie (WKN A1JB8N) seit Mitte Februar, gleichzeitig verteuerte sich die VTB-Aktie (WKN A0MQ3G) um 34 Prozent. "Die Ertragssituation der Finanzhäuser lässt zwar zu wünschen übrig", urteilt Vrbsky. Das gelte allerdings auch für die meisten westeuropäischen Banken.

Mit Vorsicht genießen

Nach drei schwierigen Jahren zwischen Russland und dem Westen macht Vrbsky erste Signale einer Verbesserung der Beziehung zueinander aus. "Putin scheint die Annäherung an den Westen zu suchen." Sollte es Russland gelingen, das Verhältnis zu den USA und Europa zu stabilisieren, käme dies nach Ansicht von Vrbsky dem russischen Aktienmarkt zugute.

Russische Aktien werden an der Börse Frankfurt übrigens nicht direkt gehandelt, sondern als ADR. Diese so genannten American Depositary Receipts sind von Banken ausgegebene Hinterlegungsscheine, die das Eigentum an den Aktien verbriefen. ADR-Besitzer haben ähnliche Rechte wie Aktieninhaber.

von Iris Merker 21. Juli 2016,

Sie können sich kostenlos für unseren täglichen Newsletter per E-Mail anmelden. Registrieren Sie sich bei www.boerse-frankfurt.de/newsletter

Laden Sie sich jetzt die neue Version der Börse Frankfurt-App für Android oder iOS herunter, bzw. aktualisieren Sie die Version auf Ihrem Smartphone. Die App bietet jetzt kostenlose Xetra-Preise in Realtime. Bis zu drei Titel können Sie in Ihre Watchlist aufnehmen. Außerdem: Broker-Buttons für den direkten Weg in Ihre Ordermaske, Watchlists ohne Anmeldung u.v.m.

Unterstützen Sie uns bitte mit Ihrem Feedback - im App-Store oder direkt per Mail an uns.

© Deutsche Börse AG

(Für den Inhalt der Kolumne ist allein Deutsche Börse AG verantwortlich. Die Beiträge sind keine Aufforderung zum Kauf und Verkauf von Wertpapieren oder anderen Vermögenswerten.)