Von David Wainer

NEW YORK (Dow Jones)--Für Pharmaunternehmen brachte Corona ungleich verteilte Gewinne. Pfizer verdiente sich im vergangenen Jahr mit über 50 Milliarden US-Dollar für pandemiebezogene Produkte eine goldene Nase, während andere Pharmakonzerne bescheidenere Umsatzsteigerungen erlebten. Im Gegensatz dazu waren die Einnahmen auf einem anderen Corona-Feld gleichmäßiger verteilt. So verliefen die Geschäfte von Unternehmen mit den für die Herstellung von Medikamenten und Impfstoffen benötigten Zulieferprodukten deutlich ausgeglichener. Anbieter wie Danaher, Thermo Fisher, Sartorius und Repligen meldeten alle ein überdurchschnittliches Wachstum, da ihre Kunden verzweifelt nach Komponenten wie Filtern und Gelen suchten. Nun erlebt diese Gruppe jedoch eine Verlangsamung des rasanten Wachstums, ohne dass es klare Anzeichen dafür gibt, dass ein Umschwung bevorsteht.

Arzneimittelhersteller lassen sich im Großen und Ganzen in Produzenten zweier Arten von Medikamenten einteilen. Zum einen sind das die Pillen, die man in der Apotheke bekommt. Außerdem gibt die komplexere biologische Behandlungen, die in der Regel injiziert oder infundiert werden müssen. Zur Herstellung der letzteren, die aus lebenden Mikroorganismen hergestellt werden, ist eine Reihe von Produkten erforderlich. Die Fertigung dieser Produkte wird als Bioprocessing bezeichnet. Wegen des Wachstums von biologischen Arzneimitteln wie Humira und Stelara zur Behandlung von Autoimmunkrankheiten hat das Geschäft mit der Bioverarbeitung eine Zeit lang geboomt. Doch während der Pandemie ging es steil bergauf, was zum Teil am Anstieg der Nachfrage nach Covid-Produkten wie Impfstoffen und monoklonalen Antikörpern lag. Ein Beispiel ist das reine Bioprocessing-Unternehmen Repligen, bei dem die Einnahmen im Jahr 2021 um 83 Prozent auf 671 Millionen Dollar in die Höhe schnellten. Im darauffolgenden Jahr wuchs das Unternehmen um weitere 20 Prozent.


Pharma-Zulieferer bangen unsicheren Zeiten entgegen 

Das lag nicht nur daran, dass Corona-Produkte für eine höhere Nachfrage sorgten. Die Krise in der Lieferkette, die mit der Pandemie einherging, versetzte die Pharmaunternehmen in Angst und Schrecken. Und sie veranlasste viele dazu, ihre Bestellungen zu verdoppeln, um zu verhindern, dass ihnen die für die Herstellung ihrer Medikamente benötigten Produkte ausgingen. Während die Pharmaunternehmen ihre Lagerbestände abarbeiten, sehen die Wachstumsraten für das Zuliefergeschäft weit weniger rosig aus. Repligen teilte vergangene Woche mit, nur noch ein Umsatzwachstum von 4 Prozent bis 8 Prozent im Jahr 2023 zu erwarten, verglichen mit einer früheren Prognose von 11 Prozent bis 15 Prozent. "Pharma hat eine Menge zusätzlicher Materialien gekauft, die das Umsatzwachstum dieser Unternehmen in die Höhe getrieben haben", erläutert Analyst Dan Brennan von TD Cowen.

Einige Pharmaunternehmen schränken auch ihre Forschungs- und Entwicklungsausgaben (F&E) ein, was auch die Bioprozessoren trifft, da sie sowohl mit klinischen Studien als auch mit dem breiten Vertrieb von Medikamenten Geld verdienen. Sowohl Novartis als auch Biogen kündigten zuletzt an, einige F&E-Projekte zurückzufahren, und auch kleinere Biotech-Unternehmen nehmen Kürzungen vor, um sich über Wasser zu halten.

Mit der bemerkenswerten Ausnahme von Thermo Fisher, das trotz der Skepsis einiger Investoren an seiner Prognose festhält, haben andere Unternehmen ihre Prognosen für 2023 kassiert. Danaher hat seine Wachstumsprognose für dieses Jahr von einem hohen einstelligen Wert auf einen mittleren einstelligen Wert eingedampft. Analyst Michael Ryskin von der Bank of America, der die Danaher-Aktie kürzlich auf "Neutral" herabgestuft hat, ist der Meinung, dass es mindestens einige Quartale dauern wird, bis das Unternehmen Firma die Probleme mit den Lagerbeständen in den Griff bekommen hat. "Es gibt eine erhöhte Unsicherheit und viel weniger Vertrauen in die Zahlen", urteilt Ryskin klipp und klar.


Große Konzerne knausern bei Ausgaben 

In den vergangenen drei Monaten sind die Aktien von Thermo Fisher um 5 Prozent, die von Danaher um 6 Prozent und die von Repligen und Sartorius um 16 bzw 19 Prozent eingebrochen. Der S&P 500 hat in diesem Zeitraum um etwa 1 Prozent zugelegt. Jedes dieser Unternehmen ist in unterschiedlichem Maße im Bioprozessgeschäft engagiert, was den Unterschied in ihrer Entwicklung erklärt. Laut Will Sevush, einem Aktienanalysten für das Gesundheitswesen bei Jefferies, erwirtschaftet Repligen praktisch seinen gesamten Umsatz in diesem Segment, Sartorius zu etwa 90 Prozent, Danaher zu 25 Prozent und Thermo Fisher zu weniger als 10 Prozent.

Die größte Unbekannte für das Bioprocessing-Geschäft scheint zu sein, wie viel für die Biotech-Industrie übrigbleibt, da die Kapitalmärkte für viele kleinere Biotech-Unternehmen im Grunde unerreichbar oder zu teuer sind. So begründete das Danaher-Management den Gegenwind im ersten Quartal mit einem Rückgang der Biotech-Ausgaben. "Wir sehen, dass diese Kunden versuchen, Geld zu sparen, indem sie Projekte priorisieren", klagte Danaher-Chef Rainer Blair. "Wir sehen, dass mit geringeren Investitionsausgaben auch eine Reihe von Entlassungen in diesem speziellen Segment einhergehen."

Das Pharma-Zuliefer-Geschäft war eine großartige Wette für Investoren, die in die Medikamentenentwicklung investieren wollten, ohne auf die Pharmaunternehmen selbst zu setzen. Langfristig gibt es keinen Grund, dass sich das ändert. Zunächst müssen sich jedoch realistische Erwartungen an die Nachfrage einstellen.

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May 10, 2023 06:53 ET (10:53 GMT)