MÜNCHEN (awp international) - Die anhaltenden Kursverluste beim schwächelnden Energietechnikkonzern Siemens Energy kommen seinem Grossaktionär Siemens teuer zu stehen: Der Münchner Technologiekonzern muss Milliarden auf seine Beteiligung abschreiben, was das Ergebnis im dritten Quartal erheblich belasten wird. Womöglich wird so nun aber der Weg für Siemens frei, seinen Anteil von derzeit 35 Prozent weiter zu senken.

Siemens erwartet für das dritte Quartal durch die Wertberichtigung eine Belastung des Ergebnisses nach Steuern von etwa 2,8 Milliarden Euro, wie der Konzern am Donnerstagabend mitteilte. Mit einem Schlusskurs von 13,99 Euro am Donnerstag habe der Marktwert des Siemens-Energy-Anteils "signifikant" unter dem Buchwert gelegen, hiess es zur Begründung. Die Zahlen für das dritte Quartal sowie die Auswirkungen der Abschreibung auf den Ausblick will Siemens am 11. August veröffentlichen.

Jefferies-Analyst Simon Toennessen schätzt den vorherigen Wert des Anteils auf 23 bis 25 Euro je Aktie. Die Siemens-Aktie verlor am Freitag zu Handelsbeginn knapp zwei Prozent. Und auch die Papiere von Siemens Energy gaben um weitere 1,4 Prozent nach. Zuletzt wurden die Verluste etwas eingedämmt.

Siemens hat sein Energietechnikgeschäft inklusive der börsennotierten Windkrafttochter Siemens Gamesa ausgegliedert und Ende September 2020 mehrheitlich an die Börse gebracht. Den übrig gebliebenen Anteil will das Management weiter senken. Doch hatte Siemens-Chef Roland Busch erklärt, diesen "nicht unter Buchwert" verkaufen zu wollen. Damit könnte nun der Weg frei sein, so die Überlegungen von Toennessen.

Philip Buller von der Bank Berenberg erinnert die Situation dabei an die Ereignisse rund um das Joint Venture mit dem französischen Automobilzulieferer Valeo im vergangenen Jahr, dessen Wert Siemens auf Null abschrieb und einige Quartale später verkaufte. Ein ähnliches Szenario hält er auch bei Siemens Energy für möglich. Die Wertberichtigung bezeichnete er als unvermeidlich.

Der Kurs von Siemens Energy ist in den vergangenen zwölf Monaten erheblich unter Druck geraten. Grund sind die anhaltenden Probleme bei der Windkrafttochter Gamesa, insbesondere im Geschäft mit Windturbinen an Land. Gamesa musste in jüngster Zeit eine ganze Reihe von Gewinnwarnungen abgeben. Dabei leidet das Unternehmen nicht nur an dem derzeit schwierigen Marktumfeld, sondern auch an hausgemachten Problemen. Siemens Energy tauschte bei dem an der spanischen Börse notierten Unternehmen mehrfach das Management aus. Nun soll es Siemens-Energy-Manager Jochen Eickholt richten. Ein Schritt zur Sanierung soll dabei die vollständige Übernahme von Gamesa sein, an der Siemens Energy rund 67 Prozent hält.

Die Aktie von Siemens Energy hat im laufenden Jahr nahezu 40 Prozent an Wert verloren. Von den Anfang des vergangenen Jahres erreichten Höhen von 34 Euro ist das Papier weit entfernt. Auch notiert die Aktie aktuell weit unter ihrem Börsendebüt von 22 Euro. Die Marktkapitalisierung liegt bei knapp zehn Milliarden Euro./nas/ngu/jha/