Von Ulrike Dauer

FRANKFURT (Dow Jones)--Henkel wird sich von mehreren Aktionärsvertretern am Montag auf der Jahreshauptversammlung deutliche Kritik an Strategie und Rendite sowie Fragen zur neuen Mega-Geschäftseinheit Consumer Brands und zum endlich eingetüteten Russland-Exit anhören müssen. Auch werden Vorstand und Aufsichtsrat des Düsseldorfer Konsumgüter-Konzerns mit einem "Nein" zu Tagesordnungspunkten wie Vergütung, Entlastung und Plänen für virtuelle Hauptversammlungen konfrontiert werden. Gut an kommt hingegen die stabile Dividende von 1,85 Euro je Vorzugsaktie. Vanda Rothacker, Senior ESG-Analystin bei der Fondsgesellschaft Union Investment, findet die Dividende in ihrer Dow Jones Newswires vorab zur Verfügung gestellten Rede zur Hauptversammlung "angemessen". DSW-Hauptgeschäftsführerin Jella Benner-Heinacher lobt in ihren Anmerkungen Dow Jones Newswires gegenüber die "bisher höchste Ausschüttungsquote von 46,6 Prozent" - "das ist die Beruhigungspille für die Aktionäre, die wir gerne nehmen".

Folgende Themen werden für Union Investment sowie die Aktionärsvereinigungen DSW und SDK nach eigenen Angaben relevant auf dem Präsenz-Aktionärstreffen, das am Montag, den 24. April, um 10 Uhr in Düsseldorf startet:


VERKAUF RUSSLAND-GESCHÄFT: Am Donnerstag meldete Henkel den - sich lange hingezogenen - Verkauf des Russland-Geschäfts für umgerechnet 600 Millionen Euro an ein russisches Konsortium von Finanzinvestoren, die keinen EU- oder US-Sanktionen unterliegen. Einem Konzernsprecher zufolge dürfte aus der Gesamttransaktion für den Konzern ein Verlust anfallen, dessen Größenordnung Henkel allerdings erst im Jahresverlauf genauer beziffern könne. Die Transaktion fand so kurzfristig statt, dass CEO Carsten Knobel am Montag bei der Hauptversammlung bei seiner Rede von dem bereits zuvor veröffentlichten Manuskript abweichen wird.

Bei den Kapitalanlegern kommt die Transaktion durchwachsen an. DSW-Vertreterin Benner-Heinacher lobt, dass "jetzt endlich Vollzug gemeldet" wird, die Entscheidung sei angesichts geringer Wachstumssaussichten in Russland in den kommenden Jahren "richtig und wichtig". Der Verkaufspreis liege deutlich über ihren Erwartungen, Henkel könne trotz des Umsatzverlustes "doch noch mit einem blauen Auge davon kommen". Für Rothacker von Union Investment liegt der Preis im Rahmen der Erwartungen. Für ihre Einschätzung seien aber Informationen zu möglichen weiteren Vereinbarungen wichtig, wie zum Beispiel die Option eines Rückkaufs, wenn sich die politische Lage in Russland ändern sollte. Alexander Elsmann von der SDK sagte Dow Jones Newswires, er finde den Verkaufspreis "doch nicht so schlecht wie befürchtet". Er frage sich aber, ob der Verkauf wirklich notwendig war, ob ein Festhalten an Russland nicht die bessere Option für die Aktionäre gewesen wäre.


CHINA - Union Investment möchte wissen, inwieweit der Konzern gerüstet ist für geopolitische Spannungen in anderen Regionen. "Welche Folgen hätte es für Henkel, wenn sich das Verhältnis von China zu den westlichen Mächten verschlechtern würde? Wie sind Sie auf eine mögliche Eskalation in der Region vorbereitet? Wie wollen Sie in diesem Fall einen möglichen Schaden von Henkel und den Anteilseignern abwenden?", fragt Analystin Rothacker. Union Investment vertritt nach eigenen Angaben 0,9 Prozent der Henkel-Aktien.


CONSUMER BRANDS - Der Konzernumbau wird SDKs Elsmann zufolge kaum etwas daran ändern, dass Henkel die "starken Marken mit internationaler Strahlkraft im Wasch- und Kosmetikbereich" fehlen. Der Umbau werde kaum zu Umsatzwachstum führen, und die in Aussicht gestellten Einspareffekte erschienen "auch fraglich". Auch Rothacker von Union Investment sagt, das neue Segment müsse erst noch beweisen, dass das Zusammenlegen die Profitabilität steigert. Vom Mittelfristziel einer bereinigten EBIT-Marge von 16 Prozent sei der Konzern "derzeit weit entfernt". Rothacker möchte vom Management mehr Informationen zu den Gewinn- und Renditeprognosen. "Und werden Sie Consumer Brands verkaufen, falls Sie Ihre Ziele nicht erreichen?", will sie Henkel-CEO Knobel fragen.


VIRTUELLE HAUPTVERSAMMLUNG - Alle drei Aktionärsvertreter wollen die von Henkel angestrebte Satzungsänderung ablehnen, mit der künftig virtuelle Hauptversammlungen bzw die virtuelle Teilnahme von Aufsichtsräten an den Hauptversammlungen möglich sein sollen. Union Investment ist dagegen, weil Henkel zu wenig konkret erläutert, unter welchen Bedingungen der Vorstand von der virtuellen Hauptversammlung Gebrauch machen möchte und wie diese künftig genau ausgestaltet sein sollen.


VERGÜTUNG VORSTAND - Union Investment und DSW wollen gegen die Billigung des Vergütungsberichts 2022 votieren. Union Investment zufolge berücksichtigt die Vergütung bisher ESG-Kriterien zu wenig, DSW kritisiert die Jahresboni an den Vorstand im Vergleich zur Unternehmensperformance sowie Zahlungen an ausgeschiedene Vorstandsmitglieder. Die SDK lehnt Elsmann zufolge das geplante Vorstandsvergütungssystem für 2023 ab.


ENTLASTUNG AUFSICHTSRAT - AKTIENRÜCKKAUF - NACHHALTIGKEIT - Gegen die Entlastung von Aufsichtsrat und Gesellschafterausschuss will Union Investment laut Rothacker stimmen. Mehr als die Hälfte der Mitglieder des Aufsichtsrats können "von uns nicht als unabhängig eingestuft werden". Die Ermächtigung zum Aktienrückkauf soll abgelehnt werden, unter anderem wegen des langen Zeitraums bis 2028. Außerdem fordert der Fondsmanager mehr Anstrengungen in punkto Nachhaltigkeit - zum Beispiel ein Aufsichtsratsmitglied mit ausgewiesener ESG-Expertise sowie langfristig ambitioniertere Nachhaltigkeitsziele, die auch die Zulieferer des Konzerns mit einbeziehen.

Kontakt zur Autorin: ulrike.dauer@wsj.com; @UlrikeDauer_

DJG/uxd/sha

(END) Dow Jones Newswires

April 21, 2023 14:26 ET (18:26 GMT)