Zürich (Reuters) - Der Schweizer Richemont-Konzern warnt vor einer schleppenden Erholung der Luxusgüternachfrage in China.

Er glaube, dass die chinesische Wirtschaft unter den Einschränkungen zur Bekämpfung des Coronavirus stärker leiden werde, als viele erwarteten, sagte Verwaltungsratspräsident Johann Rupert am Freitag bei der Veröffentlichung des Jahresabschlusses. "Selbst wenn China aus der Isolation herauskommt, wird der Aufschwung nicht so schnell eintreten, er wird nicht im dreistelligen Bereich liegen", erklärte der südafrikanische Milliardär.

Rupert, der auch Großaktionär der weltweiten Nummer zwei ist, nimmt damit eine wesentlich vorsichtigere Position ein als andere Chefs aus der Luxusgüterbranche ein, die auf einen raschen Aufschwung hoffen. Die Einschränkungen in dem bevölkerungsreichsten Land der Erde belasteten das Geschäft, denn rund 100 von 250 Läden seines Einzelhandelsnetzes in China seien derzeit geschlossen, erklärte Richemont. China macht rund ein Viertel des Konzerumsatzes aus.

Während China mit seinen strengen Maßnahmen zurzeit einen Sonderkurs fährt, wurden die Einschränkungen in den meisten anderen Ländern inzwischen zurückgefahren, was auch den Konsum ankurbelte. Entsprechend kletterte der Umsatz des Herstellers von Cartier-Schmuck und Uhren der Marken A. Lange & Söhne und IWC in dem bis Ende März laufenden Geschäftsjahr 2021/22 um 46 Prozent auf den Rekordwert von 19,2 Milliarden Euro an. Vor allem in Amerika boomte das Geschäft. Der Gewinn legte zwar um 61 Prozent auf 2,08 Milliarden Euro zu, verfehlte damit aber die Analystenerwartungen deutlich. Richemont gab mehr als erwartet für Werbung, Distribution und Verkauf aus und verbuchte deutlich höhere Finanzkosten. Richemont gab zwar keinen konkreten Ausblick für das laufende Geschäftsjahr ab, will aber die Wachstumsraten von Rivalen übertreffen.

"GESPRÄCHE LAUFEN GUT"

An der Börse sackten Richemont-Aktien dennoch um elf Prozent ab und entwickelten sich damit wesentlich schlechter als die wenig veränderten Aktien von LVMH oder Kering. Experten sahen neben dem enttäuschenden Abschluss noch einen weiteren Grund zur Sorge: Zu dem geplanten Teilausstieg aus dem Verluste schreibenden Onlinehändler Yoox-Net-a-Porter (YNAP) konnte Richemont noch nichts konkretes ankündigen. "Wir sind in Gesprächen mit einer Reihe von Partnern, und die Gespräche laufen gut", sagte Rupert.

Richemont hatte im November bekannt gegeben, dass der Konzern Gespräche mit dem Online-Händler Farfetch über den Verkauf einer Minderheitsbeteiligung an YNAP führe und gleichzeitig versuche, andere Investoren zu gewinnen, um YNAP letztlich in eine neutrale Plattform ohne Großaktionär zu verwandeln. Die Gespräche seien komplex, sollten aber in naher Zukunft zu einem Abschluss kommen, hieß es jetzt. "Die Tatsache, dass kein Deal zum Verkauf von YNAP vorliegt, ist negativ", erklärte Bernstein-Analyst Luca Solca. Die Wahrscheinlichkeit, dass es zu einer Transaktion komme, habe abgenommen.