München (Reuters) - Lieferschwierigkeiten bei der US-Krebsmedizin-Tochter Varian verursachen bei Siemens Healthineers Bremsspuren.

Rund 20 Systeme hätten im dritten Quartal nicht ausgeliefert werden können, weil Varian anders als die übrigen Sparten Probleme bei der Beschaffung habe, erläuterte Vorstandschef Bernd Montag am Mittwoch. "Wir haben da ein schönes Problem, weil wir stark wachsen." Zudem könne Varian die Kostensteigerungen nicht so schnell an die Kunden weitergeben, weil zwischen Auftrag und Auslieferung bei den komplexen Strahlentherapie-Systemen viel Zeit vergeht. "Das lastet in diesem Jahr noch auf der Marge", sagte Finanzvorstand Jochen Schmitz. Die Lieferprobleme ließen sich aber im laufenden vierten Quartal lösen.

Montag setzt dabei Hoffnung auf den neuen Varian-Chef Arthur Kaindl. Der langjährige Leiter der Magnetresonanztomographie-Sparte habe anders als sein Vorgänger Chris Toth Erfahrung mit Konzernstrukturen und solle Varian stärker integrieren. "Wir sind noch nicht im eingeschwungenen Zustand", sagte Montag. Für das laufende Geschäftsjahr 2022/23 (per Ende September) rechnet Siemens Healthineers für Varian zwar mit einem Umsatzanstieg von etwa zwölf Prozent - am oberen Ende der Spanne -, senkte aber die Erwartung für die bereinigte operative Umsatzrendite (Ebit-Marge) auf 14 bis 15 Prozent. Bisher war mit 16 bis 18 Prozent gerechnet worden. Im dritten Quartal brach das Ergebnis der Sparte um fast ein Drittel ein, die Marge bröckelte auf zwölf Prozent ab.

Das kam an der Börse nicht gut an: Zum Xetra-Handelsstart gaben die Papiere der Siemens-Tochter mehr als fünf Prozent nach.

Die Prognose für den Konzern bestätigte Siemens Healthineers trotz der Varian-Probleme: Der Umsatz soll maximal ein Prozent über dem Niveau des Vorjahres liegen. Die lukrativen Umsätze mit Corona-Schnelltests herausgerechnet, wäre das ein Plus von sieben bis acht Prozent. Allein im dritten Quartal fehlten Healthineers ohne die nicht mehr gefragten Tests 300 Millionen Euro an Einnahmen. Der Umsatz stagnierte deshalb bei 5,2 Milliarden Euro, ohne den Corona-Effekt hätte laut Montag ein Plus von zehn Prozent zu Buche gestanden. Der Vorstandschef sprach von einem "starken Wachstumsquartal". Und die Aussichten seien gut: Der Auftragseingang für medizintechnische Ausrüstung liege 15 Prozent über den Umsätzen.

Das Ergebnis je Aktie werde 2022/23 aber am unteren Ende der Spanne von 2,00 bis 2,20 Euro liegen, bekräftigte Finanzvorstand Schmitz. Das liegt auch an Währungseffekten, die die Kennziffer nach derzeitigem Stand um zehn Cent drückten. Analysten gingen bereits vor den Quartalszahlen im Schnitt nur noch von 1,98 Euro aus. Im dritten Quartal fiel das bereinigte operative Ergebnis (Ebit) um drei Prozent auf 740 Millionen Euro und verfehlte damit die Erwartungen. Der Nettogewinn lag dank einer niedrigen Steuerquote mit 451 Millionen Euro aber um fast ein Viertel über Vorjahr.

Das stärkste Wachstum zeigte im Quartal die Bildgebungs-Sparte Imaging (MRT, CT, Röntgen) mit 15 Prozent. Fortschritte sieht Montag auch im Diagnostik-Geschäft, das im Umbau steckt. Die Talsohle sei im zweiten Quartal durchschritten, inzwischen wachse das Kerngeschäft wieder und würde ohne die Kosten für einen Stellenabbau auch schwarze Zahlen schreiben. Optimistisch stimmt Montag, dass die neue, auf kleinere Labore zugeschnittene Version des "Atellica"-Systems in den USA die Zulassung bekommen hat.

(Bericht von Alexander Hübner; redigiert von Sabine Wollrab. Bei Rückfragen wenden Sie sich bitte an unsere Redaktion unter berlin.newsroom@thomsonreuters.com (für Politik und Konjunktur) oder frankfurt.newsroom@thomsonreuters.com (für Unternehmen und Märkte).)