Von Rochelle Toplensky

LONDON (Dow Jones)--Da zeigen sich die deutlichen Unterschiede. Gemessen an ihren Aktienrückkaufsversprechen ist die UBS deutlich zuversichtlicher, das laufende Jahr prima zu überstehen, als der auf Asien fokussierte Rivale HSBC. Das Schweizer Geldhaus verzeichnete am Montag das beste erste Quartal seit 2007 und erhöhte die Aussichten für den Aktienrückkauf in diesem Jahr auf das obere Ende der genannten Spanne. HSBC äußerte sich etwas zurückhaltender. Das Geldhaus wird frühere Rückkaufversprechen zwar einhalten, glaubt aber nicht, dass es weitere Rückkäufe in diesem Jahr geben wird.

Für die europäischen Banken zeichnet sich insgesamt ein durchwachsenes Quartal ab, ebenso wie für ihre US-Konkurrenz. Ein Hauptgrund für den Kontrast zwischen zwei der größten europäischen Finanzinstitute ist die Tatsache, dass sich die HSBC mitten in einem Umbau befindet. Die Neuausrichtung auf Hongkong und China stützt sich auf historisches Fachwissen, macht sie jedoch anfällig für harte Anti-Covid-19-Maßnahmen. Außerdem trüben die gedämpfte Marktstimmung und die Schwankungen im chinesischen Gewerbeimmobiliensektor das Geschäft ein.

HSBC meldete niedrigere Einnahmen und Gewinne sowie wahrscheinliche beträchtliche Kreditverluste, die 250 Millionen US-Dollar mit russischen Geschäftspartnern umfasst, 160 Millionen Dollar für chinesische Gewerbeimmobilien und 525 Millionen Dollar wegen des Kriegs, der Inflation und der zunehmenden konjunkturellen Unsicherheiten. Die Bank ist in Russland mit 1,3 Milliarden Dollar engagiert und hat weitere rund 400 Millionen Dollar bei russischen Firmen im Feuer. Finanzchef Ewen Stevenson glaubt dennoch, es müsste schon zu einer dramatischen Verschlechterung kommen, damit die Belastung noch stiege. Er warnt allerdings, dass die Situation im chinesischen Immobiliensektor "sehr unbeständig" sei.

Die Kernkapitalquote Core Tier 1 der Bank ist im Quartal von 15,8 auf 14,1 Prozent gesunken, und Stevenson hält es für möglich, dass sie in diesem Jahr unter die Zielspanne von 14 bis 14,5 Prozent fallen könnte: Daher die Zurückhaltung bei den Aktienrückkäufen. Mit Blick nach vorn ist zu erwarten, dass Engpässe in der Lieferkette die Handelsfinanzierung von HSBC wahrscheinlich weiter ankurbeln wird und mit steigenden Zinssätze die Erträge wachsen.


 Trendwende bei der UBS 

Unterdessen befindet sich UBS nach dem Umbau im vergangenen Jahrzehnt im Wachstumsmodus. Sie streckt die Bilanz in allen Geschäftsbereichen und steigert ihre Gewinne, zuletzt gestützt von einem Rekordquartal im Global-Markets-Geschäft, das von der Volatilität profitierte. Die Kreditverluste der Gruppe waren minimal, aber es gab einen Ertragseffekt in Höhe von 100 Millionen Dollar im Zusammenhang mit russischen Vermögenswerten, wobei das gesamte Russland-Engagement auf etwa 400 Millionen US-Dollar reduziert wurde.

Anlass zur Sorge machen die rückläufigen Gewinne in Asien, einem wichtigen Wachstumsmarkt für die UBS. Die Kunden dort haben in den vergangenen Quartalen als Reaktion auf Pekings gemeinsame Wohlstandsinitiative und Änderungen in der Technologie- und Immobilienpolitik ihre Schulden zurückgeführt. Hoffnungen auf eine wieder höhere Risikobereitschaft könnten durch neue Covid-19-Beschränkungen und eine höhere Inflation zunichte gemacht werden.

Die UBS-Aktie stieg zuletzt um rund 2 Prozent, während die von HSBC um fast 5 Prozent nachgab. Aber die gegenläufige Entwicklung sollte nicht allzu überraschend sein. Wie die sehr wohlhabenden Kunden ist auch UBS gestärkt aus der Pandemie herausgekommen. Ihre Aktien werden etwa zum materiellen Buchwert gehandelt, was für eine europäische Bank sehr hoch, im Vergleich zur amerikanischen Konkurrenz aber günstig ist. Die HSBC-Aktie ist mit dem 0,7-fachen des materiellen Buchwerts optisch sogar billiger, aber die Bank kämpft immer wieder damit, ihr ausuferndes Geschäft umzugestalten, das in der Ära der hemmungslosen Globalisierung prima funktioniert hat. Für keine der beiden Banken wird der Weg in die nähere Zukunft reibungslos verlaufen, aber für HSBC ist die Reise ungleich schwieriger, weil sie den Motor ihres Geschäfts bei laufendem Betrieb warten muss.

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April 27, 2022 09:58 ET (13:58 GMT)