Deutschlands Strategie eines raschen Ausbaus von erneuerbaren Energien im Rahmen der Energiewende hat zu einem starken Anstieg der Energiepreise geführt, der die internationale Wettbewerbsfähigkeit der deutschen Wirtschaft schwächt, zeigt eine neue Studie von IHS, dem weltweit führenden Informations- und Analyseunternehmen. Gleichzeitig, so sagt die Studie, sind die deutschen Treibhausgasemissionen jedoch angestiegen.

Laut der Studie könnte eine Neujustierung die Energiewende wieder näher an ihre ursprünglichen Ziele heranführen, nämlich den Übergang zu einer nachhaltigen Energieversorgung, die sowohl emissionsarm ist als auch weitere Vorteile in Form einer stabileren Wirtschaftsleistung, mehr Arbeitsplätzen, mehr Einkommen, einer Sicherung der Exportposition und höherer Staatseinahmen bringt.

Die IHS-Studie mit dem Titel "Energiewende im globalen Kontext: Sicherung der deutschen Wettbewerbsfähigkeit unter neuen Rahmenbedingungen an den Energiemärkten" analysiert den Zusammenhang von Deutschlands Energiepreisen im internationalen Vergleich und der Wettbewerbsfähigkeit der deutschen Wirtschaft. Zukünftige Entwicklungen unter Beibehaltung des derzeitigen energiepolitischen Kurses werden mit denen einer neujustierten Energiewende, bei der im Inland gefördertes Erdgas eine größere Rolle spielt, verglichen.

Im Vergleich mit der derzeitigen Strategie hat eine wettbewerbsfähigere Energiewende folgende wirtschaftliche Vorteile:

  • Bruttoinlandsprodukt: Das BIP liegt 2020 um fast 28 Mrd. Euro und damit um fast 0,9 Prozent höher. Langfristig ist die Entwicklung des BIP noch positiver: bis 2040 liegt es um 138 Mrd. Euro höher (+3,4 Prozent).
  • Beschäftigung: 2020 gibt es 207.000 bzw. 0,5 Prozent mehr Arbeitsplätze Langfristig entstehen bis 2040 fast 1 Million zusätzliche Arbeitsplätze. Bei diesen Beschäftigungssteigerungen ist das geringere Wachstum bei den Arbeitsplätzen in den Industriebereichen der ?grünen" Energie mit berücksichtigt.
  • Verfügbares Einkommen: Der Bürger profitiert von der Reform der Energiewende durch höhere verfügbare Einkommen. Im Durchschnitt erhöht die Reform das verfügbare Jahreseinkommen pro Kopf um 123 Euro bis 2020 und um 847 Euro bis 2040.
  • Staatliche Einnahmen: Durch höheres Wirtschaftswachstum und die Abgaben aus der Gasförderung steigen die jährlichen Staatseinnahmen gegenüber dem alten energiepolitischen Kurs bis 2030 um fast 40 Mrd. Euro. Bis 2040 nimmt der Staat sogar 68 Mrd. Euro zusätzlich ein.
  • Außenhandel: Niedrigere Energiepreise erhöhen die Wettbewerbsfähigkeit Deutschlands. Der Außenhandelsüberschuss mit Industrieerzeugnissen liegt 2030 um 36 Mrd. Euro und 2040 um 63 Mrd. Euro höher als ohne Reform. Dies entspricht einem Plus von 20 Prozent.

"Der derzeitige Weg führt zu einer sinkenden Wettbewerbsfähigkeit Deutschlands, zu Einbußen bei Arbeitsplätzen und Investitionen und legt Unternehmen und Haushalten zusätzliche Kostenbelastungen auf", sagte der Vizepräsident von IHS und Pulitzer-Preisträger Daniel Yergin. "Aber es gibt einen alternativen Weg, der die Energiewende wieder auf den ursprünglich gedachten Kurs zurück bringt. Diese Kurskorrektur wird es Deutschland ermöglichen, sowohl die Vorteile einer Verringerung des Treibhausgasausstoßes durch einen höheren Anteil an erneuerbaren Energien zu realisieren als auch die Kosten insgesamt zu reduzieren."

Die Studie stellt fest, dass, obwohl Deutschland sich einen kostenintensiven, raschen Ausbau von erneuerbaren Energien geleistet hat, die Treibhausgasemissionen in den vergangenen Jahren aufgrund einer stärkeren Nutzung von Kohlekraftwerken, der Stilllegung von Kernkraftwerken und einer sich nur langsam verbessernden Energieeffizienz angestiegen sind. Die Emissionen bei der Stromerzeugung sind daher nicht mehr im Einklang mit den CO2-Emissionszielen, die für die ganze Wirtschaft gelten.

Hohe und im internationalen Vergleich stark steigende Strompreise waren in den vergangenen sechs Jahren verantwortlich für einen Verlust an Nettoexporten in Höhe von 52 Mrd. Euro. Betroffen waren nicht nur die energieintensiven Branchen. Die Wettbewerbsfähigkeit des Industrienetzwerkes wurde insgesamt geschwächt mit negativen Folgen für die gesamte Volkswirtschaft.

"Die Wertschöpfungsketten und Unternehmenscluster in der deutschen Industrie sind die mit am höchsten entwickelten Strukturen ihrer Art weltweit und verbinden energieintensive und nicht energieintensive Betriebe", sagte Ralf Wiegert, Direktor bei IHS Economics. "Das Argument, dass die Industriepolitik hauptsächlich auf 'grüne', weniger energieintensive Branchen setzen sollte, lässt wichtige Aspekte außer Acht. Eine Politik, die Deutschlands energieintensive Industrien bewusst einem empfindlichen internationalen Wettbewerbsnachteil aussetzt, wird weitreichende Konsequenzen für die gesamte heimische Industrielandschaft und die deutsche Wirtschaft insgesamt haben."

Die Studie stellt fest, dass Deutschland vor allem aus zwei Gründen an Attraktivität für Industrieunternehmen verloren hat: Die Schiefergasrevolution in den USA, die die dortigen Gaspreise auf weniger als ein Drittel des deutschen Preises gesenkt hat, und Deutschlands hohe Stromkosten.

Eine Neuausrichtung der Energiewende kann die Kosten der Stromerzeugung in Deutschland zwischen 2014 und 2040 insgesamt um 125 Mrd. Euro verringern - vor allem durch einen gedämpften Ausbau von Windenergie auf hoher See. Diese Strategie setzt, um den Anstieg der Treibhausgasemissionen insgesamt zu begrenzen, im Strommix auf eine wachsende Rolle für heimisches Erdgas, welches nur halb so viele CO2-Emissionen bei der Stromerzeugung verursacht wie Kohle. Die Vorteile der Kostenersparnisse beim Windausbau würden dabei teilweise durch Aufwendungen für Energieträger und Emissionskosten ausgeglichen.

Der Treibhausgasausstoß bliebe ungefähr auf dem gegenwärtigen Niveau mit einem Nettoanstieg von rund 10Prozent im Zeitraum 2014 bis 2040 im Vergleich zu den gegenwärtigen Plänen der Energiewende. Ohne eine verstärkte Rolle von Erdgas jedoch würde der Treibhausgasausstoß in einem kostengünstigeren Szenario fast 20 Prozent höher liegen, stellt die Studie fest.

Die verstärkte Förderung von Gas in Deutschland und in anderen Ländern der Europäischen Union würde die Versorgungssicherheit mit Energie erhöhen und die europäischen Gaspreise um 20 Prozent senken, so die Studie. Durch die niedrigeren Gaspreise wäre die emissionsärmere, gasbasierte Stromerzeugung insgesamt wirtschaftlicher als Kohlestrom.

IHS schätzt, dass ab dem Jahr 2030 mehr als 20 Milliarden Kubikmeter Schiefergas pro Jahr in Deutschland gefördert werden können, wobei ein Produktionsmaximum bei 25 Milliarden Kubikmeter pro Jahr zur Mitte der Dekade erreicht werden könnte. Die deutschen Vorkommen reichen aus, um im Prognosezeitraum mehr als 35 Prozent des deutschen Gasbedarfs zu decken.

Für die 28 Länder der Europäischen Union könnte die Schiefergasproduktion insgesamt 70 Milliarden Kubikmeter im Jahr 2030 erreichen und danach bis auf 90 Milliarden Kubikmeter im Jahr 2040 ansteigen. Dies entspricht den gegenwärtigen Gasimporten der EU aus Norwegen oder mehr als zwei Drittel der Gasimporte aus Russland, erläutert die Studie.

Die Förderung von Schiefergas würde auch wesentlich zu den wirtschaftlichen Vorteilen beitragen, die die Studie ermittelt. 77 Prozent des Anstiegs des Bruttoinlandsprodukts werden 2020 durch die Bereitstellung von heimischen Schiefergas ausgelöst und fast 44Prozent im Jahr 2040.

Die vorliegende Studie untersucht auch die Rolle der Rabatte auf die Umlage für den Strompreis gemäß dem Erneuerbare Energien Gesetz (EEG). Diese Rabatte haben die energieintensiven Industrieunternehmen in Deutschland bislang teilweise vor den rasch steigenden Kosten der Förderung erneuerbarer Energien geschützt. Die Studie zeigt, dass die Beibehaltung der gegenwärtigen Rabatte für energieintensive Betriebe essenziell für die Umsetzung der Strategie einer wettbewerbsfähigeren Energiewende und für die Realisierung ihrer wirtschaftlichen Vorteile ist.

Ein Abschmelzen der Rabatte auf die EEG-Umlage wäre unmittelbar und deutlich in der Wirtschaftsleistung zu spüren. Stromkunden, die gegenwärtig in den vollen Genuss der Rabatte kommen, würden 2014 mit einem Strompreisanstieg von mehr 65 Prozent konfrontiert. Das deutsche Bruttoinlandsprodukt wäre schon im Jahr 2020 um fast 5 Prozent niedriger als unter Fortsetzung des bisherigen Kurses, in dem die Rabatte beibehalten werden. 1,1 Millionen Arbeitsplätze -- die Hälfte davon in der Industrie -- gingen verloren, und das verfügbare Pro-Kopf-Einkommen wäre um mehr als 500 Euro pro Jahr geringer.

Informationen zu dieser Studie

"Energiewende im globalen Kontext: Sicherung der deutschen Wettbewerbsfähigkeit unter neuen Rahmenbedingungen an den Energiemärkten" ist eine Studie, die die deutsche Wettbewerbsfähigkeit angesichts von sich rasch ändernden globalen Rahmenbedingungen auf den Energiemärkten analysiert, die hauptsächlich durch den Ausbau der Schiefergasförderung ausgelöst wurden. Die Studie analysiert alternative Wege hin zu einer emissionsarmen Energiewirtschaft, den Beitrag von Erdgas zur Erreichung dieser Ziele und Paradigmen, und sie quantifiziert die Effekte die durch die sich verändernde globale Wettbewerbsfähigkeit Deutschlands hervorgerufen werden. Diese Analyse wurde unterstützt vom Verband der Chemischen Industrie (VCI), dem Bundesverband der Deutschen Industrie (BDI), dem Wirtschaftsverband Erdöl- und Erdgasgewinnung, BASF, Bayer, BP, Central European Petroleum, Dow, Evonik, ExxonMobil, Linde, Total, Vestolit, und Wacker. IHS ist alleine verantwortlich für die Analyse und den Inhalt der Studie.

Download A More Competitive Energiewende: Securing Germany's Global Competitiveness in a New Energy World at:www.ihs.com/GCSv2.

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