MÜNCHEN (dpa-AFX) - Der Finanzinvestor und Großaktionär Cinven will Europas größten Labordienstleister Synlab komplett übernehmen. Er legte am Freitag ein konkretes Angebot vor. Damit lässt Cinven seiner Interessensbekundung aus dem März Taten folgen. Der Angebotspreis liegt mit zehn Euro auf dem von Synlab erwarteten Niveau. Cinven und Synlab schlossen in diesem Zusammenhang bereits eine Investmentvereinbarung.

Synlabs Aktienkurs zog infolge der Neuigkeiten um 23 Prozent auf 9,98 Euro an. Damit lag er noch zwei Cent unter dem Angebotspreis. Mit kaum mehr als acht Euro war der Kurs zuvor auf den tiefsten Stand seit März gerutscht - Anleger hatten den Glauben an eine Übernahme offenbar verloren. Synlab hatte während der Corona-Pandemie von der hohen Nachfrage nach Labortests profitiert. Der Aktienkurs der Gesellschaft war bis November 2021 auf den Rekordwert von 25 Euro geklettert.

Mit dem Kaufangebot von 10 Euro je Anteilsschein kommt Synlab auf eine Bewertung von rund 2,2 Milliarden Euro. Das entsprechende Angebot veröffentlichte am Freitag die Holdinggesellschaft Ephios Luxembourg S.à r.l., die mit dem Finanzinvestor Cinven verknüpft ist. Eine Mindestannahmeschwelle wird es dabei nicht geben.

Bereits nach einer ersten Interessensbekundung im März hatte Synlab zehn Euro als möglichen Preis genannt. Der Großaktionär hält rund 43 Prozent der Synlab-Anteile. Die Transaktion wird von den übrigen Kernaktionären wie der Novo Holdings und des Ontario Teachers' Pension Plan Board unterstützt.

Synlab-Gründer Bartholomäus Wimmer habe sich ebenfalls verpflichtet, 60 Prozent seiner Aktien im Rahmen des Angebots zu veräußern und die verbleibenden Aktien zu reinvestieren. Damit hat Cinven sich bereits den Zugriff auf fast 80 Prozent der Anteile gesichert, wie es hieß.

Vorstand und Aufsichtsrat von Synlab erklärten, dass das Angebot eine "potenziell attraktive Ausstiegsmöglichkeit für kurzfristig orientierte oder risikoscheue Investoren" darstelle, der Angebotspreis jedoch nicht den langfristigen Wert des Unternehmens widerspiegele. Man kenne Cinven als langjährigen, unterstützenden Aktionär und erwarte eine "gute weitere Zusammenarbeit".

Die beiden Gremien haben daher den Angaben zufolge der Unterzeichnung der Investmentvereinbarung zugestimmt und sehen dem beabsichtigten Angebot von Cinven "wohlwollend" entgegen. Die Investmentvereinbarung sieht auch vor, dass der derzeitige Vorstand das Unternehmen weiterhin führt und der Hauptsitz in München bleibt.

Cinven hatte Synlab erst im Frühjahr 2021 an die Börse gebracht. Der Ausgabepreis hatte damals 18 Euro betragen; die Bewertung lag damit bei rund vier Milliarden Euro. Nun könnte der Labordienstleister bereits wieder von der Börse verschwinden. Die Geschichte ähnelt dabei dem Übernahmeangebot des Investors EQT für Suse. Der Softwareanbieter war ebenfalls im Frühjahr 2021 an die Börse gebracht worden, ehe EQT in diesem Jahr die Rolle rückwärts einleitete. Als Grund für den Rückzug von der Börse nannten die Unternehmen geschäftliche Probleme.

Synlab ist nach eigenen Angaben Marktführer im Bereich der medizinischen Diagnostik und Spezialtests in Europa. Das Unternehmen hat inzwischen ein Kostensenkungsprogramm gestartet, 21 Millionen Euro wurden den Angaben zufolge so im ersten Halbjahr eingespart. Unter anderem hatte sich der Konzern von seinen Aktivitäten in der Schweiz getrennt, und in Mexiko wurden sämtliche Aktivitäten an einem Standort vereint./jcf/nas/zb