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Rede der Vorstandsvorsitzenden

Ordentliche Hauptversammlung der

Frau Heike Barth

STINAG Stuttgart Invest AG

am 23. Mai 2023

Meine sehr geehrten Aktionärinnen und Aktionäre, sehr geehrte Aktionärsvertreter,

sehr geehrte Damen und Herren,

ich begrüße Sie zur heutigen 152sten Hauptversammlung der STINAG Stuttgart Invest AG und heiße Sie hierzu sehr herzlich willkommen.

Ich freue mich, dass wir uns in diesem Jahr - nach drei Jahren virtueller Hauptversammlung - nun wieder persönlich austauschen können, sei es im direkten Gespräch mit Ihnen vor und nach der Hauptversammlung, vor allem aber im Rahmen der informativ und umfassenden Ge- neraldebatte.

Gerne gebe ich Ihnen, meine sehr geehrte Aktionärinnen und Aktionäre, im Rahmen meiner Rede einen Überblick zu den Auswirkungen der geo-, wirtschafts- und finanzpolitischen Ent- wicklungen sowie der steigenden Zinslandschaft und damit deren direkten und indirekten Ein- flüsse auf den Immobilienmarkt und schlussendlich auf die Immobilienaktivitäten der STINAG- Gruppe in 2022. Danach werde ich auf die konzernweit bedeutenden Geschäftsereignisse des Jahres 2022 und die wesentlichen Kennzahlen aus der Entwicklung der Vermögens-, Finanz- und Ertragslage im Konzern- und Einzelabschluss für das Geschäftsjahr 2022 eingehen.

Selbstverständlich stelle ich Ihnen die Gründe für die nicht zufriedenstellend verlaufende Kurs- entwicklung und damit Marktkapitalisierung dar.

Der darauffolgende Ausblick wird sich auf die Verwerfungen des Immobilienmarktes und schlussendlich deren Bedeutung für das STINAG-Immobiliengeschäft und den Auswirkungen auf die geplanten Geschäftsaktivitäten der Jahre 2023 und 2024 der STINAG-Gruppe erstre- cken.

Auswirkungen der geo-, wirtschafts- und finanzpolitischen Umbrüche auf die Gesamtwirtschaft

Das Jahr 2022 stand im Zeichen von fundamentalen geo-, wirtschafts- gesellschaftspolitischen Umbrüchen. Vor allem Deutschland als bisherige "Lokomotive" Europas steht vor erhebliche Herausforderungen. Zur Vermeidung eines dauerhaften Wohlstandsverlustes müssen die zu- kunftsweisenden Chancen erkannt und vorausschauend strategische Lösungen gefunden werden, die zügig zur Umsetzung kommen. Der Wandel ist unausweichlich und damit auch nicht mehr aufhaltbar. Uns allen muss klar sein, dass die richtigen zu ergreifenden Maßnah- men zwar zum Teil schmerzlich, zugleich aber auch im Hinblick auf die Aufrechterhaltung ei- nes künftigen Wohlstandslevels notwendig für uns alle sein werden. Die sich zu Beginn des Jahres 2022 erhofften positiven Zukunftsaussichten im Zuge des schrittweisen Endes der Corona-Pandemie sind leider nicht eingetreten. Der seit Längerem schon schwelende Ukra- ine-Russland-Konflikt eskalierte im Februar 2022 in einem unvorstellbaren Krieg mit erhebli- chen Auswirkungen für Europa, vor allem aber auch für Deutschland. Zugleich legte diese Zuspitzung die Schwächen der deutschen Politik sowie der deutschen Wirtschaft offen.

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So mündete die seit Jahrzehnten verfolgte Energiepolitik in einer Energieabhängigkeit Deutschlands, die gewinnmaximierende Globalisierung ohne redundante Wege - wie bereits die Corona-Krise offen legte - zeigte in aller Schärfe die negative Kehrseite für die Wertschöp- fungsketten deutscher Unternehmen. Massiv steigende Energiepreise im Kontext einer be- fürchteten Energieknappheit sowie nie vorstellbare Lieferstopps und Lieferverzögerungen mit exorbitanter Preissteigerung belasten in erheblichem Maße die Unternehmen und damit jeden Einzelnen von uns.

Die hieraus resultierende Inflation lähmt im zunehmenden Maße den stets starken privaten Konsum. Über im Aktionismus und ohne strategischen Weitblick in die Wege geleiteten wirt- schaftspolitischen Unterstützungsmaßnahmen, die die grundlegende Problematik nicht lösen, wird der nächsten Generationen eine Last im erheblichen Maße aufgebürdet. Politische Ent- scheidungen der uneins agierenden Regierung führen zu der Verabschiedung von Gesetzen, die die Investitions- und Innovationskraft der deutschen Unternehmen nahezu zum Erliegen bringen und damit den Wirtschaftsstandort Deutschland auf die Zukunft hin nicht nur schwä- chen, sondern auch gefährden.

Ein weiterer aktuell das Wirtschaftswachstum beeinträchtigender Faktor, der trotz alledem eine notwendige Eindämmungsmaßnahme in Bezug auf die gefährliche auf hohem Niveau befind- liche Inflationsentwicklung darstellt, ist die seit Mitte 2022 von der EZB forcierte schrittweise Erhöhung des Leitzinses. Insbesondere die Unklarheit über Dauer und Umfang der Zinsan- passungen hemmen die Investitionsbereitschaft der deutschen Unternehmen und den privaten Konsum.

All dies steht zudem im Kontext der notwendigen Bewältigung und Chancennutzung der Transformation - und damit im Sinne der demografischen Entwicklung, der Digitalisierung, der Deglobalisierung und der Dekarbonisierung - so dass Deutschland auch in Zukunft konkur- renzfähig sein kann.

Damit steht Deutschland auf politischer, wirtschaftlicher sowie gesellschaftlicher Ebene vor erheblichen Herausforderungen die es nicht zulassen, sich mit der Momentaufnahme einer trotz aller problematischen Umstände relativ stabilen Wirtschaftslage zufriedenzugeben. Die Politik, die Unternehmen und die Wissenschaft in Deutschland, Europa sowie weltweit müssen einzeln aber vor allem im Kollektiv ihren Beitrag dazu leisten, eine grundlegende politische Weltstabilität, ein beständiges Wirtschaftswachstum und eine angemessen nachhaltige Zu- kunft zu schaffen. Für Deutschland bedeutet dies zudem, wegweisende und innovative politi- sche Entscheidungen im Rahmen einer realistisch umsetzbaren mittel- und langfristigen Energie - und Klimapolitik, eines Bürokratieabbaus sowie einer Digitalisierungsstrategie auf den Weg zu bringen, dass die Innovationskraft der deutschen Unternehmen stärkt.

Auswirkungen der geo-, wirtschafts- und finanzpolitischen Umbrüche auf den Immobilienmarkt

Von den Herausforderungen, die die makroökonomischen Rahmenbedingungen mit sich brin- gen, ist natürlich auch die Immobilienbranche erheblich konfrontiert; insbesondere aktuell in den ersten Monaten in 2023 ist eine regelrechte "Schockstarre" zu verzeichnen. Doch lassen Sie uns zunächst auf den Immobilienmarkt des Jahres 2022 blicken.

Nach der Corona-Krise erholte sich das Immobiliengeschäft in Deutschland, unterstützt von dem anhaltend niedrigen Zinsniveau bei gleichzeitig hohem Investitionsdruck, relativ zügig. Trendentwicklungen waren bereits schon vor der Pandemie zu verzeichnen, erhielten aller- dings mittels dieser nochmals einen deutlichen Schub. Der positive Verlauf des Immobilien- marktes setzte sich zunächst auch noch Anfang 2022 fort. Die zunehmenden politischen sowie wirtschaftlichen Verwerfungen hinterließen jedoch schrittweise ihre Spuren. Baukostensteige- rungen sowie Lieferengpässe und abrupt beendete KfW-Fördermittelprogramme zeigten sich im zweiten Quartal 2022 in einem ersten Rückgang der Auftragslage in der Bauwirtschaft um

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rund 11 Prozent. Der Vermietungs- und Transaktionsmarkt war hiervon noch nicht wirklich betroffen.

Vor allem aber der Einstieg in eine unvermeidbar gewordene Zinserhöhungspolitik der EZB Mitte 2022 beeinflusste die Immobilienaktivitäten, wie seit rund zehn Jahren nicht mehr, äu- ßerst negativ.

Projektentwickler können die Immobilienvorhaben aufgrund der hohen Finanzierungs- und Baukosten sowie deren schleppende Vorvermietungsquote nicht mehr kostendeckend reali- sieren. Potentielle Mieter treffen bedingt durch die wirtschaftliche Unsicherheit keine Entschei- dungen für die Anmietung von neuen Flächen, eher wird eine abwartende Haltung eingenom- men; zudem verringert sich die Flächennachfrage als Folge des New Works. Immobilieninves- toren oder Anleger auf dem Aktienkapitalmarkt wägen ihre Investmentaktivitäten äußerst kri- tisch im Vergleich zu Alternativinvestitionen mit geringeren Risiken und höherer Rendite-At- traktivität ab. Im Zuge dessen kamen Immobilienprojekte unabhängig davon ob diese sich in der Planungs- oder Realisierungsphase befanden, immer mehr ins Stocken, bzw. schlussend- lich zum Stopp.

Zugleich zeigt sich die Risikobetrachtung der Bankenseite immer kritischer, so dass für eine Finanzierbarkeit von Projektierungen nun verstärkt eine auskömmliche, sprich kapitaldienst- deckende Vermietungsquote, eine langfristige Mietvertragsstruktur sowie finanziell stabile Mieter, schlussendlich ein nachhaltiger Cashflow gefordert wird. Die Einhaltung der Nachhal- tigkeitskriterien - effizienter Gebäudebetrieb, Energiekonzept und Materialeinsatz wird für die Erlangung optimaler Finanzierungskonditionen immer bedeutsamer.

Diese Abwärtsentwicklung führte zum Teil zu einem deutlich erhöhten Abwertungsbedarf bei Immobilienunternehmen deren Portfolio geprägt ist "stranded assets".

Damit waren Ende 2022 erste leichte Preiskorrekturen zu erkennen, wenngleich Käufer sowie Verkäufer eine abwartende Haltung einnehmen. Ergänzend ist festzuhalten, dass Core-Ob- jekte nahezu nicht auf den Markt kommen. Insgesamt verliefen die Aktivitäten auf dem Trans- aktions- sowie Vermietungsmarkt in 2022 äußerst ruhig. Betrachten wir nun aber die Entwick- lungen bei den einzelnen Assetklassen:

Nach wie vor sind Büroimmobilien und Geschäftshäuser die tragende Säule des Investment- marktes. Allerdings war das Transaktionsvolumen in Stuttgart in Höhe von 1,1 Milliarden Euro im Jahr 2022 das niedrigste seit 2014. Dies spiegelt die aktuelle Marktlage wieder - bei den nachfragestarken Core-Objekten gibt es nur ein begrenztes bis gar kein Angebot, während bei den risikoreicheren Objekten auf der Verkäuferseite zwar eine Marktteilnahme aber mit nach wie vor zu hohen Preisvorstellungen gegeben ist und auf der Käuferseite wenn ein Kaufinte- resse besteht deutliche Preisabschläge verlangt werden. Dieses Marktgeschehen ließ die Spit- zenrenditen für Büroimmobilien von 2,7 Prozent für 1-A-Objekte und bis zu 3,5 Prozent für Risk-Objekte leicht steigen. Zudem lag die Leerstandsquote bei gerade einmal 4,3 Prozent, was den Wettbewerb nach Top-Bürogebäude und zukunftsweisende Flächen unterstreicht.

Betrachten wir den Bürovermietungsmarkt, so war dieser von einem äußerst geringen Angebot an hochwertigen Flächen geprägt, was die Spitzenmieten in Stuttgart auf rund 33 Euro je Quadratmeter und damit um rund 30 Prozent im Vergleich zum Jahr 2021 ansteigen ließ. Die Flächennachfrage verlagert sich zunehmend zu Objekten in Stuttgarter City-Lage, die eine gute Nahverkehrs- und Nahversorgungsanbindung bieten, und eine hohe Ausstattungsqualität sowie Betriebskosteneffizienz und Nachhaltigkeit gewähren.

Ein immer bedeutender werdendes Kriterium sind die Flächenanforderungen im Rahmen der New Work Thematik. Den Mitarbeitern müssen moderne Räumlichkeiten zur Verfügung ge- stellt werden, die Platz für eine optimale Arbeitswelt bieten, was wiederum die Innovationskraft und die Unternehmensidentifikation deutlich verbessern. Sozioökonomische Anforderungen

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sind neben der Gebäudelage und Gebäudequalität, der Wirtschaftlichkeit, der Nachhaltigkeit sowie der Digitalisierung immer bedeutender für die Flächenentscheidung.

Die kaufkraftbelastenden Faktoren der Wirtschaftsentwicklung im Jahr 2022 in Deutschland spiegelten sich auch in den Einzelhandelssegmenten "Lebensmittel" und "Online", die während der Pandemiejahre deutliche Zuwächse verzeichneten, negativ wieder. Das rückläufige Kon- sumverhalten zeigte sich aufgrund der vorherigen staatlichen Unterstützungsmaßnahmen zeitversetzt ab dem vierten Quartal 2022. Zugleich wurde der Strukturwandel im Einzelhandel hierdurch jedoch nochmals verstärkt, das Onlinegeschäft wird immer bedeutsamer was dazu führt, dass viele Einzelhändler - unabhängig davon ob "alteingesessene" Traditionsunterneh- men oder Handelsketten - mehr und mehr unter Druck geraten. Seitens der Einzelhändler sinkt dadurch die Flächennachfrage unentwegt weiter, Mieten verzeichnen einen Rückgang von durchschnittlich 18 Prozent im Jahr 2022 in Stuttgart, die damit deutlich unter dem Niveau des 10-Jahres-Durchschnitts liegen. Ausgenommen hiervon sind lediglich die Segmente Lu- xus und Discount, wo eine Stabilisierung, bzw. leichte Steigerung bei der Nachfrage nach Flä- chen sowie Mieten in Top-Objekten zu erkennen ist. Die Situation die noch vor fünf bis zehn Jahren galt, dass langfristig abgeschlossene Mietverträge ein Garant für den Erfolg von Ge- schäftshäusern sind, ist damit nicht mehr gegeben. Mietverträge im Einzelhandelssegment werden nur noch auf Basis einer Umsatzpacht oder einer kombinierten Fix- und Umsatzpacht mit kurzen Laufzeiten abgeschlossen. Für die Vermietungsseite ist es von besonderer Bedeu- tung, dass das Einzelhandelskonzept des potentiellen Mieters mit den Trendentwicklungen korrespondiert und damit eine Zukunftsfähigkeit des Geschäftsmodells gegeben ist. Um hier- durch eine Verwaisung der Innenstädte zu vermeiden, sind schnellstmöglich sinnvolle und zu- kunftsweisende Konzeptionen vorzulegen, die seitens der städtischen Behörden im Rahmen der Genehmigungsverfahren nicht mit Bürokratie behindert, sondern gefördert und beschleu- nigt werden müssen.

Das Ziel der Bundesregierung pro Jahr 400.00 Wohnungen zu bauen, wovon ein Viertel im Bereich Sozialwohnungen entstehen sollte, konnte mit der Fertigstellung von circa 275.000 Wohnungen im Jahr 2022 mitnichten erreicht werden. Die bestehende Wohnungsnot - vor allem im mittleren und niedrigen Segment - wird hierdurch nicht gemildert, sondern durch die politischen und wirtschaftspolitischen Verwerfungen noch weiter verschärft. In Folge der mar- kanten Zinssteigerungen innerhalb nur eines halben Jahres ist es zudem einem Großteil der Bevölkerung unmöglich geworden, Wohneigentum zu erwerben, was den Mietmarkt nochmals durch die zahlungskräftigere Mieterschicht preislich anheizt. Betrachtet man innerhalb der As- setklasse Wohnen die Angebotsseite, so führen die hohen Material- und Baupreise als Folge der Energiekostenentwicklung, die ausgelaufenen Förderungsprogramme aber insbesondere die von Monat zu Monat steigenden Finanzierungskosten bei den Projektentwicklern zu einer nicht mehr kostendeckenden Kalkulation. Wohnbauprojekte werden damit während der Pro- jektierungs-, Planungs- oder gar Realisierungsphase temporär oder endgültig gestoppt. Zur Abmilderung der politisch, wirtschaftlich und gesellschaftlich brisanten Wohnungsnot kann le- diglich ein wirtschafts- und finanzpolitisch sinnvolles Förderungsprogramm sowie eine Ver- schlankung von langwierigen Genehmigungsprozessen mit der Zielsetzung angemessener Mieten und auskömmlichen Renditen zu generieren beseitigt werden.

Der Pflegeimmobilienmarkt zeigte in den vergangenen zehn Jahren aufgrund der demografi- schen Kennzahlen - in den kommenden zwei Jahrzehnten bis 2040 wird die Anzahl der Pfle- gebedürftigen um rund 35 Prozent ansteigen - sowie der stabilen und als ausfallsicher gelten- den langjährigen Mietverhältnissen stetig nach oben. Konsequenz war, dass sich die Nach- frage nach Investments in Pflegeobjekten - unabhängig davon, ob Neubau oder Revitalisie- rung - immer weiter erhöhten. Allein im Zeitraum von 2013 bis 2022 verringerte sich die Spit- zenrendite von 7 Prozent auf unter 4 Prozent. In Rahmen dieses "Hypes" wurden jedoch bei zahlreichen Investitionen die vorhandenen Risiken von Pflegeimmobilien nicht ausreichend beachtet. So wurden zum Teil Projektierungen aus "dem Boden gestampft" ungeachtet des- sen, ob die Makro- und Mikrolage des Objektes, die demografischen Entwicklung des Einzugs- gebietes, die Betreiberstabilität und die Ausstattung mit Pflegepersonal den für ein

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erfolgreiches Projekt erforderlichen Kriterien entsprach oder nicht. Erste Risse des bislang faktisch als sicher eingestuftes Investment waren im Jahr 2022 erkennbar. Unabhängig da- von, welcher Größenklasse und Qualitätsstandard der Pflege- und Seniorenheimbetreiber an- gehörte, gerieten diese zum Teil in massive finanzielle Schieflagen. So mussten allein zwei der größten 20 Pflegebetriebe in 2022 Insolvenz anmelden - eine Situation, die aufgrund der eigentlichen krisenfesten Einschätzung bislang unvorstellbar war. Schlussendlich zeigte sich diese Entwicklung in einem Rückgang des Transaktionsvolumens in 2022 von rund 35 Prozent im Vergleich zum Vorjahr und damit auf 2,4 Milliarden Euro. Doch was waren die Gründe hier- für? Auf der Betreiberseite zeigen sich zum Teil erhebliche Schwächen, wie die fehlende Fi- nanzstabilität und der herrschende Mangel an Pflegepersonal die eine volle Auslastung der Seniorenhäuser verhindern und folglich einen wirtschaftlichen Betrieb nicht zulassen. Pacht- zahlungen können somit nicht mehr sicher bedient werden. Erschwerend kommt hinzu, dass die mietvertraglich vereinbarten Indexmieten aufgrund der starren Pflegekostensätzen - trotz Kostensteigerungen aus allen Richtungen - seitens der Betreiber auf großen Widerstand sto- ßen. Diese wirtschaftliche Unsicherheit der Betreiber hat natürlich neben den steigenden Bau- kosten sowie den zwischenzeitlich deutlich erhöhten Zinsen negative Auswirkungen für die Projektierung und deren Realisierung sowie Finanzierung, was die Investorenseite ins Schwanken bringt und folglich das Angebot an investmentfähigen Objekten stark begrenzt und den Ausbau der Anzahl der Pflegeplätze nicht vorantreibt. Hinzu kommt, dass ein wesentlicher Teil der bestehenden Pflegeheime nicht mehr zukunftsfähig ist und in vielen Fällen eine Revi- talisierung erfordert, aber schlussendlich auch hier vor den zuvor erläuterten Problemen steht. Politisch müssen hier entsprechende Rahmenbedingungen geschaffen werden, damit das ge- sellschaftliche Problem der Demographieentwicklung sinnvoll gelöst werden und der Pflege- sektor wieder in eine positive Zukunft blicken kann. Gesamtgesellschaftliche sowie -wirtschaft- liche Lösungen müssen schnellstmöglich zum Tragen kommen.

Ein gewisser Ausweg aus dem Mangel an Pflegeinstitutionen ist der Bereich "Senior Living". Diese Wohnform gilt als Alternative für Senioren, die ein selbstbestimmtes Leben führen wol- len und können, jedoch die Möglichkeit geboten wird im Bedarfsfall pflegerische sowie medi- zinische Unterstützung zu erhalten. Das seniorengerechte Wohnen wird innerhalb der Gesell- schaft als Folge der erfreulich hohen Lebenserwartungen und aufgrund der Tatsache, dass die ältere Bevölkerung einen großen Teil zum Wohlstand und zum sozialen Gefüge beiträgt, immer bedeutsamer. Ein schnellstmöglicher Ausbau dieses Sektors ist erforderlich - nicht nur für die einkommensstärkere Bevölkerungsschicht.

Der Hotelimmobilienmarkt bewegte sich bis ins Jahr 2019 auf einer regelrechten Welle des Booms - Auslastungszahlen und Ergebnisse glänzten, die Investoren-Nachfrage nach Hotel- Assets befand sich auf einem hohen Niveau, insgesamt waren diese Investments äußerst positiv beurteilt. Die Coronapandemie stürzte jedoch die Hotellerie in eine nie dagewesene Krise. Die Perspektive, das eine erste schrittweise Erholung ab Mitte 2022 und eine konstante Erho- lung mit Erreichen des Vorkrisenniveaus ab 2024/25 erlangt wird, scheint nach der aktuellen Entwicklung einzutreten. Nach Auslaufen der Corona-Schutzmaßnahmen Ende des ersten Halbjahres 2022 wurde ein regelrechter Auftrieb verzeichnet. Die erhöhte Reiseaktivität - spe- ziell auch im Segment Business - führte zu einem erfreulichen Anstieg der Auslastungs- und Übernachtungszahlen sowie der Übernachtungspreise. Das Verlangen nach Präenzveranstal- tungen ist auch im Rahmen des Aufholungseffektes festzustellen. Allerdings werden Hotelin- vestments trotz dieser Belebung nach wie vor als äußert risikoreich beurteilt, was das Ergebnis einer Finanzierungsstarre, äußerst hohen Finanzierungskosten und einer nicht abschätzbaren Entwicklung der Betreiberseite ist. Betrachten wir speziell die Seite der Hotelbetreiber, so hat sich seit der Corona-Pandemie ein regelrechter Expansionskurs von etablierten und kapital- starken Betreiberketten verzeichnet, der bereits schon in den Jahren 2018 und 2019 spürbar war. Die erheblichen Kostensteigerungen, denen natürlich auch die Hotellerie gegenübersteht, sowie der nach wie vor herrschende Personalmangel belastet weiterhin einen optimal wirt- schaftlich geführten Betrieb, trotz der erfreulich hohen und fortlaufend steigenden Belegungs- zahlen. Damit werden die Eigentümer von Hotelimmobilien mit der Tatsache konfrontiert, dass die bestehenden Pachtvertragsverhältnisse - ergänzend zu den vielfach vereinbarten

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STINAG Stuttgart Invest AG published this content on 14 July 2023 and is solely responsible for the information contained therein. Distributed by Public, unedited and unaltered, on 14 July 2023 15:32:05 UTC.