--Habeck: Vielleicht fängt es gerade erst an

--Habeck: Wartung von Nord Stream 1 unterliegt nicht EU-Sanktionen

--Habeck: Müssen Auswirkungen auf Gasmarkt abwarten

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Von Andrea Thomas

BERLIN (Dow Jones)--Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) zeigt sich wegen der jüngsten Drosselung von russischen Erdgaslieferungen besorgt und wirft Russland politische Beweggründe für die Kürzungen vor. Deutschlands Abkehr von fossiler Energie müsse daher beschleunigt werden, sagte Habeck.

Am Vortag hatte der russische Energiekonzern Gazprom mitgeteilt, dass die Gaslieferungen durch die Ostsee-Pipeline Nord Stream 1 gedrosselt würden. Als Grund wurden die sich verzögernden Bauarbeiten durch das Unternehmen Siemens genannt, die demnach nur noch eine Durchleitung von 100 Millionen Kubikmetern Gas am Tag anstelle der üblichen 167 Millionen Kubikmeter möglich machten. Damit drosselt Russland die Gaslieferungen über die Ostsee-Pipeline Nord Stream nach Deutschland um gut 40 Prozent.

"Wenn man das Gefühl hat, alle Hausaufgaben sind gemacht und alles läuft gut, dann täuscht man sich. Es ist noch nicht vorbei, es fängt vielleicht gerade erst an", sagte Habeck bei der Vorstellung des Gesetzes zum beschleunigten Windkraftausbau an Land. Dies bedeute, dass man die Unabhängigkeit von fossilen Energien und russischen fossilen Energien "mit Hochdruck" voranbringen müsse.

Siemens Energy hatte am Dienstag mitgeteilt, der Konzern könne eine Gasturbine, die für den Betrieb der Pipeline Nord Stream 1 gebraucht wird, derzeit nicht liefern. Einer Unternehmenssprecherin zufolge ist es wegen der von Kanada verhängten Sanktionen "für Siemens Energy derzeit nicht möglich, überholte Gasturbinen an den Kunden zu liefern". Die Turbine werde derzeit in Montreal überholt, dies sei aus technischen Gründen nur dort möglich.


   Wartung unterliegt nicht EU-Sanktionen 

Habeck erklärte, dass er mit der kanadischen Seite in Kontakt sei über die Lieferung der Turbine. Die Wartung dieser Anlagen unterliege nicht den EU-Sanktionen und dies habe er auch Siemens mitgeteilt. Habeck kritisierte, dass aus Sicht der Bundesregierung wegen der fehlenden Gasturbine auch nicht die aktuelle Kürzung der russischen Gaslieferungen um 40 Prozent zu erklären sei. Vielmehr habe er den Eindruck, dass Russland seit Wochen schrittweise vorgehe bei der Einschränkung von Gaslieferungen nach Europa.

"Insofern ist auch bei mir der Eindruck, dass das, was gestern passiert ist, eine politische Entscheidung ist und keine technische begründbare Entscheidung", sagte Habeck. "Wie die sich auswirkt auf den europäischen und deutschen Gasmarkt, das wird man abwarten müssen. In der Regel ist es den Versorgern immer gelungen, Gas aus anderen Quellen aufzutreiben. Wir haben auch kein Versorgungsproblem in Deutschland."

Die Gasspeicher würden weiter befüllt und Deutschland habe in den letzten Tagen und Wochen hier "sehr gute Fortschritte" gemacht. "Wie sich das aber insgesamt entwickelt, da werden wir sicherlich zwei, drei Tage warten müssen, um einen kompletten Überblick zu haben", sagte Habeck.

Die deutschen Gasspeicher waren Stand Dienstag zu rund 55,2 Prozent befüllt. Bis zum 1. November soll die Gasreserve auf 90 Prozent steigen. Der parlamentarische Staatssekretär im Wirtschaftsministerium, Michael Kellner (Grüne), sagte am Mittwoch den Fernsehsendern RTL/ntv, dass die aktuellen Füllstände zwar gut, "aber nicht ausreichend für den nächsten Winter" seien.

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June 15, 2022 07:52 ET (11:52 GMT)