ESPOO (dpa-AFX) - Der Netzwerk-Ausrüster Nokia wechselt mitten im Kampf um entscheidende Aufträge zum 5G-Ausbau den Chef aus. Zum 1. September soll Pekka Lundmark den Spitzenjob von Rajeev Suri übernehmen, wie das finnische Unternehmen am Montag mitteilte. Lundmark ist aktuell Chef der Energiefirma Fortum, ist aber ein Nokia-Rückkehrer: Er war einst unter anderem für die Strategie in der Netzwerk-Sparte verantwortlich.

Nokia hatte sein Handy-Geschäft und den Kartendienst Here verkauft und sich komplett auf das Ausrüsten von Telekommunikations-Netzen konzentriert. Dafür übernahm Nokia nicht nur komplett das Geschäft des langjährigen Partners Siemens, sondern kaufte auch den Konkurrenten Alcatel-Lucent. Suri rückte vor gut zehn Jahren an die Spitze der Netzwerk-Sparte und führt seit 2014 auch den gesamten Konzern.

Das Netzausrüster-Geschäft ist umkämpft. Die Schwergewichte Ericsson und Nokia spüren den Preisdruck von chinesischen Konkurrenten wie Huawei und ZTE. Nokia agierte zuletzt eher glücklos und schloss das vergangene Jahr mit einem mageren Gewinn von 7 Millionen Euro ab - nach einem Verlust von 340 Millionen Euro 2018.

Eine deutliche Verbesserung hatte Suri angesichts hoher Kosten für die weitere Entwicklung von 5G-Technik erst zum kommenden Jahr in Aussicht gestellt. Die Anleger verlieren die Geduld: Nach einer Prognosen-Senkung im Oktober verlor das Unternehmen an einem Tag fast ein Viertel seines Werts. Der Finanzdienst Bloomberg berichtete vergangene Woche, Nokia prüfe strategische Optionen vom Verkauf von Firmenteilen bis hin zu einer Fusion.

Die Nokia-Aktie legte nach der Ankündigung des Chefwechsels zeitweise um mehr als drei Prozent zu.

Ein wichtiger Faktor für die Zukunft von Nokia könnte werden, welche Rolle Huawei beim Ausbau der 5G-Netze in Europa spielt. Der 5G-Datenfunk mit hohen Geschwindigkeiten und kurzen Reaktionszeiten gilt als Standard der Zukunft unter anderem für die Industrie. Vor allem die USA warnen vor einer Gefahr von Spionage und Sabotage mit Hilfe von Huawei-Technik und machen Druck auf Verbündete, den Konzern vom Netzausbau auszuschließen. Huawei weist die Vorwürfe zurück.

Die amerikanische Regierung brachte jüngst auch eine US-Beteiligung an Nokia und Ericsson ins Gespräch. In der Branche kann man sich zumindest vorstellen, dass ein Industrie-Schwergewicht aus den USA bei den Firmen einsteigen könnte.

Zuletzt zeichnete sich in Europa der Kurs ab, "risikobehaftete Anbieter" aus dem Kern der Netze herauszuhalten, aber in der Rand-Infrastruktur zuzulassen. Da Telekom-Firmen traditionell mindestens zwei Lieferanten haben wollen, könnte das Nokia helfen, sich neben Ericsson einen festen Platz in 5G-Netzen zu sichern.

Zuletzt entschied sich unter anderem der französische Mobilfunk-Anbieter Orange, sein 5G-Netz mit Ericsson und Nokia auszubauen. Allerdings hatte Orange die beiden Anbieter auch schon bei aktuellen LTE-Netzen genutzt, auf denen 5G zumindest in der Anfangszeit aufsetzt. In Deutschland ist dagegen viel LTE-Technik von Huawei im Einsatz./so/DP/stk