(Neu: Dritter Absatz zu Leerverkäufern, Kursentwicklung aktualisiert.)

FRANKFURT (dpa-AFX Broker) - Ein überraschend guter Gewinnausblick von Delivery Hero hat den zuletzt arg gebeutelten Aktien am Montag nur kurz Auftrieb verliehen. Der Kurs drehte rasch ins Minus. Im Fokus blieben die Bilanzrisiken des Konzerns, erklärte Analyst Jo Barnet-Lamb von der Schweizer Großbank UBS.

Nach einem Anstieg um bis zu gut elf Prozent ging es zwischenzeitlich ebenso rasant bis auf minus zehn Prozent nach unten, und zwar auf ein Rekordtief von 14,92 Euro. Am frühen Nachmittag notierten die Papiere bei 16,43 Euro mit 1,3 Prozent im Minus.

Ein Händler begründete den starken Kursanstieg zu Handelsbeginn auch mit mutmaßlichen Eindeckungskäufen durch Leerverkäufer. Das sind Spekulanten, die auf fallende Kurse setzen. Einige von ihnen könnten nach der jüngsten Talfahrt sowie nach dem Gewinnausblick des Konzerns erst einmal Kasse gemacht haben. Andere könnten vom Gewinnausblick auch auf dem falschen Fuß erwischt worden sein. Wenn Leerverkäufer ihre Positionen verkleinern oder glattstellen, kaufen sie Aktien, was den Kurs immer weiter nach oben treiben kann. Fällt diese Nachfrage weg, kann es mit dem Kurs auch rasch wieder nach unten gehen.

Bereits am Freitag war es um fast 23 Prozent nach unten gegangen. Auslöser des Kursrutsches war ein Bericht der "Business Times" aus Singapur, dem zufolge ein Deal zum Verkauf von Teilen des Foodpanda-Geschäfts in Südostasien an die Grab Holdings wegen unterschiedlicher Preisvorstellungen gescheitert ist. Von Delivery Hero hieß es zwar, die Gerüchte seien falsch, das half dem Kurs am Ende aber wenig. Es herrscht nun Unsicherheit, wann der Konzern Geld aus dem erhofften Verkauf erhält.

Mit einem Verkauf würden sich die Finanzen des Unternehmens deutlich verbessern; und damit würden die Aktien für viele Investoren wieder eher interessant werden, hatte Analyst Giles Thorne vom Investmenthaus Jefferies erklärt. Ein Platzen des Verkaufs wäre daher eine große Enttäuschung.

Zum Wochenstart rückten nun zunächst aktuelle Geschäftszahlen in den Fokus. Das Management des MDax-Konzerns stellt für 2024 einen um Sondereffekte bereinigten Gewinn vor Zinsen, Steuern und Abschreibungen (Ebitda) von 725 bis 775 Millionen Euro in Aussicht. Das ist mehr als von Analysten im Durchschnitt erwartet. Auch der Segmentumsatz 2023 übertraf die Konsensschätzung.

Analyst William Woods von Bernstein Research hob zudem positiv hervor, dass Delivery Hero im zweiten Halbjahr 2023 die Gewinnschwelle beim freien Mittelfluss (Free Cashflow - FCF) erreicht hat. Für 2024 peilt das Unternehmen einen positiven FCF an. Zudem soll der Bruttowarenwert gegenüber dem Vorjahr um 7 bis 9 Prozent zulegen, was laut Woods "ein starker Ausblick" ist.

Auch UBS-Analyst Jo Barnet-Lamb äußerte sich positiv zum Konzernausblick, wenngleich dieser in seinen Augen nicht sonderlich überrasche. Gleichwohl erinnerte er daran, dass der Übergang von Delivery Hero zu profitablem Wachstum wie geplant voranschreite.

Allerdings erscheint eine überdurchschnittliche Kursentwicklung laut Barnet-Lamb unwahrscheinlich, bis die Sorgen hinsichtlich der Bilanz, also der Finanzkraft des Unternehmens, vom Tisch sind.

Der Kurs ist denn auch schon länger auf Talfahrt. 2017 war das Unternehmen zum Ausgabepreis von 25,50 Euro je Papier an die Börse gegangen. Während der Corona-Pandemie ging es dann bis Anfang 2021 auf ein Rekordhoch von gut 145 Euro. Menschen konnten kaum in Restaurants essen und bestellten viel bei Lieferdiensten. Delivery Hero war damals an der Börse 39,5 Milliarden Euro wert und das Papier war vorübergehend sogar im Dax.

Vor allem ab Ende 2021 ging es dann aber deutlich nach unten mit dem Aktienkurs. 2022 brach dieser um 54 Prozent ein, 2023 um gut 44 Prozent. Aktuell beträgt Marktwert noch knapp 4,5 Milliarden Euro./mis/tih/men/ck/men