BOCHUM (awp international) - Vor dem erneuten Angebot zur Übernahme der Deutsche Wohnen geht Vonovia-Chef Rolf Buch auf Konfrontationskurs zu den an dem Berliner Immobilienkonzern beteiligten Hedgefonds. Die Deutsche Wohnen habe überwiegend kurzfristig orientierte Aktionäre, sagte Buch am Freitag bei der Vorlage der Geschäftszahlen des grössten deutschen Vermieters für das erste Halbjahr 2021. Eine solche Aktionärsstruktur vertrage sich nicht mit der Wohnungswirtschaft. "Wohnungsunternehmen eignen sich nicht für kurzfristige Spekulationen", sagte Buch. Er macht die an der Deutsche Wohnen beteiligten Hedgefonds für das Scheitern des vorherigen Übernahmeangebots verantwortlich. Weil sie nicht genügend Aktien angeboten hätten, sei Vonovia an der Mindestannahmeschwelle von 50 Prozent gescheitert.

Für das erneute Übernahmeangebot an die Aktionäre der Deutsche Wohnen hatte Vonovia am Donnerstag grünes Licht von der Finanzaufsicht Bafin bekommen. Vonovia will in dem neuen Angebot den Übernahmepreis um einen Euro auf 53 Euro je Aktie aufstocken. Ein weiteres Angebot werde es nicht geben, sagte Buch. Dazu habe sich Vonovia gegenüber der Bafin verpflichtet. Vonovia werde auch keine weiteren Aktien am Markt kaufen. Vonovia hält derzeit knapp 30 Prozent an Deutsche Wohnen.

Derweil laufen die Geschäfte für Deutschlands grössten Immobilienkonzern dank Auslandszukäufen und höherer Mieteinnahmen besser als erwartet. Deshalb erhöhte Vonovia seine Ergebnisprognosen für das laufende Jahr. Das operative Ergebnis (FFO) soll 2021 jetzt auf 1,465 bis 1,515 Milliarden Euro steigen, wie das Dax-Konzern am Freitag in Bochum mitteilte. Zuvor hatte der Immobilienkonzern jeweils 50 Millionen Euro weniger im Visier. Im vergangenen Jahr erhöhte sich der operative Gewinn im Jahresvergleich um elf Prozent auf 1,35 Milliarden Euro.

An der Börse kam die erhöhte Prognose gut an. Die Aktie legte im frühen Handel um 0,68 Prozent auf 58,86 Euro zu. Die neue, höhere Prognose für den Betriebsgewinn (FFO) in diesem Jahr liege über seiner Annahme und auch über der vom Unternehmen selbst erhobenen Konsensschätzung, schrieb Analyst Julian Livingston-Booth von der kanadischen Bank RBC in einer ersten Einschätzung.

Im ersten Halbjahr legte der operative Gewinn (FFO) im Jahresvergleich um 13 Prozent auf 765 Millionen Euro zu. Die Miete erhöhte sich im Schnitt auf 7,29 Euro pro Quadratmeter - das waren 3,7 Prozent mehr als ein Jahr zuvor. Zum Zuwachs trugen vor allem modernisierte Wohnungen bei. Die Kosten dafür legen die Konzerne nicht nur teilweise auf die Mieter um, sondern sie können die Mieten anschliessend auch stärker erhöhen. Die aktuelle Marktentwicklung trug 0,9 Prozent zur Mieterhöhung bei, wie es hiess. Der Umsatz kletterte um zehn Prozent auf rund 2,3 Milliarden Euro.

Gleichzeitig steckte Vonovia in den sechs Monaten mit knapp 870 Millionen Euro leicht mehr in Modernisierung, Neubau und Instandhaltung als vor einem Jahr. Der Verkehrswert des Immobilienportfolios legte etwa dank einer sehr hohen Nachfrage nach Wohnungen um 10,5 Prozent auf knapp 59 Milliarden Euro zu. Unter dem Strich blieb ein Gewinn von knapp 2,7 Milliarden Euro, ein Plus von rund 66 Prozent im Vergleich zum Vorjahr. Dazu trug vor allem die deutlich höhere Bewertung der Immobilien bei.

Aufgrund der hohen Nachfrage nach Wohnungen in Deutschland, aber auch in Schweden und Österreich sei der Wert des Immobilienportfolios inklusive Investitionen im ersten Halbjahr 2021 um rund 4,2 Milliarden Euro gestiegen. In der zweiten Halbjahreshälfte rechnet Vonovia mit einer weitere Wertsteigerung.

Für das laufende Jahr wird Vonovia auch für den bereinigten Gewinn vor Steuern, Zinsen und Abschreibungen (Ebitda) zuversichtlicher und peilt nun 2,055 bis 2,105 Milliarden Euro an nach 1,91 Milliarden Euro im Vorjahr. Beim Umsatz rechnen die Bochumer weiterhin mit 4,9 bis 5,1 Milliarden Euro. 2020 hatte das Unternehmen 4,37 Milliarden Euro erlöst.

Der Wohnimmobilien-Konzern wächst schon seit längerem durch Übernahmen im In- und zuletzt auch im Ausland. Vonovia ist mit rund 354 000 Wohnungen der grösste Vermieter in Deutschland. Damit hat der Konzern nach eigenen Angaben hierzulande einen Marktanteil von 1,5 Prozent. Weitere 60 000 Wohnungen besitzt das Unternehmen in Schweden und Österreich. Im Sommer 2020 war der Konzern beim niederländischen Immobilieninvestor Vesteda eingestiegen./mne/hff/nas/eas