Hauptversammlung der Knorr-Bremse AG

Rede des Vorsitzenden des Aufsichtsrats

Dr. Reinhard Ploss

München, 5. Mai 2023

Redetext vorab veröffentlicht am 5. Mai 2023

Es gilt das gesprochene Wort am Tag der Hauptversammlung

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Meine Damen und Herren, liebe Aktionäre,

ich freue mich sehr, dass Sie auch in diesem Jahr virtuell über unseren Online-Service den Weg zu uns gefunden haben. Sie zeigen damit, dass Ihnen Knorr-Bremse wichtig ist, und wir danken unseren Aktionären für ihre Verbundenheit zu unserem Unternehmen.

Als Vorsitzender des Aufsichtsrats darf ich hiermit die diesjährige ordentliche Hauptversammlung der Knorr-Bremse AG eröffnen.

Nachdem mein Vorgänger Prof. Dr. Klaus Mangold zur letztjährigen Hauptversammlung altersbedingt aus dem Aufsichtsrat ausgeschieden ist und ich mich bereits damals kurz vorgestellt habe, ist es heute zum ersten Mal meine Aufgabe, Ihnen über die Arbeit des Aufsichtsrats im abgelaufenen Geschäftsjahr zu berichten.

Mein Name ist Reinhard Ploss. Nach meiner langjährigen Tätigkeit als Vorstandsvorsitzender der Infineon Technologies AG hat mich der Aufsichtsrat der Knorr-Bremse AG im vergangenen Mai zum Vorsitzenden dieses Gremiums gewählt. Ich habe mit großer Freude die verantwortungsvolle Aufgabe übernommen, den traditionsreichen und innovativen Weltmarktführer Knorr-Bremse auf seinem weiteren Kurs des profitablen Wachstums zu begleiten. Heute darf ich, als Vorsitzender des Aufsichtsrats, die diesjährige ordentliche Hauptversammlung der Knorr-Bremse AG leiten.

Bevor wir mit dem offiziellen Teil unserer Versammlung beginnen, erlauben Sie mir vorab bitte einige Worte.

Zuallererst möchte ich meinem Vorgänger Prof. Dr. Klaus Mangold danken: Nicht nur für seinen unermüdlichen Einsatz zugunsten von Knorr-Bremse. Sondern auch dafür, dass er mich frühzeitig und vertrauensvoll in die Arbeit des Aufsichtsrats eingeführt und mich bereits während seiner Amtszeit in die wesentlichen Entscheidungen dieses Gremiums eingebunden hat.

Herr Prof. Mangold war seit September 2018 Vorsitzender des Aufsichtsrats. Er hat nicht nur dessen Arbeit, sondern auch die Entwicklung von Knorr-Bremse nach dem Börsengang maßgeblich geprägt. Besonders hervorheben möchte ich, mit welch großem Engagement Herr Prof. Mangold auch nach dem plötzlichen Tod des Mehrheitsgesellschafters Heinz Hermann Thiele den Aufsichtsrat weiterhin geführt hat, als diese Führung besonders wichtig war. Er sah es in dieser herausfordernden Phase als seine Pflicht an, dem Unternehmen ein weiteres Jahr als Vorsitzender des Aufsichtsrats zu dienen - und stellte seine persönliche Lebensplanung zurück. Mit dieser Haltung prägte Herr Prof. Mangold auch über viele Jahre die gute und vertrauensvolle Zusammenarbeit innerhalb des Aufsichtsrats.

Ich möchte an dieser Stelle auch unserem Finanzvorstand Frank Markus Weber danken. Er hat Knorr-Bremse im Jahr 2022 in seiner Doppelrolle als Sprecher des Vorstands und Finanzvorstand ebenso engagiert wie erfolgreich geführt. Frank Markus Weber hat damit für Kontinuität gesorgt und wichtige Weichen für 2023 gestellt - in einem extrem herausfordernden geopolitischen Umfeld

"Wir können auch Krise" - so steht es im aktuellen Geschäftsbericht der Knorr-Bremse AG. Und diese Fähigkeit beweist unser Unternehmen seit Jahrzehnten immer wieder. Doch selten war die politische und wirtschaftliche Situation so ernst wie im Krisenjahr 2022. Unser Unternehmen musste eine Vielzahl äußerst belastender Faktoren bewältigen: Die strengen Null-Covid-Maßnahmen in China, die weltweiten Lieferengpässe, die knappen und teuren Rohstoffe, die inflationsbedingt steigenden Kosten - und natürlich auch die Folgen des russischen Angriffskrieges in der Ukraine. Wir haben bereits frühzeitig - basierend auf

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unserem Wertesystem und um die internationalen Sanktionen zu unterstützen - beschlossen, unser sehr profitables Russland-Geschäft abzuwickeln.

Auch bei dieser weitreichenden Entscheidung haben Vorstand und Aufsichtsrat der Knorr- Bremse AG eng und vertrauensvoll zusammengearbeitet, so wie es in unserem Unternehmen schon seit vielen Jahren Tradition ist.

Lassen Sie mich nun noch ein weiteres wichtiges Thema ansprechen: Wie Sie sicherlich verfolgt haben, hat die Heinz Hermann Thiele Familienstiftung am 6. April dieses Jahres ihre Arbeit aufgenommen, worüber ich mich persönlich und auch für den Aufsichtsrat und Vorstand der Knorr-Bremse AG freue. Zum Vermögen dieser Stiftung werden insbesondere die mittelbaren Beteiligungen Heinz Hermann Thieles an den Unternehmen Knorr-Bremse und Vossloh gehören. Ich habe in den vergangenen Monaten stets betont, dass die Frage der Stiftungsgründung keine operativen Auswirkungen auf die Führung der Knorr-Bremse AG durch den Aufsichtsrat und den Vorstand hat. Dennoch ist die Stiftung für uns alle ein wichtiges Zeichen der Kontinuität. Gemeinsam werden wir als Aufsichtsrat und Vorstand mit der Stiftung als langfristigem Ankeraktionär unser Bestes für eine erfolgreiche Zukunft der Knorr-Bremse geben. Wir freuen uns sehr auf die enge und vertrauensvolle Zusammenarbeit.

Meine Damen und Herren, liebe Aktionäre,

Ich darf nun Sie, unsere Aktionäre und Aktionärsvertreter, im Namen des Aufsichtsrats und des Vorstands sehr herzlich begrüßen.

Der Vorstand hat mit Zustimmung des Aufsichtsrats entschieden, die heutige Hauptversammlung als virtuelle Hauptversammlung abzuhalten, also ohne physische Präsenz der Aktionäre oder ihrer Bevollmächtigten am Ort der Versammlung.

Grundlage dieser Entscheidung ist die gesetzliche Neuregelung im Aktiengesetz in Verbindung mit der entsprechenden Übergangsvorschrift.

Auf Basis der neuen gesetzlichen Rahmenbedingungen sehen wir nun auch die Möglichkeit vor, Sie als Teilnehmer aktiv einzubinden. Wir transferieren damit einen der großen Vorteile der Präsenz-Veranstaltung in das digitale Format. Zugleich ermöglichen wir dadurch mehr Personen dabei zu sein. Beides ist uns sehr wichtig. Und schließlich bietet das digitale Format die Möglichkeit teilzunehmen, auch wenn man um die persönliche Gesundheit besorgt ist.

Die Tagesordnung hat elf Punkte. Maßgeblich sind die Beschlussvorschläge wie sie in der Einberufung im Bundesanzeiger veröffentlicht wurden. Nachdem der vollständige Wortlaut der Tagesordnung im Bundesanzeiger veröffentlicht wurde und auf der Homepage der Gesellschaft zum Download zur Verfügung steht, setze ich die Tagesordnung und die Beschlussvorschläge als bekannt voraus.

Bei der Gesellschaft sind keine Gegenanträge gegen die Beschlussvorschläge von Vorstand und Aufsichtsrat eingegangen.

Tagesordnungspunkt 1 betrifft die Vorlage des festgestellten Jahresabschlusses, des gebilligten Konzernabschlusses, des zusammengefassten Lageberichts für die Knorr-Bremse AG und den Konzern für das Geschäftsjahr 2022 sowie des Berichts des Aufsichtsrats.

Der Aufsichtsrat hat gemäß § 171 des Aktiengesetzes den Jahresabschluss und den Konzernabschluss geprüft und gebilligt. Damit ist der Jahresabschluss der Knorr-Bremse AG

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für das Geschäftsjahr 2022 festgestellt. Eine Beschlussfassung zu Tagesordnungspunkt 1 ist daher nicht erforderlich.

Der vom Aufsichtsrat gebilligte Gewinnverwendungsvorschlag sieht die Ausschüttung einer Dividende von 1,45 EUR je Stückaktie und den Vortrag des verbleibenden Bilanzgewinns auf neue Rechnung vor. Die vorgeschlagene Dividende liegt mit einer Ausschüttungsquote von 46 Prozent innerhalb der beim Börsengang kommunizierten Bandbreite von 40 bis 50 Prozent des Konzernjahresüberschusses. Auf diese Weise setzt das Unternehmen seine kontinuierliche Dividendenpolitik auch in einem herausfordernden gesamtwirtschaftlichen Umfeld verlässlich fort. Die heutige Hauptversammlung wird über den Gewinnverwendungsvorschlag ebenso abstimmen wie über den Vergütungsbericht, über dessen Aufstellung Vorstand und Aufsichtsrat am 13. März 2023 entschieden haben.

Bevor ich dem Vorstand das Wort erteile, möchte ich Ihnen zur Arbeit des Aufsichtsrats im abgelaufenen und im laufenden Geschäftsjahr berichten.

Der Aufsichtsrat der Knorr-Bremse AG hat auch im vergangenen Geschäftsjahr die ihm obliegenden Aufgaben mit großer Sorgfalt erfüllt.

Der Aufsichtsrat war hierbei in alle Entscheidungen, die für das Unternehmen von grundlegender Bedeutung sind, unmittelbar eingebunden. Über dringende Themen hat der Vorstand den Aufsichtsrat auch zwischen den turnusmäßigen Sitzungen unverzüglich informiert. Diese Berichte beinhalteten alle relevanten Informationen z.B. zur Strategieentwicklung, Planung, Geschäftsentwicklung, Risikosituation sowie zu aktuellen Ereignissen.

Darüber hinaus beriet der Aufsichtsrat den Vorstand bei der Leitung des Unternehmens, bei Akquisitionen wie dem Erwerb einer Mehrheitsbeteiligung an dem spanischen Nutzfahrzeugspezialisten Cojali, bei Desinvestitionen wie der Vorbereitung eines Verkaufs von Kiepe Electric sowie bei weiteren strategischen Vorhaben. Der Vorstand legte dem Aufsichtsrat im Berichtsjahr mehrere Projekte zur Zustimmung vor. Beispiele dafür sind:

  • die Übernahme der von der Robert Bosch GmbH gehaltenen Minderheitsbeteiligung am Joint Venture der Truck-TochterKnorr-Bremse Systeme für Nutzfahrzeuge GmbH,
  • der bereits erwähnte Erwerb einer Mehrheitsbeteiligung an Cojali
  • die Emission einer Nachhaltigkeits-gekoppelten Anleihe mit einem Volumen von bis zu 700 Millionen Euro.

Als Vorsitzender des Aufsichtsrats habe ich mich vom Vorstand auch außerhalb der Aufsichtsratssitzungen in regelmäßigen Business Reviews über die aktuelle Geschäftslage und über wesentliche Geschäftsvorgänge unterrichten lassen. Außerdem habe ich seit meinem Amtsantritt regelmäßige Gespräche mit wichtigen Investoren zu zentralen Themen und Fragestellungen des Aufsichtsrats geführt.

Im Berichtszeitraum fanden insgesamt neun Sitzungen des Aufsichtsrats statt, die bis zum 24. Mai 2022 mein Vorgänger Herr Prof. Dr. Mangold leitete. Die Präsenz in den Plenumssitzungen lag im Durchschnitt bei mehr als 93 Prozent - ein Beleg für das große Engagement der Mitglieder des Aufsichtsrats.

Den gesamten Bericht des Aufsichtsrats zum Geschäftsjahr 2022 mit näheren Erläuterungen zu den Inhalten und Beschlussfassungen aus den Aufsichtsratssitzungen finden Sie zu Beginn

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des Geschäftsberichts abgedruckt. Lassen Sie mich an dieser Stelle lediglich einen kurzen Überblick über die zentralen Sitzungsschwerpunkte im abgelaufenen Geschäftsjahr geben:

  • Anlässlich des russischen Angriffs auf die Ukraine befasste sich der Aufsichtsrat am 4. März 2022 mit der grundsätzlichen Positionierung des Unternehmens, den beschlossenen Wirtschaftssanktionen sowie mit den Auswirkungen des Konflikts. Darüber hinaus diskutierte das Gremium erste eigene daraus abgeleitete Maßnahmen der Knorr-Bremse Gruppe. Auch im weiteren Jahresverlauf beschäftigte sich der Aufsichtsrat regelmäßig mit den Folgen des Krieges in der Ukraine.
  • Personelle Veränderungen im Vorstand hat der Aufsichtsrat ebenfalls ausführlich diskutiert und gemeinsam entschieden. In der Aufsichtsratssitzung vom 11. März 2022 wurde die Aufgabenverteilung im Vorstand anlässlich des Ausscheidens des Vorstandsvorsitzenden Dr. Jan Mrosik neu geregelt. Seine Aufgaben übernahmen interimistisch Finanzvorstand Frank Markus Weber - einschließlich der Rolle des Vorstandssprechers -, Dr. Claudia Mayfeld, die den HR-Bereich zunächst übergangsweise zusätzlich zu ihrem Vorstands-Ressort Integrität & Recht und später dauerhaft leitete sowie Dr. Jürgen Wilder, der vorübergehend die Bereiche Digitalisierung und Business Services zusätzlich zu seiner Verantwortung für das Rail- Ressort übernahm. Zum Nachfolger von Herrn Dr. Mrosik bestellte der Aufsichtsrat Marc Llistosella zum neuen Vorstandsvorsitzenden. Herr Llistosella verantwortet seit dem 1. Januar 2023 die Ressorts Strategie, Kommunikation und Brand Management, IT, Unternehmenssicherheit, Interne Revision und Digitalisierung.
  • In seiner zweitägigen Strategieklausur am 7. und 8. Juli 2022 befasste sich der Aufsichtsrat mit der strategischen Finanzplanung, mit der Ausrichtung der beiden Divisionen Truck und Rail sowie mit ihren zentralen Innovationsprojekten.

Lassen Sie mich nun noch kurz auf die Aufsichtsratsarbeit im laufenden Geschäftsjahr 2023 eingehen.

Der Aufsichtsrat - und besonders der Prüfungsausschuss - stellen in ihrer Arbeit sicher, dass der Jahres- und Konzernabschluss sowie die weitere Finanzberichterstattung den geltenden Anforderungen entsprechen. Als Vorsitzende des Prüfungsausschusses steht Frau Katrin Dahnke regelmäßig mit dem Abschlussprüfer in Kontakt und führte im Laufe des Berichtsjahres vier gesonderte Abstimmungsgespräche mit KPMG.

Die Berichte des Vorstands zum Geschäftsjahr 2022 sowie der Vorschlag zur Gewinnverwendung wurden allen Mitgliedern des Aufsichtsrats rechtzeitig zugeleitet bzw. lagen in der Aufsichtsratssitzung am 17. März 2023 zur Einsicht aus. Nach eigener Prüfung des Jahresabschlusses, des Konzernabschlusses sowie des zusammengefassten Lageberichts stimmt der Aufsichtsrat mit dem Vorstand in seiner Einschätzung der Lage der Knorr-Bremse AG und des Konzerns überein. Der Aufsichtsrat billigte die Abschlüsse für das Geschäftsjahr 2022. Der Jahresabschluss der Knorr-Bremse AG ist damit festgestellt. Weiter schloss sich der Aufsichtsrat dem Vorschlag des Vorstands zur Gewinnverwendung an, für das Geschäftsjahr 2022 eine Dividende von 1,45 Euro je dividendenberechtigter Stückaktie auszuschütten.

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Knorr-Bremse AG published this content on 05 May 2023 and is solely responsible for the information contained therein. Distributed by Public, unedited and unaltered, on 05 May 2023 08:08:09 UTC.