Halbjahresfinanzbericht 2021

der Fernheizwerk Neukölln Aktiengesellschaft

Zwischenlagebericht

vom 1. Januar bis 30. Juni 2021

Grundlagen des Unternehmens

Geschäftsmodell

Die Fernheizwerk Neukölln Aktiengesellschaft (FHW) ist der traditionelle Fernwärmeversorger im großstädtischen Kerngebiet des Berliner Bezirks Neukölln. Am Weigandufer 49 erzeugt das Unternehmen Fernwärme. Dafür sorgen derzeit sieben Großkessel unter Einsatz von Holzpellets, Erdgas, Steinkohle und Heizöl. Zusätzlich produzieren sieben Blockheizkraftwerke effizient Wärme und Strom in Kraft-Wärme-Kopplung (KWK). Dieser gekoppelte Erzeugungsprozess ermöglicht einen besonders hohen Ausnutzungsgrad der Brennstoffe.

Unsere Fernwärme für Heizung und Warmwasserbereitung erreicht ein Stadtgebiet mit ca. 200.000 Einwohnern, einer kompletten öffentlichen Infrastruktur, drei großen Geschäftsstraßen und einem Industrie- und Gewerbegebiet mit einer Fläche von ca. 280 ha. Unser Wärmenetz wächst stetig und reicht mittlerweile vom Landwehrkanal in Kreuzberg über die Grenzallee in Neukölln, Reuterkiez und Körnerpark bis an das Tempelhofer Feld in der Oderstraße.

Unsere Fernwärmekunden gehören zur Wohnungswirtschaft (85 %), sind öffentliche Einrichtungen (9 %) und Gewerbeobjekte (6 %). FHW verfügt nach eigenen Erhebungen über einen Anteil von annähernd einem Drittel am lokalen Wärmemarkt, während auf die Hauptwettbewerbsenergie Erdgas rund die Hälfte entfällt und sich Heizöl rückläufig entwickelt. Der hohe Marktanteil und unser stetig wachsendes Fernwärmenetz bilden die Grundlage unserer Geschäftstätigkeit.

In den nächsten Jahren steht Neuköllns ökologisch-soziale Wärmewende im Fokus. Infolgedessen werden bedeutende Investitionen in die Erzeugeranlagen notwendig, um bis spätestens 2025 aus der Steinkohleverbrennung auszusteigen. Dafür ersetzen wir im laufenden Betrieb unsere Wärmeerzeugungsanlagen am Standort durch neue, umweltfreundlichere Anlagen und integrieren verstärkt regenerative Energiequellen. Zudem ermutigen wir lokale Unternehmen, bei denen Verbrennungs- und Erhitzungsprozesse stattfinden, industrielle Abwärme in unser Fernwärmesystem einzuspeisen, um so die CO-Emissionen des FHW stetig zu senken.

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Wirtschaftsbericht

Corona-Pandemie

Die gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Einschränkungen durch das Coronavirus waren im ersten Halbjahr 2021 weiterhin vorhanden. Die Pandemie hatte allerdings kaum Auswirkungen auf unseren Absatz von Fernwärme.

Für das FHW haben sich durch die Corona-Pandemie keine bestandsgefährdenden Risiken ergeben, und wir gehen zum jetzigen Zeitpunkt auch für die Zukunft von einer unveränderten Risikolage aus. Die vorliegenden Pandemiepläne und die Richtlinien zu deren Umsetzung werden fortlaufend aktualisiert und im Unternehmen kommuniziert. Gleichzeitig führten die im Zuge des Risikomanagementsystems frühzeitig umgesetzten Präventivmaßnahmen, u. a. strikte Einschränkungen des Kraftwerkszutritts, Anpassungen im Schichtbetriebund digitale Formen der Zusammenarbeit und Kommunikation, zu einer Minimierung der Infektionsgefahr für Mitarbeiter*innen. Somit wurden und werden sowohl eine sicherere Wärmeversorgung unserer Kunden als auch die Aufrechterhaltung aller betriebsnotwendigen Geschäftsprozesse gewährleistet. Darüber hinaus informieren wir unsere Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen sowie die Behörden regelmäßig über die aktuelle Situation, um gegebenenfalls zeitnah weitere Maßnahmen einleiten zu können. Für unsere Planung sehen wir durch die Corona-Pandemie weiterhin nur geringe Auswirkungen, die nach aktueller Einschätzung auch zu keinem spürbaren Ergebniseinfluss führen.

Rahmenbedingungen

Der Geschäftsverlauf der Fernheizwerk Neukölln Aktiengesellschaft als Wärmeversorger wird maßgeblich vom Wetter beeinflusst. Die Heizgradwerte, als branchenübliches Maß für die Witterungsverhältnisse, lagen im ersten Halbjahr ca. 16 % über dem Vorjahreswert. Es war somit ein kaltes erstes Halbjahr 2021.

Fernwärme ist hinsichtlich der Wettbewerbsfähigkeit und Wirtschaftlichkeit maßgeblich von der Entwicklung der Primärenergiepreise sowie der Preise für CO2-Zertifikate abhängig.

In den ersten sechs Monaten des Jahres 2021 stiegen die Primärenergiepreise der einzelnen Energieträger deutlich an. Insbesondere die Preise für Erdgas verzeichneten eine annähernde Verdreifachung (+ 175 %) im Vergleich zur ersten Jahreshälfte 2020. Die Preise für Steinkohle stiegen ebenfalls spürbar an (+ 15 %) im Vergleich zum Vorjahreszeitraum. Bei den Holzpellets war hingegen ein moderater Preisrückgang (- 6 %) zu verzeichnen.

Die CO2-Zertifikatepreise stiegen in den vergangenen Jahren kontinuierlich an. Diese Entwicklung setzte sich in der ersten Jahreshälfte 2021 fort und es kam im Vergleich zum Vorjahreszeitraum zu einer Verdoppelung (+ 99 %) der Preise.

Die Auswirkungen dieser Entwicklungen am Brennstoff- und CO2-Zertifikatemarkt waren bereits in der ersten Jahreshälfte spürbar und werden sich noch deutlicher in der zweiten Jahreshälfte bzw. in der kommenden Heizperiode in unserer Geschäftsentwicklung widerspiegeln.

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Für FHW steigt damit die Bedeutung einer energieeffizienten und ressourcenschonenden Fernwärme- erzeugung bei gleichzeitig wachsendem Anspruch, zunehmend regenerative Energien einzusetzen, um die Umweltauswirkung bei der Wärmeproduktion kontinuierlich zu reduzieren. Das Berliner Abgeordne- tenhaus hat am 19. August 2021 mit dem Beschluss des Berliner Klimaschutz- und Energiewendege- setzes (EWG Bln) das Tempo für die Reduzierung der CO2-Emissionen nochmals erhöht. Im EWG Bln werden Klimaziele sowie notwendige Maßnahmen für das Land Berlin zu deren Erreichung benannt. Danach gilt u.a. ab 2023 eine Solarpflicht für geeignete Dachflächen öffentlicher Gebäude und eine deutliche Absenkung des Energieverbrauchs für neu zu errichtende und zu sanierende Gebäude. Die Fernwärmeversorger Berlins werden verpflichtet, bis 2030 einen Anteil von 40 % Erneuerbare Energien bei der Wärmeproduktion einzusetzen sowie zwischen 2040 und 2045 die Wärme komplett CO2-frei zu erzeugen. Die Beendigung der Energieerzeugung auf Basis von Steinkohle ist unverändert bis zum Jahr 2030 gesetzlich festgeschrieben. Ziel dieser Maßnahmen ist die Reduzierung der CO2-Emissionen in Berlin um mindestens 70 % bis 2030, um mindestens 90 % bis 2040 sowie um mindestens 95 % bis 2045 im Vergleich zu 1990.

Das FHW stellt sich diesen Herausforderungen und wird bereits 2025 die steinkohlebasierte Energieer- zeugung vollständig durch eine umweltfreundlichere Energieproduktion ersetzen. Bereits in 2021 wur- den und werden Maßnahmen ergriffen, um die Erzeugungsstrategie auf die gestellten Anforderungen auszurichten und damit der gesellschaftspolitischen Verantwortung gerecht zu werden.

Die geschäftlichen Rahmenbedingungen für die Fernheizwerk Neukölln AG sind aus unserer Sicht trotz der sich verschärfenden Marktsituation weiterhin solide. Die Ergebniserwartungen an das Geschäftsjahr 2021 sind insgesamt als positiv einzuschätzen.

Geschäftsverlauf

Umsatz- und Auftragsentwicklung

Die Umsatzerlöse aus dem Wärmeverkauf befinden sich absatzbedingt leicht über dem Niveau des Vorjahreszeitraums (+ 3 % bzw. + 0,5 Mio. €). Eine Teilmenge des in den BHKW produzierten Stroms wird vom FHW selbst genutzt, der größte Teil jedoch in das Netz des örtlichen Stromnetzbetreibers eingespeist und vermarktet. Die Erlöse aus der Stromvermarktung stiegen im ersten Halbjahr 2021 um 0,8 Mio. € (+ 35 %) auf 3,1 Mio. €. Hauptursächlich für den Erlösanstieg sind die in 2021 deutlich höheren Strompreise (+ 135 %) sowie ein Anstieg der eingespeisten Strommenge (+ 22 %) aufgrund der Inbetriebnahme eines neuen BHKW im Juni 2020. Darüber hinaus stiegen die Erlöse aus der Regelenergie um 0,1 Mio. € durch vermehrte Abrufe unserer Power-to-Heat-Anlage für die Aufrechterhaltung der Netzstabilität.

Insgesamt befinden sich die Umsatzerlöse mit 21,7 Mio. € leicht über dem Niveau des ersten Halbjahres 2020 (20,4 Mio. €).

In der ersten Hälfte des Geschäftsjahres 2021 wurden Aufträge für 13 Neuanschlüsse mit einem Anschlusswert von 1,5 MW realisiert (Vorjahr: 1,8 MW). Zum 30. Juni 2021 ergab sich per Saldo ein Gesamtanschlusswert von rund 288 MW (Vorjahr: 287 MW). Insgesamt konnten 29 Anlagen mit einem Anschlusswert von 4,5 MW vertraglich gebunden werden.

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Produktions- und Leistungsentwicklung

Am Standort Weigandufer werden sieben Großkesselanlagen und sieben BHKW betrieben. Insgesamt ist eine Feuerungswärmeleistung von rund 213 MW installiert. Die Großkesselanlagen produzieren Wärme durch den Einsatz der Brennstoffe Erdgas, Holzpellets, Steinkohle und Heizöl. Im Rahmen der Kraft-Wärme-Kopplung werden in den BHKW gleichzeitig Wärme und Strom erzeugt. Fünf BHKW werden mit Erdgas und zwei BHKW mit Biomethan betrieben. Zusätzlich erfolgt am Standort Kiehlufer eine Wärmeeinkopplung aus dem Heiznetz Mitte der Vattenfall Wärme Berlin AG mit einer gesicherten Bezugsleistung von 40 MW. Über ein Leitungsnetz mit einer Trassenlänge von ca. 115 km und 1.400 Wärmeübergabestationen versorgt unser Unternehmen im großstädtischen nördlichen Kerngebiet des Berliner Bezirks Neukölln rund ein Drittel der Haushalte, diverse Gewerbekunden sowie öffentliche Einrichtungen mit Fernwärme für Heizung und Warmwasserbereitung.

Durch die hohe Brennstoffflexibilität und optimierte Brennstoffbeschaffung hat das FHW den Brennstoff- Mix im ersten Halbjahr entsprechend der Marktpreis- und Witterungsbedingungen angepasst. Im Rahmen der Brennstoffeinsatzplanung wurde zum einen auf die Kostenoptimierung und zum anderen auf die Erreichung unserer Effizienz- und Umweltkennziffern geachtet.

Aufgrund der kälteren Witterung lag der Wärmeabsatz mit rund 290 GWh um 18 % über dem Niveau des Vorjahres (245 GWh). Die eigenerzeugte Wärme lag mit 167 GWh ebenfalls über dem Vorjahresniveau (+ 6 %). Der Fremdwärmebezug wurde hingegen deutlich erhöht und befand sich mit 142 GWh rund 39 % über dem Vorjahreswert (102 GWh).

Für die Wärmeproduktion wurde im Vergleich zum Vorjahr aufgrund der höheren Erdgaspreise weniger Erdgas eingesetzt (- 18 %). Im Gegenzug stieg der Einsatz von Holzpellets (+ 107 %), Steinkohle (+ 23 %) und Biomethan (+ 21 %) deutlich an. Auch Heizöl wurde vermehrt eingesetzt, um einen Heizöltank sukzessive zu leeren, da dieser zu einem zweiten Wärmespeicher umgebaut werden soll. Dies hatte in Bezug auf die Gesamtwärmeproduktion nur einen geringen Einfluss.

Entwicklung des Beschaffungsmarktes

Der Marktpreis für Erdgas befand sich im ersten Halbjahr 2021 deutlich über dem Niveau des Vorjahreszeitraums. Als Folge bewegte sich auch unser durchschnittlicher Beschaffungspreis stark oberhalb der Vorjahrespreise (+ 38 %). Auf der anderen Seite sanken unsere Beschaffungspreise für Biomethan leicht (- 2 %) und für Holz und Steinkohle merklich (- 10 % und - 14 %).

Der Preis für den Wärmebezug ist zu einem Teil an die Erdgaspreisentwicklung gekoppelt. Im Zuge des Preisrückgangs für Erdgas im Vorjahr sank auch der durchschnittliche Wärmebezugspreis für das erste Halbjahr 2021 um rund 26 %.

Die Materialkosten beliefen sich im ersten Halbjahr 2021 auf 10,7 Mio. € (Vorjahr: 8,5 Mio. €). Der deutliche Anstieg resultiert vornehmlich aus höheren CO2-Kosten (+ 0,9 Mio. €) sowie aus gestiegenen Einsatzkosten für Holz (+ 0,6 Mio. €) und Erdgas (+ 0,3 Mio. €). Auch die Aufwendungen für den Steinkohle- und Heizöleinsatz sowie für den Wärmebezug befinden sich um jeweils 0,1 Mio. € über dem Niveau des Vorjahreszeitraums.

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Rohertrag

Die deutlich gestiegenen Materialkosten führen bei moderat höheren Umsatzerlösen zu einem Rückgang des Rohertrags um 0,9 Mio. € (- 8 %).

Sonstige betriebliche Erträge

Die sonstigen betrieblichen Erträge in Höhe von 0,2 Mio. € weisen im Vergleich zum Vorjahr einen deutlichen Rückgang aus (- 1,0 Mio. €). In 2020 wurde eine Rückstellung für eine KWK- Bestandsförderung in Höhe von 0,9 Mio. € aufgelöst und führte zu entsprechenden sonstigen betrieblichen Erträgen.

Investitionen und Abschreibungen

Die Investitionen in das Anlagevermögen lagen im ersten Halbjahr des laufenden Geschäftsjahres bei insgesamt 1,1 Mio. € und damit unter dem Vorjahresniveau von 1,6 Mio. €.

Der wesentliche Teil der Investitionen entfiel mit 0,7 Mio. € in die Erweiterung des Versorgungsnetzes sowie den Bau neuer Kundenanlagen. 0,3 Mio. € entfallen auf ein neues BHKW -Modul, dessen Inbetriebnahme für 2023 geplant ist. Die Abschreibungen befanden sich mit rund 1,9 Mio. € im Wesentlichen auf Vorjahresniveau.

Personal

Am 30. Juni 2021 waren inklusive dreier Auszubildender 51 Mitarbeiter im Unternehmen angestellt.

Operatives Ergebnis (EBIT)

Das operative Ergebnis lag im ersten Halbjahr 2021 mit 5,2 Mio. € rund 1,9 Mio. € unter dem Wert des Vorjahreszeitraums. Die Gründe für den Rückgang sind zum einen der geringere Rohertrag sowie die im Vorjahr erfolgte Auflösung der KWK-Rückstellung.

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FHW - Fernheizwerk Neukölln AG published this content on 28 September 2021 and is solely responsible for the information contained therein. Distributed by Public, unedited and unaltered, on 30 September 2021 07:21:06 UTC.