02. Januar 2013

Jürgen Fitschen im Interview mit der Börsen-Zeitung: "Wir brauchen paneuropäische Banken"

Herr Fitschen, wie hat sich Ihr Leben seit dem 1. Juni verändert?

Es ist schwieriger geworden, den Kalender im Griff zu behalten. Das Interesse der Öffentlichkeit hat deutlich zugenommen, die Kontakte nach Berlin haben an Bedeutung gewonnen. Das geht zu Lasten der Kundengespräche, die mir nach wie vor besonders wichtig sind. Ich muss versuchen, in enger Abstimmung mit meinem Partner Anshu Jain eine neue Balance zu finden.

Haben Sie ein Privatleben?

Natürlich. Die eingeschränkte Zeit, die dafür leider nur bleibt, genieße ich umso intensiver, und es gelingt mir ganz gut, schnell abzuschalten. Auch hier gilt: Es ist ein ständiger Kampf, allen Interessen einigermaßen gerecht zu werden. Ich versuche, mich möglichst regelmäßig durch Laufen fit zu halten. Mein liebstes Hobby, die Pferde, kommt leider zu kurz. Das gilt auch für meine Familie. Sie versteht, dass ich gerne Banker bin, und unterstützt mich sehr.

Der Dezember war kein guter Monat für die Deutsche Bank und für Sie persönlich: Vorwurf der Falschbilanzierung, Großrazzia und Beschuldigungen auch gegen Sie selbst, Niederlage im Kirch-Prozess. Wo ist der Wurm drin, oder sind Sie vom Pech verfolgt?

Mit der Vergangenheit muss und wird sich die Bank auseinandersetzen - konsequent und vorbehaltlos. Wir haben nichts zu verheimlichen. Aber wir werden uns auch gegen ungerechtfertigte Vorwürfe zur Wehr setzen.

Wie schwer wiegt der Reputationsschaden für die Bank als Folge der Razzia und der Verhaftungen von Mitarbeitern?

Die erhobenen Vorwürfe wiegen schwer und belasten uns alle. Wir werden alles tun, um sie zu entkräften. Dabei werden wir mit den zuständigen Behörden weiterhin vollumfänglich kooperieren. Gleichzeitig konzentrieren wir uns darauf, unsere Kunden bestmöglich zu bedienen, um ihr Vertrauen zu erhalten und wo immer möglich zu mehren.

Wie ernst ist es Ihnen mit dem proklamierten Wertewandel?

Gemeinsam mit meinem Co-Vorsitzenden Anshu Jain haben wir bereits entschlossene Maßnahmen ergriffen, die Kultur in der Bank positiv zu verändern. So haben wir die Messlatte für Genehmigungen von bestimmten Transaktionen weiter nach oben verschoben. Oder denken Sie an das unabhängige Gremium, das die Gehaltsstrukturen in der Bank überprüft. Aber ein Kulturwandel ist ein mehrjähriger Prozess.

Auch wenn Sie es nicht gerne hören: Wie gefährlich ist die Deutsche Bank?

Jemand hat geschrieben, die Deutsche Bank sei die gefährlichste Bank der Welt. Solche Darstellungen ärgern mich maßlos, weil sie falsche Signale aussenden und vielen Menschen, die sich nicht auskennen, Angst machen. Wir müssen an unserer Wahrnehmung in der Öffentlichkeit arbeiten, indem wir zeigen, wie der Bankenmarkt wirklich funktioniert und was er leistet.


Kommen die Banken in den Medien zu schlecht weg?

Unsere Branche wird vor allem seit Beginn der Finanzkrise nicht in einem Licht gesehen, das ihren Leistungen gerecht wird. Man kann ja mit Fug und Recht Fehlentwicklungen kritisieren und muss es auch. Aber es sollte auch anerkannt werden, dass die Versorgung mit Finanzdienstleistungen in unserem Land ganz überwiegend einwandfrei funktioniert und dass die Banken ihre volkswirtschaftliche Funktion zu unser aller Nutzen voll und ganz erfüllen. Dahinter stehen die Leistungen und das hohe Engagement unserer Mitarbeiter und ein enormer technischer Aufwand. Das gilt für viele als Selbstverständlichkeit, und zu allem Überfluss ist auch noch die Mentalität weit verbreitet, dass das Ganze für die Kunden möglichst nichts kosten soll.

Lassen wir mal das Attribut "gefährlich" weg, das ja tendenziös sein mag. Tatsache ist, dass die Deutsche Bank nach der Liste der Aufseher zu den vier systemrelevantesten Banken der Welt gehört. Was bedeutet das für Sie?

"Gefährlich" oder "systemrelevant" - das ist schon ein Riesenunterschied. Ich wäre traurig, wenn die Deutsche Bank nicht systemisch relevant wäre. Diese Bewertung macht ja auch deutlich, welche Position wir uns im weltweiten Wettbewerb erarbeitet haben. Wir müssen der besonderen Verantwortung, die in dieser Marktposition liegt, jeden Tag gerecht werden und uns ständig bewusst sein, welche Konsequenzen es nach sich ziehen kann, wenn wir unsere Risiken nicht im Griff hätten. Und dessen sind wir uns bewusst. Unsere Verantwortung schließt auch ein, dass wir akzeptieren können, zu jenen Banken zu gehören, an die zusätzliche Eigenkapitalanforderungen gestellt werden. Wir wehren uns allerdings entschieden gegen Versuche, uns in anderer Weise zu diskriminieren.

Was meinen Sie damit?

Wir fordern gleiche und faire Bedingungen im Wettbewerb. Es kann nicht sein, dass wir unter den Bedingungen von Basel III gegen amerikanische Banken antreten müssen, für die noch Basel I gilt. Diskriminierend wäre auch, wenn für uns als Retailbank andere Aufsichtsregeln gelten würden als für Sparkassen und Volksbanken. Wir wollen kein bequemes Leben führen. Der Wettbewerb ist sehr hart, dazu stehen wir. Aber es muss fair zugehen. Ich würde mir im Übrigen wünschen, dass die Politik nicht nur die Stabilisierung des Finanzsystems vorantreibt - das unterstützen wir -, sondern sich auch dazu bekennt, dass es für die Wirtschaft in Europa wichtig ist, einen effizienten Kapital- und Bankenmarkt zu haben. Wer das hintanstellt, wird einen hohen Preis dafür zahlen.

Systemrelevanz resultiert nicht zuletzt aus hoher Komplexität. Was spricht dagegen, das Investment Banking vom Rest abzutrennen, um die Komplexität zu verringern?

Sie wissen, dass wir uns zum Universalbanksystem bekennen. Eine Universalbank ist zwangsläufig komplexer als eine Bank, die sich auf wenige Produkte spezialisiert. Unsere Kunden schätzen dieses Geschäftsmodell, weil sie mit allen Finanzdienstleistungen, auf die Unternehmen in einer modernen Volkswirtschaft angewiesen sind, aus einer Hand bedient werden.

Auch die BaFin verlangt, die Banken müssten simpler sein.

Dazu hören Sie von mir keinen grundsätzlichen Widerspruch. Auch wir haben den Ehrgeiz, Komplexität herauszunehmen, Parallelitäten abzubauen und Prozessketten zu optimieren, nicht zuletzt um mögliche Fehlerquellen zu vermeiden. Weniger Komplexität kann aber nicht bedeuten, dass man zum Bankensystem des 19. Jahrhunderts zurückkehrt. Eine Bank, die nur Einlagen hereinnimmt und Kredite vergibt, wäre kein guter Partner für die Realwirtschaft mit den Anforderungen des 21. Jahrhunderts.

Wie hart würde es die Deutsche Bank treffen, wenn die Empfehlungen des Liikanen-Berichts umgesetzt würden?

Wir haben mit dem Gros der Empfehlungen kein Problem. Was wir nicht für sinnvoll erachten, ist der Vorschlag, das Market Making - wenn auch unter einem Dach - abzutrennen, wenn es einen bestimmten Schwellenwert überschreitet. Davon wäre die Deutsche Bank in der Tat betroffen. Die Idee überzeugt aber schon deshalb nicht, weil sie auf falschen Annahmen beruht. Zumindest implizit wird unterstellt, dass das Universalbankmodell für die Finanzkrise verantwortlich sei. Nun schauen Sie sich an, welche Banken im In- und Ausland die Steuerzahler viel Geld gekostet haben. Denken Sie an IKB, Northern Rock oder Lehman Brothers - alle relativ eng aufgestellt. Oder nehmen Sie die Banken in Irland und Spanien, die Immobilienkredite unter völlig inakzeptablen Umständen vergeben haben. Es bringt offensichtlich mehr Stabilität, wenn ein Haus nicht nur auf einer Säule steht.

Regulierung ist nicht immer rational. Auch wenn Sie in der Sache Recht haben, müssen Sie damit rechnen, dass solche Ideen im Wahlkampf gegen die Banken instrumentalisiert werden.

Uns ist bewusst, dass die Diskussion teilweise irrationale Züge hat. Wir werden im Dialog mit allen Beteiligten unermüdlich für die Vorzüge des nicht nur in Deutschland bewährten Systems werben. Dabei spüren wir viel Rückenwind von unseren Kunden. Es macht keinen Sinn, Geschäftsmodelle über den Haufen zu werfen, die offensichtlich funktionieren und die sich als stabil und sicher erwiesen haben.

Der Liikanen-Bericht empfiehlt auch die Kapitalaufnahme über Bail-in-Bonds, um im Fall der Schieflage einer Bank die Anleihegläubiger zur Kasse zu bitten. Was halten Sie davon?

Ich halte dieses Instrument grundsätzlich für geeignet, die Sicherheit des Bankensektors insbesondere aus Sicht der Einleger weiter zu erhöhen. Und ordnungspolitisch erscheint es sicher angebracht, die Anleihegläubiger heranzuziehen, bevor eine angeschlagene Bank nach dem Staat ruft. Bei den meisten Bankenrettungen der Vergangenheit - Hypo Real Estate, um ein Beispiel zu nennen - wurden die Anleihegläubiger geschont. Nutznießer waren weniger die Banken, sondern vor allem Versicherer, Pensionskassen und andere Gläubiger. Wenn Fremdkapitalgeber sich künftig etwas gründlicher überlegen müssen, wo sie ihr Geld anlegen, muss das gar nicht verkehrt sein. Aus Sicht der Banken sind die teilweise sehr hohen Zinsen, die für Bail-in-Bonds aufgerufen werden, allerdings ein limitierender Faktor für diese Form der Kapitalaufnahme. Wir müssen schließlich auch für unsere Aktionäre ein attraktives Investment bleiben.

Stichwort Aktionäre: Wann wird die Deutsche Bank ihr Grundkapital erhöhen? In Ihrer Vergleichsgruppe stehen Sie ziemlich weit hinten, was das Eigenkapital angeht.

Unsere Position ist so klar wie konsequent: Wir wissen, dass wir unsere Eigenkapitalbasis stärken müssen, und trauen uns zu, das benötigte Kapital organisch aufzubauen. Den Maßnahmenkatalog kennen Sie: Reduzierung der Risikoaktiva, Einbehalten von Gewinnen etc. Daran ändern auch die geforderten Eigenkapitalaufschläge für systemrelevante Institute nichts.

Denken Sie derzeit an Zukäufe?

Große Zukäufe stehen heute nicht auf der Agenda. Große strategische Würfe kämen mitten in einer Too-big-to-fail-Diskussion zur Unzeit. Gleichwohl müssen wir im Auge behalten, wohin sich die Märkte entwickeln, und uns darüber im Klaren sein, wo wir selbst mittel- bis langfristig unseren Platz sehen. Die europäische Bankenbranche ist längst nicht am Ende des Konsolidierungsprozesses angelangt.

Geht die Entwicklung nicht eher in die entgegengesetzte Richtung: Renationalisierung?

Als Momentaufnahme ist Ihre Beobachtung richtig. Wenn diese Tendenzen langfristig anhalten sollten, wäre das der Entwicklung Europas nicht förderlich. Wir sprechen in Europa viel von einem einheitlichen Markt. Den mag es im Automobilsektor geben. Bei Finanzdienstleistungen gibt es ihn definitiv nicht. Ich nenne Ihnen ein Beispiel: Der Anteil grenzüberschreitender Immobilienkredite ist minimal, obwohl Sie solche Kredite heute mit ein paar Mausklicks beantragen können. In wohl keiner anderen Industrie hat das nationale Element eine so hohe Bedeutung wie im Bankensektor.

Warum stört Sie das?

Es hindert uns daran, unsere Produktivität zu optimieren. Das ist doch die politische Idee hinter dem einheitlichen Euro-Zahlungsverkehrsraum Sepa: die Schaffung eines hochgradig effizienten gemeinsamen Marktes. Eine Zahlung von Deutschland nach Frankreich soll so viel oder so wenig kosten wie ein Transfer von Frankfurt nach Offenbach. Diese Effizienz müssen wir auch bei anderen Finanzdienstleistungen erreichen. Deshalb sage ich: Wir brauchen paneuropäische Banken. Andernfalls werden uns die Wachstumsräume China, Indien, Brasilien oder auch Russland wirtschaftlich abhängen. Dort entstehen Finanzinstitute, die dank ihres großen einheitlichen Marktes viel produktiver sind als wir und mit sehr günstigen Kostenstrukturen hochprofitabel arbeiten.

Die Erfahrungen mit grenzüberschreitenden Konsolidierungsversuchen in Europa sind nicht unbedingt ermutigend.

Da gibt es positive und weniger positive Beispiele. Vielleicht waren wir manchmal auch nicht mutig genug. Was die Deutsche Bank angeht: In Italien läuft unser Retailgeschäft prima, auch in einigen anderen Ländern sind wir gut unterwegs, aber das ist noch keine wirklich europäische Dimension. Die Aufstellung des europäischen Finanzmarktes entspricht heute bei Weitem nicht der Bedeutung des Euro. Aber nicht zuletzt unsere Kostensituation ist es, die uns dazu zwingt, über neue Strukturen nachzudenken. Wir können steigende Personal- und IT-Kosten nur noch auffangen, indem wir größere, europäische Plattformen bauen und mit anderen teilen - am liebsten bei uns zu Hause.

Sie sagen, der Konsolidierungsprozess in Europa sei noch nicht zu Ende. Gilt das auch für Deutschland?

Wir werden uns die heutige Bankenstruktur in Deutschland auf Dauer nicht leisten können. Es sei denn, die Kunden wären bereit, für Dienstleistungen hoher Qualität adäquate Entgelte zu zahlen. Darauf würde ich allerdings nicht wetten. Man sollte sich von dem Gedanken frei machen, dass es - zumal bei zunehmender Nutzung des Internet - möglich und auch nötig ist, in jedem kleinen Ort eine Bankfiliale zu erhalten. Auch insofern ist Konsolidierung unverzichtbar.

Der Kuchen ist nicht mehr groß genug, um alle zu ernähren?

Jede Bank ist heute auf der Suche nach dem für sie nachhaltig erfolgreichen Geschäftsmodell. Die Rechnung geht aber für viele nicht mehr auf in einem Umfeld, das geprägt ist von nicht kostendeckenden Preisen, extrem niedrigen Zinsen, einem veränderten Kundenverhalten, das den Verkauf höhermargiger Produkte zunehmend erschwert, und drastisch verschärften regulatorischen Anforderungen. Da kommt enorm viel zusammen. Somit stellt sich in der Tat die Frage, wie alle Banken über die Runden kommen sollen. Dies umso mehr, wenn sich praktisch alle Anbieter auf zwei Kernzielgruppen stürzen: Privatkunden und Mittelstand. Da niemand freiwillig auf Marktanteile verzichten will, führt das zu Effekten, die keiner gebrauchen kann: Die Margen verengen sich weiter, und der Kostendruck wird noch größer. Diese Situation ist auf Dauer nicht haltbar.

Welche Rolle spielt dabei, dass der Regulierungsrahmen noch ziemlich instabil ist?

Die Regulierung stellt sich aus meiner Sicht so dar, dass die Banken einen Leuchtturm vor sich sehen, der jeden Tag seine Position verändert. So kommt man auf keinen klaren Kurs. Das macht die Sache gewiss nicht leichter.

Die Deutsche Bank will bis 2015 jährlich 4,5 Mrd. Euro einsparen. Was heißt das in Arbeitsplätzen?

Diese Frage kann ich Ihnen heute nicht beantworten, weil in verschiedenen Bereichen die Hausarbeiten noch nicht beendet sind. Dass eine effiziente Aufstellung mit Blick auf unsere Kostenstrukturen dringend notwendig ist, habe ich bereits angesprochen. Sie ist insofern umso dringlicher, als wir in Zukunft vermutlich nicht so sehr gegen andere Banken und Sparkassen konkurrieren werden, sondern zunehmend gegen die Microsofts und Googles dieser Welt. Diese Unternehmen wissen aufgrund ihrer riesigen Datenbasis viel mehr über die Bedürfnisse ihrer Kunden, als Banken es jemals erfahren werden, und können dadurch Dienstleistungen sehr gezielt anbieten.

Die UBS, die ebenfalls 4,5 Mrd. Euro einsparen will, streicht 10 000 Stellen. Die Deutsche Bank hat bisher den Abbau von etwa 2 000 Arbeitsplätzen plus vermutlich einiger hundert bei Sal. Oppenheim angekündigt. Warum sind Sie so zögerlich?

Die Ankündigung der UBS können Sie nicht ohne Weiteres auf die Deutsche Bank übertragen. Wir verfolgen nicht das Ziel, die Mitarbeiterzahl auf ein bestimmtes Maß zu senken. Es geht darum zu definieren, mit welchen Angeboten wir in Zukunft mit möglichst effizientem Einsatz von Ressourcen, optimalen Prozessen und der besten Servicequalität am Markt antreten. Wir wollen unsere Produktivität so optimieren, dass wir im Wettbewerb auch unter schwierigsten Umständen die Nase vorn haben. Das ist entscheidend für das Wohlergehen dieses Instituts.

Und wenn die Hausaufgaben erledigt sind?

Dann sprechen wir mit dem Betriebsrat, und anschließend gehen wir an die Öffentlichkeit, nicht vorher. Sie dürfen nicht vergessen, dass Prozesse wie beispielsweise die Integration unseres Bereichs Privat- und Geschäftskunden mit der Postbank und der Bau der hoffentlich besten und kosteneffizientesten Plattform in Europa, das Projekt "Magellan", mit der wir 28 Millionen Kunden bedienen werden, ungeheuer komplex sind.

Woran hakt der Verkauf der BHF-Bank? Man liest immer wieder, der BaFin lägen noch nicht alle Unterlagen vor. Müssen Sie nicht allmählich daran zweifeln, dass es Ihnen gelingt, die BHF-Bank wie geplant bis Ende März aus den Büchern zu bekommen?

Ich bin nach wie vor zuversichtlich, dass dieser Prozess ohne großen Verzug erfolgreich zu Ende gebracht wird. Wir haben geliefert, und meines Wissens verfügt die BaFin über vollständige Unterlagen. Es hat auch ein Dialog stattgefunden.


Zögern vielleicht der Käufer, also Kleinwort Benson, oder dessen Co-Investoren?

Absolut nicht.

Zögert dann womöglich die BaFin die Sache hinaus, weil sie die BHF-Bank lieber auf Dauer im Eigentum der Deutschen Bank sieht?

Das kann ich mir nicht vorstellen, weil es für alle Beteiligten nachteilig wäre, nicht zuletzt für die mehr als 1 000 Beschäftigten der BHF-Bank. Die Deutsche Bank hat eine Menge getan, um die BHF-Bank zu stabilisieren. Wir reichen die Bank ja nicht so weiter, wie wir sie vorgefunden haben. Ich hoffe, dass das gewürdigt wird.

Ein anderes Thema: Wohin führt die finanzielle Repression, deren Anfänge wir zurzeit erleben?

Das darf kein Dauerzustand werden. Finanzielle Repression verleitet zu Reaktionen, die langfristig gefährlich sein können. Wer fürchten muss, dass sein Geld immer weniger wert ist, gibt es entweder schneller aus oder trifft Anlageentscheidungen, die wiederum zu Marktverzerrungen und zum Entstehen neuer Blasen führen. Geldanlagen müssen eine Realverzinsung bringen. Es sorgt auch für eine Fehlallokation von Kapital und Kredit und kann volkswirtschaftlich nicht gesund sein, wenn das Geld auf Dauer so billig ist wie heute. Ich hoffe sehr, dass Politik und Notenbanken rechtzeitig, also sobald das Wirtschaftswachstum sich wieder halbwegs normalisiert, den Exit aus den Maßnahmen finden, die sie zur akuten Krisenbewältigung für unabweisbar halten.

Börsen-Zeitung, 29.12.2012. Das Interview führten Bernd Wittkowski, Bernd Neubacher und Stefanie Schulte.

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