Washington (Reuters) - Der ehemalige US-Präsident Donald Trump hat nach einer Anklage im Zusammenhang mit dem Sturm auf den Kongress und mutmaßlich versuchten Wahlbetrugs auf nicht schuldig plädiert.

Der führende Präsidentschaftsbewerber der Republikaner flog am Donnerstag von seinem Golfclub in Bedminster im Bundesstaat New Jersey zu dem etwa 30-minütigen Termin in Washington ein. "Dies ist ein sehr trauriger Tag für Amerika", sagte er anschließend unmittelbar vor dem Abflug. Er wiederholte den Vorwurf, die Anklage sei politisch motiviert. Der nächste Gerichtstermin wurde auf den 28. August angesetzt. Trump muss nicht erscheinen. An diesem Tag soll Bundesbezirksrichterin Tanya Chutkan den Termin für das Hauptverfahren festlegen. Fünf Tage zuvor soll die erste Debatte der republikanischen Präsidentschaftsbewerber stattfinden.

In der am Dienstag veröffentlichten Anklageschrift wird Trump unter anderem vorgeworfen, sich mit sechs Personen verschworen zu haben, um das Ergebnis der Wahl 2020 abzuändern. Trump habe gewusst, dass sein Vorwurf der Wahlfälschung unwahr gewesen sei, hieß es. Er habe ihn trotzdem wiederholt, um eine intensive, landesweite, von Misstrauen und Wut geprägte Stimmung zu schaffen sowie das Vertrauen der Öffentlichkeit in den Ablauf der Wahl zu untergraben. Der schwerwiegendste der vier Anklagepunkte sieht eine Höchststrafe von 20 Jahren Haft vor. Trump hat die Vorwürfe im Zusammenhang mit dem Sturm auf das Kapitol stets zurückgewiesen. Sein Wahlkampfteam zog Parallelen zu Vorgängen in Nazi-Deutschland und anderen totalitären Staaten.

Umfragen zufolge liegt der Geschäftsmann im Vorwahlkampf der Republikaner deutlich vorne. Seine republikanischen Rivalen und andere führende Parteimitglieder haben Trump entweder verteidigt oder zumindest direkte Kritik an ihm vermieden. Viele Republikaner sprechen von einem politisch motivierten Verfahren. Allerdings könnten die Klagen Trump bei der eigentlichen Wahl Anfang November 2024 schaden: In einer am Donnerstag veröffentlichten Reuters/Ipsos-Umfrage gab etwa die Hälfte der Republikaner an, nicht für Trump stimmen zu wollen, wenn er wegen eines Verbrechens verurteilt würde. Allerdings sprachen sich 47 Prozent der Republikaner zunächst für ihn als Kandidaten aus. Damit baute er seinen Vorsprung aus vor dem Gouverneur von Florida, Ron DeSantis, der mit 13 Prozent an zweiter Stelle lag.

Trump Anhänger hatten am 6. Januar 2021 den Sitz des Kongresses gestürmt, um den Wahlsieg von Amtsinhaber Joe Biden zu verhindern. Dabei griffen sie die Polizei an, Abgeordnete flüchteten in Todesangst. Fünf Menschen starben während oder kurz nach dem Vorfall, etwa 140 Beamte wurden verletzt. Mehr als 1000 Personen sind inzwischen im Zusammenhang mit der Erstürmung angeklagt worden. Über die Anklage gegen Trump entschieden die Geschworenen einer Anklagejury (grand jury) auf Betreiben des Sonderermittlers Jack Smith. Dieser wurde vom Justizministerium eingesetzt, das als Teil der Exekutive dem Demokraten Biden unterstellt ist.

Trump ist in gleich mehrere Gerichtsverfahren auf Bundes- und Landesebene verwickelt. Er wurde bereits im Zusammenhang mit der Einbehaltung von Geheimdokumenten als erster Ex-Präsident der Geschichte von einer Grand Jury angeklagt. Auch an dem Verfahren ist Smith beteiligt. Neben diesen Verfahren auf Bundesebene sieht sich Trump auch mit Klagen auf Landesebene in Georgia und New York konfrontiert. Der 77-Jährige hat in allen Fällen wiederholt seine Unschuld beteuert. Keine davon hindert Trump daran, weiter Wahlkampf zu betreiben oder im Fall eines Sieges ins Weiße Haus zurückzukehren. Experten zufolge gäbe es selbst im Falle eines Schuldspruchs und einer Gefängnisstrafe keine Handhabe, um Trump daran zu hindern, den Amtseid abzulegen.

(Bericht von Sarah N. Lynch, Andrew Goudsward und Jacqueline Thomsen; Geschrieben von Scot W. Stevenson; Redigiert von Birgit Mittwollen. Bei Rückfragen wenden Sie sich bitte an unsere Redaktion unter berlin.newsroom@thomsonreuters.com (für Politik und Konjunktur) oder frankfurt.newsroom@thomsonreuters.com (für Unternehmen und Märkte).)