BONN (dpa-AFX) - Der Logistikkonzern Deutsche Post DHL legt nächste Woche (8. November) seine endgültigen Zahlen zum dritten Quartal vor und will dann auch seine Jahresprognose anheben. Damit steht der Konzern im Vergleich zu einem großen Wettbewerber besser da. Negative Schlagzeilen gibt es aber trotzdem. Was bei der Post los ist, was die Analysten sagen und wie die Aktie dasteht.

DAS IST LOS BEI DER POST:

Die Deutsche Post vermag es, die Spannung hochzuhalten. Wie bereits vor einem Jahr hat der Konzern zwar angekündigt, die Prognose anzuheben. Auf welche Werte bleibt aber bislang das Geheimnis des Managements um Noch-Konzernchef Frank Appel. Dieses Vorgehen hatte die Post auch vor einem Jahr praktiziert. Mit ihrer Ankündigung sticht die Post positiv heraus, denn der Wettbewerber Fedex hatte das erst im Juni ausgegebene Gewinnziel Mitte September kassiert.

Bereits bei der Vorlage der Halbjahreszahlen Anfang August konnte sich das Management vorstellen, mehr als die avisierte Ergebnisspanne zu erreichen - eine entsprechend positive konjunkturelle Entwicklung vorausgesetzt. Einige Analysten sprachen daraufhin von einer "verschleierten Prognoseerhöhung".

Laut den Mitte Oktober vorgelegten vorläufigen Zahlen haben sich die Trends in den unterschiedlichen Sparten des Post-Konzerns im dritten Quartal verändert. Hintergrund ist die gesamtwirtschaftliche Lage. So hätten sich die Sendungsmengen im Geschäft zwischen Firmen und Privatkunden im Vergleich zum ersten Halbjahr verbessert, hieß es. Andererseits beobachtete die Post eine nachlassende Nachfrage im Firmenkundengeschäft, womit sich den Angaben zufolge auch die Lage bei den knappen Frachtkapazitäten entspannte. Insgesamt seien die Netzwerke der DHL-Sparten aber weiterhin gut ausgelastet gewesen.

Im dritten Quartal erzielte die Post den vorläufigen Zahlen zufolge einen operativen Gewinn von 2,04 Milliarden Euro. Das ist mehr als von Analysten im Schnitt erwartet und rund 15 Prozent mehr als ein Jahr zuvor. In den ersten neun Monaten hat der Logistikkonzern nun rund 6,5 Milliarden Euro verdient.

Allerdings gab es nicht nur gute Nachrichten. Ausgerechnet das gerade im Heimatmarkt sehr im Fokus stehende deutsche Brief- und Paket-Geschäft sorgte in den vergangenen Wochen für viele negative Schlagzeilen. Vor allem später zugestellte Briefe hatten für Unmut in der Bevölkerung gesorgt. Von Juli bis September gingen bei der Bundesnetzagentur 11 500 Beschwerden wegen verlorener oder verspäteter Sendungen ein, die meisten richteten sich gegen den Marktführer, die Deutsche Post.

Mitte der Woche versuchte sich der Konzern zu erläutern und gestand dabei auch Fehler ein. So seien Notfallpläne mitunter zu spät aktiviert worden. Wegen zahlreicher Corona-Erkrankungen fehlten zudem in bestimmten "Hotspots" bis zu 30 Prozent der Mitarbeiter. Dazu komme der generelle Personalmangel. Die lokalen Probleme seien nicht zu beschönigen, berichtete das zuständige Vorstandsmitglied Nikola Hagleitner. Aber bundesweit sei das Netz stabil.

Gleichzeitig muss sich die Post für das immense Sendungsaufkommen rüsten, das sie im anstehenden Weihnachtsgeschäft erwartet. Bis zu 11 Millionen Pakete pro Tag werden in der Zeit vor Heiligabend nach Firmenschätzung erwartet. Das ist der gleiche Maximalwert wie vergangenes Jahr.

DAS SAGEN DIE ANALYSTEN:

Neben dem Post-Management ist auch den Experten in den Investmentbanken und Analysehäusern die bisherige Prognose nicht genug. Laut den vom Unternehmen bereitgestellten Daten rechnen sie im Schnitt mit einem operativen Ergebnis von 8,6 Milliarden Euro. Allerdings gehen sie dabei davon aus, dass der Unternehmensbereich Post und Paket Deutschland schwächer abschneidet, als der Konzern prognostiziert. Ihrer Meinung nach dürfte das Geschäft gerade mal so viel abwerfen, wie die Post in der alten Prognose im schlechtesten Fall avisiert hatte. Stattdessen trauen die Analysten den DHL-Geschäften entsprechend mehr zu.

Außerdem dürfte den Branchenexperten zufolge der Barmittelzufluss mit 3,85 Milliarden Euro das bisher obere Ende der von der Post avisierten Spanne übersteigen. DZ-Bank-Analyst Dirk Schlamp zeigte sich erfreut, dass sich der Dax-Konzern zum dritten Quartal klar positiv vom Wettbewerber Fedex habe absetzen können. Die Amerikaner hätten den Markt zuletzt mit einer heftigen Gewinnwarnung verunsichert.

Beim Blick in die weitere Zukunft gehen die einzelnen Meinungen hingegen auseinander. Samuel Bland von der US-Bank JPMorgan hob vor allem die starke Verlangsamung der Gewinndynamik im Frachtgeschäft hervor. Er rechnet mit einer Fortsetzung des Trends im Schlussquartal. Mittelfristig würden die Aussichten damit nicht unbedingt besser.

Für Christian Cohrs vom Analysehaus Warburg Research zeigen die vorläufigen Angaben zum dritten Quartal hingegen, dass die Ergebnisse trotz der konjunkturellen Unsicherheiten alles andere als in Gefahr seien. Damit sollte sich seiner Meinung nach die Aufmerksamkeit wieder auf die "äußerst günstige Bewertung" richten. Die Dividendenrendite sei attraktiv.

DAS MACHT DIE AKTIE:

Die Post-Aktie hat seit Jahresbeginn rund 39 Prozent verloren und damit wesentlich mehr als der Dax. Im September erreichten die Papiere angesichts eines unter Druck stehenden Gesamtmarkts bei knapp unter 30 Euro ihr bisheriges Jahrestief. Seitdem ging es zunächst überwiegend aufwärts, in einem schwächer abschneidenden Markt gab das Papier Anfang November aber wieder etwas nach. Am Donnerstagabend kostete ein Anteilschein an der Börse 34,43 Euro. Die von dpa-AFX erfassten Analysten sehen da allerdings deutliches Aufwärtspotenzial.

Im Oktober haben sich sieben Experten geäußert, sechs von ihnen haben ein Kaufvotum abgegeben. Lediglich Patrick Creuset von der US-Investmentbank Goldman Sachs würde die Post-Aktie nur halten. Er rechnet mit einem mehrjährigen Abwärtszyklus im Logistiksektor und einer neuen Normalität, die schlechter sein könnte als 2019, also vor der Pandemie.

Die Post-Papiere schneiden dieses Jahr damit ähnlich ab, wie die vom Konkurrenten Fedex. Hier steht seit Jahresbeginn ein Abschlag von gut 40 Prozent. Beide sind auch ähnlich viel wert: Die Post bringt fast 43 Milliarden Euro auf die Waage, Fedex gut 40 Milliarden Dollar. Der dritte große globale Player UPS hat hingegen mit knapp 143 Milliarden Dollar deutlich die Nase vorn und seit Jahresbeginn auch nur gut ein Fünftel eingebüßt./lew/niw/he