Von Markus Klausen
FRANKFURT (Dow Jones)--Die gesamte Autobranche erlebt aktuell eine außergewöhnliche Situation: Die Nachfrage nach Neufahrzeugen ist so hoch wie seit Jahrzehnten nicht mehr, doch die Hersteller können nicht produzieren. Von den Lieferengpässen bei Halbleitern ist Volkswagen als Marktführer besonders betroffen. Alleine im dritten Quartal, für das VW am Donnerstag die Geschäftszahlen veröffentlicht, dürften 500.000 Autos oder rund 20 Prozent weniger aus den Werkshallen gerollt sein als im Vorquartal. Trotz des erwarteten Gewinneinbruchs dürfte die Jahresprognose stehen.
Auf die folgenden Punkte sollten Investoren achten:
Produktionsverlust wegen fehlender Chips: Im Jahresvergleich dürfte der Produktionsrückgang in den drei Monaten sogar bei rund 25 Prozent liegen. Betroffen ist vor allem die Kernmarke, da VW margenstärkere Premiumfahrzeuge von Audi und Porsche bei der Fertigung bevorzugt hat. Aktuell, so Schätzungen von UBS-Analyst Patrick Hummel, dürften rund 150.000 Autos halbfertig in den Werkshallen stehen. In der Summe wird der Gewinn den Konsensschätzungen zufolge um knapp ein Zehntel, der Nettogewinn um knapp ein Viertel abgerutscht sein. Bei der Kernmarke und Seat rechnen Analysten sogar mit einem operativen Verlust.
Gewinneinbruch dank höherer Preise nicht ganz so heftig: Die massiven Einbrüche bei den Neuverkäufen kann VW, wie andere Hersteller auch, allerdings zumindest teilweise durch höhere Preise ausgleichen. Sowohl bei neuen Autos als auch Gebrauchten sei die Preisentwicklung weiterhin äußerst positiv. Im Endeffekt sollte VW laut UBS somit im dritten Quartal noch eine operative Marge von 4,3 Prozent erzielt haben, Metzler-Analyst Jürgen Pieper sieht die Rendite mit 5 Prozent etwas höher. Im zweiten Quartal hatte VW noch eine Marge von 10 Prozent erreicht.
Prognose wackelt nicht: Trotz der aktuellen Belastungen sollte VW die im Sommer leicht angehobene Prognose bekräftigen. Für den Konzern wird 2021 eine operative Rendite von 6 bis 7,5 Prozent erwartet. Bank-of-America-Analyst Horst Schneider traut VW mit 7,8 Prozent Rendite etwas mehr zu. "VW erzielte sehr gute Ergebnisse im ersten Quartal 2021 und hat einen Sicherheitspuffer für das zweite Halbjahr bei der Prognose", so Schneider. VW dürfte die konservative Prognose für das Gesamtjahr bestätigen, meint Analyst Pieper. "Wir sehen praktisch kein Risiko für eine Gewinnwarnung und keine echte Chance für eine positive Revision der Ziele."
Starker Ausblick für 2022? Das dritte Quartal wird nach einhelliger Meinung der Tiefpunkt sein, von dem es angesichts stetig höherer Chip-Lieferungen kontinuierlich aufwärts gehen sollte. Kommendes Jahr sollte der Markt rasant zulegen. VW dürfte dann von allen deutschen Autoherstellern die beste Gewinndynamik erzielen, so Pieper. Allerdings seien die Schätzungen für die Wolfsburger am Markt für kommendes Jahr und besonders 2023 bereits hoch, warnt Analyst Schneider. Angesichts vieler neuer Modelle dieses Jahr dürfte VW den Höchststand bei den Margen um 2021 oder 2022 erreichen. Im kommenden Jahr und 2023 stünden nicht mehr viele neue Modelle an, vor allem kaum Autos mit Verbrennungsmotor, mit denen VW nach wie vor die höchsten Renditen erzielt.
Nachfolgend eine Auswertung der Prognosen von Analysten zum dritten Quartal, Neunmonatszeitraum und Gesamtjahr 2021:
=== . PROG PROG PROG 3. QUARTAL 3Q21 ggVj Zahl 3Q20 Umsatz 54.774 -8% 8 59.355 Operatives Ergebnis 2.706 -15% 8 3.183 Operatives Ergebnis* 2.632 -17% 4 3.183 Ergebnis vor Steuern 2.703 -25% 3 3.603 Ergebnis nach Steuern/Dritten 1.984 -23% 4 2.583 Erg je Vorzugsaktie verwäss./unverwäss. 3,77 -26% 3 5,12 Operatives Ergebnis Sparten: Volkswagen PKW -48 -- 4 522 Audi 812 -- 4 -422 Porsche 832 +12% 4 741 Skoda 12 -95% 4 241 SEAT -107 -- 4 -561 Volkswagen Nutzfahrzeuge -97 -- 4 -696 MAN Nutzfahrzeuge -31 -- 3 -884 Finanzdienstleistungen 1.152 +141% 4 477 Scania 325 -- 3 -459 . PROG PROG PROG GESAMTJAHR Gj21 ggVj Zahl Gj20 Umsatz 248.549 +12% 17 222.884 Operatives Ergebnis 18.807 +94% 17 9.675 Operatives Ergebnis* 19.286 +82% 7 10.607 Ergebnis vor Steuern 19.013 +63% 14 11.667 Ergebnis nach Steuern/Dritten 13.866 +66% 16 8.334 Erg je Vorzugsaktie verwäss./unverwäss. 27,57 +65% 10 16,66 Dividende je Vorzugsaktie 7,39 +52% 13 4,86
-* vor Sondereinflüssen
- alle Angaben in Millionen Euro, Ausnahme Ergebnis und Dividende je Aktie in Euro
- Bilanzierung nach IFRS
- Quellen: Angaben des Unternehmens. Prognosen von Factset - 9M21 kumuliert (1H21 rep + 3Q21 Schätzungen)
- ggVj = Veränderung in Prozent gegenüber dem entsprechenden Vorjahreszeitraum
- das Geschäftsjahr entspricht dem Kalenderjahr
- alle Angaben ohne Gewähr
Kontakt zum Autor: markus.klausen@dowjones.com
DJG/kla/sha
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October 27, 2021 04:52 ET (08:52 GMT)