Frankfurt (Reuters) - Mit einem Großaufgebot haben Ermittler am Dienstag die Zentrale der Deutschen Bank wegen des Verdachts der schweren Steuerhinterziehung durchsucht.

Staatsanwälte und rund 114 Steuerfahnder aus drei Bundesländern hätten in den Frankfurter Zwillingstürmen des größten deutschen Geldhauses Büroräume nach belastendem Material durchkämmt. Von Interesse seien E-mails, schriftliche Korrespondenz und Beweismittel im Rahmen der Cum-Ex-Ermittlungen, teilte die Staatsanwaltschaft Köln mit. Sie ermittelt seit 2017 gegen die Deutsche Bank wegen der illegalen Aktiendeals. 2019 hatte die Behörde ihre Untersuchungen auf mehrere Dutzend Beschuldigte ausgeweitet. Nach Aussage eines Insiders liegt aktuell die Zahl der Beschuldigten aus dem Umfeld der Deutschen Bank im höheren zweistelligen Bereich.

"Wie bereits seit Beginn der Ermittlungen 2017 kooperiert die Bank weiterhin vollumfänglich mit der ermittelnden Behörde", erklärte ein Sprecher der Deutschen Bank.

Auch eine Wirtschaftsprüfungsgesellschaft und die Privatwohnungen zehn Beschuldigter sind laut der Staatsanwaltschaft durchsucht worden. "Die Maßnahmen stehen im Zusammenhang mit verfahrensgegenständlichen Cum-Ex-Geschäften sowie verwandter Steuerhinterziehungsmodelle", sagte eine Sprecherin der Behörde. Die Kölner Staatsanwälte ermitteln aktuell gegen rund 50 Finanzinstitute im Rahmen der Aufarbeitung der Cum-Ex-Aktiendeals.

ZWEITE RAZZIA BEI DER DEUTSCHEN BANK IN DIESEM JAHR

Die Deutsche Bank, die am 27. Oktober ihren Finanzbericht für das dritte Quartal präsentieren will, muss sich im laufenden Jahr bereits der zweiten Razzia stellen. Im Mai hatten Ermittler die Bank und ihre Fondstochter DWS wegen Greenwashing-Vorwürfe durchsucht. DWS wies die Vorwürfe zurück und die Deutsche Bank leitete eine interne Untersuchung bei der Tochtergesellschaft ein.

Bei den Cum-Ex-Deals, die der aktuellen Razzia zugrunde liegen, geht es um ein Betrugssystem, bei dem beteiligte Investoren, Banken und Aktienhändler sich nicht gezahlte Kapitalertragsteuern vom Staat erstatten ließen. Der Schaden für die Steuerzahler schätzen Experten auf rund zehn Milliarden Euro. Die Banken nahmen an den Geschäften in unterschiedlichen Rollen teil und verdienten dabei Provisionen: Sie wickelten Transaktionen ab, warben Investoren an und stellten ihnen Kredite zur Verfügung.

Im Juni ging Bankchef Christian Sewing davon aus, dass die Deutsche Bank bei den Cum-Ex-Rechtsstreitigkeiten keine große Rolle spiele. Im September musste das Frankfurter Institut zusammen mit der Warburg Bank und The Bank of New York Mellon 60 Millionen Euro wegen der illegalen Aktiengeschäfte an den Fiskus zurückzahlen. Der Anteil einzelner Geldhäuser unterlag einem Geheimhaltungsvertrag.

(Bericht von Marta Orosz und Tom Sims, redigiert von Ralf Banser. Bei Rückfragen wenden Sie sich an unsere Redaktion unter berlin.newsroom@thomsonreuters.com (für Politik und Konjunktur) oder frankfurt.newsroom@thomsonreuters.com (für Unternehmen und Märkte).)