(neu: Aktienkurs, weitere Aussagen Management.)

BADEN-BADEN (dpa-AFX) - Der Leasingspezialist Grenke hat 2022 deutlich mehr Neugeschäft gemacht als im noch stark von Corona geprägten Vorjahr. Das Volumen des Leasingneugeschäfts stieg um rund 39 Prozent auf 2,3 Milliarden Euro, wie das im SDax notierte Unternehmen am Mittwoch in Baden-Baden mitteilte. Damit erreichte Grenke das obere Ende der im Oktober angehobenen Prognosespanne von 2,1 bis 2,3 Milliarden Euro. Der Deckungsbeitrag als Maß für den operativen Gewinn konnte allerdings wegen steigender Zinsen nicht ganz so stark zulegen, die entsprechende Marge ging damit zurück. Der Aktienkurs startete mit deutlichen Gewinnen, drehte aber zuletzt ins Minus.

Das Papier lag nach dem Mittag 2,5 Prozent im Minus bei 20,88 Euro. Zuvor hatte die Aktie zwischenzeitlich noch bis zu gut 7 Prozent zugelegt und ein Hoch seit November erreicht. Das Jahr sei mit einem starken Ausklang zu Ende gegangen, das Wachstum sei höher ausgefallen als erwartet, schrieb Warburg-Analyst Marius Fuhrberg. Die Zahlen unterstrichen einmal mehr den Aufwärtstrend bei dem Leasingspezialisten. Experten verwiesen jedoch auch auf die sinkende Marge. In den vergangenen Tagen hatte der Kurs sich von einem Tief bei unter 19 Euro gegen Ende Dezember spürbar erholt - Händler sprachen daher auch von möglichen Gewinnmitnahmen.

Die Profitabilität ging im Gesamtjahr zurück, auch weil sich Grenke zunehmend auf größere Verträge konzentriert, die in aller Regel nicht so rentabel sind. Vor allem belasteten aber die anziehenden Zinsen, weil Grenke diese nur mit Zeitverzug an die eigenen Kunden weitergeben kann. "Auch im vierten Quartal war es wichtig, dem extrem dynamischen Zinsanstieg zu trotzen", sagte Finanzchef Sebastian Hirsch laut Mitteilung. Diese Umstände dürften voraussichtlich noch einige Monate anhalten. Nach früheren Angaben dauert es in den einzelnen Märkten üblicherweise ein Quartal, bis Grenke höhere Refinanzierungskosten weiterreichen kann.

In einem auf Youtube veröffentlichten Video sagte Hirsch, die Marge liege derzeit unter dem normalen Zielniveau - das sei angesichts des Zinsumfelds aber erwartet worden. "Solange wir steigende Zinsen sehen, werden wir auch etwas niedrigere Deckungsbeitragsmargen haben", räumte er ein. Hirsch leitet aktuell für den derzeit krankheitsbedingt pausierenden Vorstandschef Michael Bücker auch die Gesamtgeschäfte des Konzerns interimistisch.

Der Deckungsbeitrag, also die Differenz zwischen den Erlösen und den variablen Kosten, kletterte im vergangenen Jahr um gut 26 Prozent auf knapp 370 Millionen Euro. Die Marge gemessen am Deckungsbeitrag ging somit um eineinhalb Prozentpunkte auf 16,1 Prozent zurück.

Die Coronadelle haben die Baden-Badener auch noch nicht ganz hinter sich gelassen, schließlich liegt das Neugeschäftsvolumen nach wie vor unter dem Wert von 2019 mit damals 2,8 Milliarden Euro. Bis 2024 haben Bücker und Hirsch aber Neugeschäft in Höhe von 3,4 Milliarden Euro ins Auge gefasst.

Grenke bietet vor allem Leasinggeschäfte für kleine und mittlere Gewerbekunden an, die ihre Geschäftsausstattung wie Rechner, Drucker oder Restaurantmöbel lieber leasen, anstatt zu kaufen. Das hatte in der Pandemie vor allem im Gastgewerbe und im Tourismus in Südeuropa die Geschäfte einbrechen lassen.

Im Schlussquartal machte Grenke das meiste Neugeschäft in Westeuropa, vor allem in Frankreich. Am stärksten zulegen konnte indes die Region Nord- und Osteuropa, insbesondere Großbritannien und Finnland. Das durchschnittliche Volumen eines Neuvertrages lag im vierten Quartal bei 9443 Euro und legte damit um neun Prozent zu.

Auch wenn sich die Grenke-Aktie zuletzt etwas von den Kurstiefs um die 18 Euro aus dem Herbst und von vor dem Jahreswechsel lösen konnte - die Corona-Delle und der Einfluss der Shortseller-Vorwürfe von vor über zwei Jahren ist nach wie vor für die Anleger deutlich zu spüren. Auch im Jahr 2022 war die Bilanz schlecht, der Kurs fiel um über ein Drittel. Vor Ausbruch von Corona im Februar 2020 notierte das Papier noch über der Marke von 100 Euro.

Im Herbst 2020 hatte der Leerverkäufer Viceroy schwere Vorwürfe rund um die Geschäftspraktiken der Firma erhoben. Eine Sonderprüfung der Finanzaufsicht Bafin stellte daraufhin organisatorische Mängel fest. Grenke erhielt letztlich das volle Testat für seine Bilanzen, ordnete aber in der Folge auch seine Beteiligungen neu und übernahm Franchisegesellschaften, deren Rolle von Anlegern moniert worden war. Ende Dezember schloss Grenke Kaufverträge über weitere vier von 14 noch zum Kauf ausstehenden Franchisegesellschaften ab. Die restlichen Übernahmen sollen bis Mitte 2023 abgeschlossen werden.

Den Geschäftsbericht mit den finalen Zahlen legt Grenke am 16. März vor./men/zb/mis/jha/