GREIFSWALD (dpa-AFX) - Das 2015 in Greifswald gegründete Magazin "Katapult", das vor allem mit Datenjournalismus und anschaulichen Grafiken überregional auf sich aufmerksam machte, bekommt eine neue Führung. Initiator Benjamin Fredrich legte nach Kritik an einem deutsch-ukrainischen Medienprojekt der Zeitschrift seine Führungsämter nieder und übertrug dem Duo Nasrin Morgan und Juli Katz die Geschäftsführung.

Wer ihm als Chefredakteur nachfolge, werde später entschieden. "Die jetzige "Katapult"-Ausgabe wird noch von mir zu Ende produziert, danach kommt eine neue Person", teilte der vom "Medium Magazin" gerade als Deutschlands bester regionaler Chefredakteur 2022 gekürte Fredrich auf der Webseite des Magazins mit.

In Medienberichten waren am Dienstag Vorwürfe gegen den 35-Jährigen laut geworden, er habe das von ihm prominent angekündigte deutsch-ukrainische Medienprojekt nur noch halbherzig verfolgt und dafür eingeworbene Gelder für andere Zwecke eingesetzt. Das Online-Magazin für Medienkritik "Übermedien" berichtete unter Berufung auf ukrainische Redaktionsmitarbeiter über ausstehende Gehaltszahlungen und weitere Ungereimtheiten.

Der mit dem Aufbau des Büros in Odessa beauftragte ukrainische Journalist Sergey Panashchuk warf Fredrich in der "Ostsee-Zeitung" (Mittwoch) vor, die eigenen Ankündigungen nicht umgesetzt zu haben und nicht an einer Weiterentwicklung des Projekts interessiert gewesen zu sein. "Mit den 310 000 Euro, die er gesammelt hat, hätte er ein großes Team einstellen und ein ernsthaftes Projekt auf die Beine stellen können, das von Bedeutung gewesen wäre", zitiert die "Ostsee-Zeitung" Panashchuk.

Fredrich räumte in seiner Entgegnung Probleme bei der Umsetzung des Projektes ein, das bisher durch Spenden und Gehaltsverzicht der Verlagsmitarbeiter finanziert wurde. Doch habe sich "Katapult" von ukrainischen Mitarbeitern trennen müssen, die unter anderem "trotz Bezahlung keine Artikel abgegeben" oder zum Teil auch "bei der Übersetzung der Artikel in andere Sprachen eigenmächtig kritische Abschnitte über die Ukraine entfernt" hätten. "Die Leute wollten das Maximum für ihr Land herausholen. Aus journalistischer Sicht ist dieses Vorgehen jedoch untragbar", argumentiert Fredrich.

Doch gesteht er ein, das Projekt nicht mit der konsequenten Ausdauer verfolgt zu haben, wie er es vor einem Jahr angekündigt habe. "Deshalb ziehe ich daraus die Konsequenzen: Ich werde die operative Geschäftsführung sowie die Chefredaktion von "Katapult" abgeben", schrieb Fredrich. Zugleich kündigte er an, sich nun ganz auf das Projekt "Katapult Ukraine" konzentrieren zu wollen. Anfragen dazu blieben am Mittwoch unbeantwortet.

Unmittelbar nach Beginn des russischen Krieges gegen die Ukraine hatte Fredrich das Projekt initiiert, um so die Berichterstattung aus der und über die Ukraine zu stärken. Er hatte Journalisten aus der Ukraine bezahlt und zum Teil auch eingestellt und versucht, in Odessa eine eigene Redaktion aufzubauen.

In Greifswald gebe es eine funktionierende Ukraine-Redaktion, die bisher 144 Artikel veröffentlicht habe, schrieb Fredrich. Es werde ein neues Magazin produziert, das in der ostukrainischen Stadt Charkiw gedruckt werde. Eine erste Ausgabe sei im Dezember erschienen, die nächsten seien für Juni und Dezember 2023 geplant. Ein Ukraine-Buch mit 400 Karten sei bisher in drei Sprachen übersetzt worden, die russische Ausgabe werde in Kürze als kostenfreies E-Book verfügbar sein.

Fredrich hatte mit der Neugründung des Magazins "Katapult" vor acht Jahren in der Branche Aufsehen erregt. Nach eigenen Angaben war es sein Ziel, sozialwissenschaftliche Themen auch für Menschen ohne Universitätsausbildung oder Abitur verständlich darzustellen. Das vierteljährlich nur als Printausgabe erscheinende Magazin hat Abonnenten in ganz Deutschland. Seit 2021 gibt "Katapult" auch eine großformatige regionale Zeitung für Mecklenburg-Vorpommern heraus. Fredrich zeige mit dem Karten-Magazin, wie man heute noch mit Mut, frischen Ideen und einer Portion Radikalität durchstarten könne, hatte das "Medium Magazin" dessen Ehrung als bester regionaler Chefredakteur 2022 begründet./fp/DP/zb