Von Charley Grant

NEW YORK (Dow Jones)--Aktien der US-Krankenversicherer dürften sich im kommenden Jahr gut entwickeln, wenn man bedenkt, in was für einem herausfordernden Umfeld sie sich 2020 behauptet haben.

Im laufenden Jahr, das voll unangenehmer Überraschungen war, haben es die Krankenversicherer geschafft, zu prosperieren. Die Covid-19-Pandemie hat die Gewinne der US-Krankenversicherer im Frühjahr kurzfristig enorm hochgehievt, da nicht akut erforderliche Eingriffe - und damit viele teure Versicherungsansprüche - mangels Kapazität abgesagt wurden. Dieser Schwung wird sich im kommenden Jahr wieder umkehren, wenn Patienten die aufgeschobenen Behandlungen nachholen. Die Auswirkungen auf die Ergebnisse dürften aber noch verkraftbar sein.

Die Unitedhealth Group, der größte börsennotierte Versicherer in den USA, rechnet mit einem Rückgang des Gewinns pro Aktie um 1,80 Dollar aufgrund der Kosten im Zusammenhang mit der Pandemie. Diese Schätzung beinhaltet Faktoren, die direkt mit der Gesundheitsversorgung zusammenhängen, wie z.B. eine Zunahme der Interventionen und der laufenden Kosten für Covid-19-Tests und Behandlungen der Erkrankten. Sie beinhaltet auch die Auswirkungen der höheren Arbeitslosigkeit und anderer wirtschaftlicher Belastungen.

Dank des starken Zuwachses an Versicherten in Bereichen wie Medicare Advantage rechnet der Versicherer jedoch damit, 2021 mit einem GAAP-Gewinn von 16,90 bis 17,40 US-Dollar je Aktie, was einem Wachstum von etwa 8 Prozent zum Vorjahr entspricht. Diese Schätzung ist wohl konservativ, da zumindest einige coronabedingte Belastungen wohl nicht wiederkehren werden. Man darf nicht vergessen, dass Unitedhealth bekannt ist für konservative Schätzungen, die der Konzern dann übertreffen kann.


   Risiken durch Politik und Amazon für Sektor begrenzt 

Andere Risiken, die nichts mit Covid-19 zu tun haben, scheinen ohne große Probleme aufgetaucht und wieder verschwunden zu sein. Der Affordable Care Act aus dem Jahr 2010, der sich als äußerst vorteilhafter rechtlicher Rahmen für die Branche erwiesen hat, wird wohl auch weiterhin in Kraft bleiben. Während der US Supreme Court vergangenen Monat eine weitere Anfechtung des Gesetzes hörte und eine Entscheidung noch aussteht, äußerten sich während der mündlichen Verhandlung mehrere konservative Richter gemeinsam mit Liberalen skeptisch, dass das das gesamte Gesetz zu Fall bringen würde.

Weiterhin ist die endgültige Zusammensetzung des Senats noch ungewiss, aber eine "blaue Welle" - also ein überwältigender Sieg der Demokraten -, die die Investoren in Aktien aus dem Gesundheitssektor befürchtet hatten, hat es nach den Wahlen im November nicht gegeben. Eine umfassende Reform des Sektors ist daher in nächster Zeit unwahrscheinlich, zumal der Fokus weiterhin auf der Pandemie liegt. "Die Gesundheitsindustrie und (Capitol) Hill haben weitgehend Waffenstillstand geschlossen, während wir auf Covid reagieren", sagt Barrett Thornhill, Partner bei der Lobby-Firma Forbes Tate.

Langfristig ist Amazons lang erwarteter Start des Apothekengeschäfts im vergangenen Monat sicher eine Bedrohung für die Apotheken im Einzelhandel. Aber eine völlige Umwälzung des Verkaufs von verschreibungspflichtigen Medikamenten, die theoretisch die Gewinne von Versicherern und ihren Tochtergesellschaften, den Pharmacy-Benefit-Managern (PBM), treffen würde, scheint wenig wahrscheinlich. Immerhin hat Amazon Inside mit Rx eine Tochtergesellschaft von Cigna gebeten, das Medikamenten-Rabattprogramm für seine Prime-Mitglieder zu verwalten.

Wie im schnell steigenden Hausse-Markt üblich, preisen Investoren bei Versicherungsaktien freudige Erwartungen ein. Unitedhealth handelt beim 20-Fachen des mittleren Wertes der Gewinnprognose für 2021. Das ist für Versicherer in der jüngeren Geschichte eher hoch. Aber in einem Markt, in dem schon ein spannender Businessplan zu einer überzogenen Bewertung führen kann, ist es nicht verrückt, einen Aufschlag für einen ausgewiesenen Gewinner zu zahlen.

Und selbst in einem schwierigen Jahr haben sich die Aktien des US-Gesundheitssektors recht gut entwickelt. Unitedhealth hat 2020 bisher um 16 Prozent zugelegt, Humana etwa 11 Prozent. Man sollte nicht überrascht sein, wenn 2021 noch gesündere Ergebnisse liefert.

Kontakt zum Autor: unternehmen.de@dowjones.com

DJG/DJN/uxd/jhe

(END) Dow Jones Newswires

December 11, 2020 07:22 ET (12:22 GMT)