BERLIN (dpa-AFX) - Neun Monate nach Inkrafttreten des umstrittenen Berliner Mietendeckels halten sich offensichtlich die meisten Vermieter an die Regelungen. Bis Ende Oktober seien bei den Bezirken 1722 Verstöße angezeigt worden, sagte Stadtentwicklungssenator Sebastian Scheel (Linke) der Deutschen Presse-Agentur. Angesichts von rund 1,5 Millionen Wohnungen, für die ein Mietenstopp gilt, ist diese Zahl vergleichsweise gering.

In 1014 Fällen ging es Scheel zufolge um Verstöße gegen das Verbot, die Bestandsmieten zu erhöhen, und in 197 Fällen um das Überschreiten von Mietobergrenzen bei der Neuvermietung. 479 Mal beschwerten sich Mieter, weil sich Wohnungseigentümer nicht an die gesetzliche Verpflichtung hielten, Auskunft über bestimmte Parameter der Wohnung zu geben. Anhand dieser Kriterien - Baujahr, Ausstattung und Lage - bemessen sich die staatlich festgelegten Mietobergrenzen.

"Insgesamt ziehe ich ein positives Fazit", sagte Scheel zu den Zahlen. Sie zeigten, dass der Großteil der Vermieter sich an das geltende Recht halte. "Bemerkenswert ist darüber hinaus, dass Berlin im Gegensatz zu den sieben größten Städten Deutschlands im letzten Jahr einen Rückgang der Angebotsmieten zu verzeichnen hat", so Scheel. "Das führen wir auf die Wirkung des Mietendeckels zurück."

Seit 23. Februar sind im Zuge des bundesweit bisher einmaligen Gesetzes die Mieten für rund 1,5 Millionen Wohnungen auf dem Stand von Juni 2019 eingefroren. Sie dürfen ab 2022 höchstens um 1,3 Prozent jährlich steigen. Wird eine Wohnung wieder vermietet, muss sich der Vermieter an Obergrenzen und zuletzt verlangte Miete halten.

Ab kommenden Montag (23. November) tritt die zweite Stufe des Gesetzes in Kraft: Überhöhte Bestandsmieten sind dann gesetzlich verboten und müssen gesenkt werden. Das gilt, wenn eine Miete mehr als 20 Prozent über den vom Land Berlin festgelegten Obergrenzen liegt. Scheel geht davon aus, dass das 340 000 Wohnungen betrifft.

"Da das Gesetz als Verbotsgesetz formuliert ist, sind nicht die Mieterinnen und Mieter, sondern die Vermieterinnen und Vermieter am Zug", erläuterte der Senator. "Senken sie die Miete nicht von sich aus ab, verstoßen sie gegen das Gesetz. Das kann mit einem Bußgeld bestraft werden." Mieter müssten im Streitfall nicht selbst eine Klage gegen den Vermieter führen, sondern könnten den Vorgang an die Senatsverwaltung für Stadtentwicklung und Wohnen melden. Diese werde dann von Amts wegen tätig, so Scheel.

Es schade aber auch nicht, die Vermieter direkt zu kontaktieren und zu klären, ob die Mietabsenkung möglicherweise einfach vergessen worden sei. "Vor dem Hintergrund der guten Erfahrungen, die wir in der ersten Stufe mit den Vermieterinnen und Vermietern gemacht haben, gehen wir im Moment davon aus, dass sie sich auch bei der zweiten Stufe gesetzeskonform verhalten."

Über die Verfassungsmäßigkeit des Berliner Mietendeckels entscheidet das Bundesverfassungsgericht voraussichtlich im zweiten Quartal kommenden Jahres. Bis dahin empfiehlt Scheel den Mietern, eingesparte Miete zur Seite zu legen./kr/DP/zb