(Neu: Bericht zu Synergien im 4. Absatz, Reaktionen aus Politik, Gewerkschaft und von Verbraucherschützern im 6. und 7. Absatz, Schlusskurse.)

FRANKFURT (dpa-AFX) - Paukenschlag in der Versorgerbranche: Die Anleger am deutschen Aktienmarkt haben am Montag euphorisch auf die geplante Zerschlagung der RWE-Ökostromtochter Innogy reagiert. Investoren könnten angesichts der von RWE und Eon untereinander vereinbarten Aufteilung von Innogy fortan eine klarere Wahl haben, auf was sie in der Branche setzen wollten - Stromproduktion oder Stromhandel und Weiterleitung, sagte ein Händler.

Die Aktien von Innogy schnellten zu Handelsbeginn bis auf gut 40 Euro hoch, was dem Preis entspricht, den Eon den Innogy-Minderheitsaktionären bietet. Die Summe setzt sich aus dem Angebotspreis von 36,76 Euro sowie den unterstellten Innogy-Dividenden von 3,24 Euro für die Geschäftsjahre 2017 und 2018 zusammen. Zu Handelsende behauptete Innogy ein Kursplus von 12,08 Prozent auf 38,70 Euro, was immer noch den ersten Platz im Index der mittelgroßen Werte MDax bedeutete. Die ohnehin weitgehend erwartungsgemäßen Jahreszahlen der RWE-Tochter gerieten angesichts der Zerschlagungspläne zur Nebensache.

Die RWE-Papiere führten mit einem Plus von 9,20 Prozent auf 19,65 Euro die Gewinnerliste im Dax an. Mehr hatten sie zuletzt Mitte Dezember gekostet, bevor Innogy die Anleger mit einer Gewinnwarnung geschockt hatte. Beide Aktien waren daraufhin eingebrochen. Innogy haben die zwischenzeitlichen Verluste inklusive eines Rutsches unter 29 Euro infolge des Kurssprungs vom Montag wieder wettgemacht.

Hinter RWE verteuerten sich Eon-Titel um 5,36 Prozent auf 8,906 Euro. Am Nachmittag gab ihnen ein Bericht der Nachrichtenagentur Bloomberg einen zusätzlichen Schub. Dort hieß es unter Berufung auf mit der Angelegenheit vertraute Personen, dass Eon durch die Transaktion Synergien von 700 Millionen Euro anpeile. Für RWE sollten diese sich auf mindestens 50 Millionen Euro belaufen.

RWE hält noch knapp 77 Prozent an Innogy und soll im Zuge der vereinbarten Aufteilung des Unternehmens mit knapp 17 Prozent an Eon beteiligt werden - mit Anteilen aus einer Sachkapitalerhöhung. Zudem sollen diverse Geschäftsteile hin- und hergetauscht werden. RWE zahlt als Ausgleich noch 1,5 Milliarden Euro an Eon. Bindende Verträge wurden allerdings noch nicht abgeschlossen.

Mit Widerstand von außen müssen die Unternehmen wohl eher nicht rechnen. Der Chef der Dienstleistungsgewerkschaft Verdi und Vize im RWE-Aufsichtsrat, Frank Bsirske, will dem Vorhaben zustimmen. Auch Kanzlerin Angela Merkel und die bei RWE einflussreichen NRW-Kommunen sehen die geplante Neuordnung bei den Energieriesen im Prinzip positiv. Achim Wambach, Vorsitzender der die Bundesregierung beratenden Monopolkommission, sagte dem "Handelsblatt": "Nach den Informationen, die uns bisher vorliegen, gehe ich grundsätzlich davon aus, dass die Wettbewerbsbehörden keine Bedenken gegen das Geschäft haben werden."

Derweil befürchteten Vertreter der Oppositionsparteien FDP und Grüne im Gespräch mit dem "Handelsblatt" Nachteile für den Wettbewerb. Und der Chef des Verbraucherzentralen-Verbands Klaus Müller betonte, dass die Konsequenzen des Deals etwa mit Blick auf die Strompreise genau geprüft werden sollten.

"Die Aktivitäten von Eon und Innogy sind strukturell und regional recht identisch", kommentierte Analyst Sven Diermeier von Independent Research. Das Vorhaben erscheine schlüssig, auch wenn es für die Eon-Aktionäre eine Anteilsverwässerung bedeute.

Insgesamt sei der Einfluss der Transaktion auf den Eon-Aktienkurs denn auch am schwersten einzuschätzen, erklärte Analyst Lüder Schumacher von der französischen Großbank Societe Generale. Durch die Kapitalerhöhung zahle Eon im Grunde mit einer zu niedrig bewerteten Währung - der Experte hält die Eon-Aktien also für unterbewertet. Im Gegenzug erhalte Eon aber das Stromnetz und damit die Kronjuwelen von Innogy.

Gerade die Netze sind laut Schumacher der Schlüssel im laufenden Wandel der Energiebranche. Das verhelfe Eon mittelfristig zu einer attraktiven Stellung. Kurzfristig dürfte der Fokus aber auf der Kapitalerhöhung und dem Preis für Innogy liegen, was den Kurs belasten könnte.

Das RWE-Management habe derweil - angesichts einer überschaubaren Anzahl potenzieller Käufer - eine machbare Lösung für die Zukunft der Innogy-Beteiligung gefunden. RWE würde einen ordentlichen Preis erhalten und der Ökostrom-Anteil des Versorgers würde steigen. Letztendlich könnten Investoren RWE endlich als Einzelunternehmen mit klarem Fokus bewerten.

RWE hatte einst als Reaktion auf den eingeleiteten Atomausstieg sein Zukunftsgeschäft mit Netzen, Vertrieb und Ökostrom in Innogy gebündelt und im Herbst 2016 an die Börse gebracht. Bei RWE selbst verblieben die Kohle-, Gas- und Atomkraftwerke sowie der Großhandel mit Strom.

Vorausgegangen war eine jahrelange Talfahrt der Kurse wegen schwacher Strompreise auch infolge der Energiewende sowie des Atomausstiegs Deutschlands. 2017 erholten sich die Aktien von RWE mit einem Plus von knapp 44 Prozent und Eon mit einem Anstieg um rund 35 Prozent dann deutlicher. Langfristig bleibt das Bild aber trüb. Zum Vergleich: Vor dem Umdenken der Politik in Sachen Atomkraft infolge der Nuklearkatastrophe von Fukushima hatten RWE-Aktien mehr als 50 Euro und Eon-Papiere um die 25 Euro gekostet./mis/jkr/das/gl/tos

Unternehmen im Artikel: E.ON, RWE, innogy SE